Bombardements zeigen Wirkung
Der Herrschaftsbereich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wird kleiner - und damit schrumpfen auch ihre Einnahmen: Eine Forschergruppe der Londoner Denkfabrik IHS bezifferte die Einnahmeverluste für die Miliz seit vergangenem Jahr in einem am Montag vorgelegten Bericht auf rund 30 Prozent.
Fr den Rückgang führen sie vor allem zwei Gründe an: die Zerstörung wichtiger Ölanlagen und den Verlust besteuerbarer Städte. Die Luftangriffe der US-geführten Allianz und Russlands hätten die profitable Ölförderung gedrosselt, erklärten die IHS-Forscher. Die Ölförderung sei in den IS-kontrollierten Gebieten von 33.000 Barrel am Tag auf 21.000 Barrel am Tag gesunken. Zweiter Grund für die sinkenden Einnahmen seien die Geländeverluste: So habe die Miliz in den vergangenen 15 Monaten rund 22 Prozent ihres Herrschaftsgebiets verloren.
Neue Steuern sollen Löcher füllen
Die Zahl der Menschen im Einflussbereich der Dschihadisten sank damit von neun auf sechs Millionen, erklärte IHS. „Es gibt weniger Menschen und Geschäftsaktivitäten, die besteuert werden können. Dasselbe gilt für die Beschlagnahmung von Besitz und Immobilien“, beschrieb IHS-Analyst Columb Strack die Folgen.
Mit der Einführung neuer Steuern versuchten die Dschihadisten nun ihre Einnahmen aufzubessern, beobachteten die IHS-Forscher. So gebe es eine neue Steuer für die Aufstellung oder Reparatur von Satellitenantennen, eine Steuer für Lastwagenfahrer, eine Ausreisegebühr für das Verlassen von Städten und eine Strafgebühr für falsche Antworten auf Fragen zum Koran. Zudem sei die Möglichkeit geschaffen worden, durch eine Geldzahlung um Körperstrafen herumzukommen.
Weniger Gehalt für Kämpfer
Mitte 2015 habe der IS noch über monatliche Einnahmen von rund 71 Millionen Euro verfügt, sagte der IHS-Analyst Ludovico Carlino. Bis März dieses Jahres seien sie auf rund 50 Millionen Euro gesunken. Bereits Ende 2015 zeigte sich offenbar die Tendenz der schrumpfenden Einnahmen. Es habe „Berichte über Gehaltskürzungen für die Kämpfer, Preisanstiege bei Strom und anderen Grundgütern sowie über die Einführung neuer Agrarsteuern“ gegeben, berichteten die Experten damals.
„Der IS ist immer noch ein Machtfaktor in der Region, aber die Einnahmeverluste sind erheblich und werden es der Gruppierung auf lange Sicht schwermachen, ihr Territorium zu beherrschen“, sagte Carlino am Montag.
Ölförderung könnte wieder steigen
Der Studie zufolge könnte der IS seine Öleinnahmen auch kurzfristig wieder steigern. Momentan sei nur eine „Förderunterbrechung“ infolge der Luftangriffe zu verzeichnen, hieß es in dem Bericht. Die Förderanlagen ließen sich aber wieder reparieren, die Öleinnahmen könnten dann rasch wieder wachsen. Den Berechnungen zufolge erzielt der IS etwa die Hälfte seiner Einnahmen aus Steuern und Beschlagnahmungen. Der Anteil der Einnahmen aus dem Ölgeschäft wird auf 43 Prozent veranschlagt. Der Rest stamme aus Spenden, Drogenschmuggel und anderen Aktivitäten.