Terrorwarnung auf zweithöchster Stufe
Die Zelle, die am Vortag im östlichen Verviers und im Großraum Brüssel ausgehoben wurde, sei „kurz davor“ gewesen, „terroristische Attentate zu verüben, insbesondere, um Polizisten zu töten“, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Fünf von ihnen werde die „Beteiligung an Aktionen einer Terrorgruppe“ vorgeworfen, hieß es am Freitagabend. Drei der Verdächtigen wurden in Untersuchungshaft gesteckt, zwei weitere wurden unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.
Die Regierung hob den Terroralarm schon am Donnerstagabend auf Stufe 3 von vier Stufen an. Sie habe zudem beschlossen, dass damit nun bis zu 150 Soldaten zur Terrorabwehr eingesetzt werden könnten, sagte Innenminister Jan Jambon. Es handle sich um bewaffnete Soldaten der Para-Commando-Brigade. Zuletzt war in den 1980er Jahren in Zusammenhang mit einer Anschlagsserie einer kommunistischen Organisation auf die Streitkräfte zurückgegriffen worden - sonst ist ihre Aufgabe im Inland auf die Sicherstellung der öffentlichen Ordnung beschränkt.
Appell an EU-Regierungschefs
Regierungschef Michel rief als Reaktion auf die Bedrohungslage zu konkreten Beschlüssen des EU-Gipfels am 12. Februar auf. Er nannte die Schaffung einer einheitlichen Liste mit Terrorverdächtigen sowie von Flugpassagierlisten. Gegen letztere stemmt sich noch das EU-Parlament. Auch eine gemeinsame Liste von Syrien-Rückkehrern müsse die EU anlegen, so Michel, auf europäischer Ebene müsse es „nicht nur Gespräche, sondern Entscheidungen“ geben. Die EU-Außenminister wollen am Montag beraten, wie junge Muslime aus Europa von einer Reise in den „Dschihad“, den sogenannten „Heiligen Krieg“, nach Syrien oder in den Irak abgehalten werden können.
APA/ORF.at
Rückkehrer aus Syrien
Bei dem Zugriff in Verviers beschlagnahmten die Fahnder vier Kalaschnikow-Gewehre, weitere Waffen, Munition, eine hohe Geldsumme, Mobiltelefone, gefälschte Papiere und Polizeiuniformen. Weitere Durchsuchungen und Festnahmen folgten in der Hauptstadt Brüssel und ihrer Umgebung, insbesondere im Stadtteil Molenbeek.
Die Verdächtigen sind laut Generalstaatsanwaltschaft mehrheitlich Belgier. Der Einsatz, der das Ergebnis monatelanger Untersuchungen gewesen sei, habe jungen Rückkehrern aus Kampfgebieten „vor allem aus Syrien“ gegolten. Die in Brüssel ansässige EU-Kommission verstärkte am Freitag ihre Kontrollen. Die jüdischen Schulen in Brüssel und Antwerpen sowie im niederländischen Amsterdam blieben geschlossen.
Keine „direkte Verbindung“ zu Paris
Mit den islamistischen Attentaten von Paris in der vergangenen Woche habe der belgische Anti-Terror-Einsatz keine „direkte Verbindung“ gehabt, gab Frankreichs Premierminister Manuel Valls an. Allerdings wurden auch zwei Belgier in Frankreich festgenommen. Bei der Suche nach Komplizen der Attentäter von Paris nahm die französische Polizei zwölf Menschen fest, wie am Freitag aus Justizkreisen verlautete. Sie gehörten zum Umfeld des Islamisten Amedy Coulibaly, der in Paris in einem jüdischen Supermarkt vier Menschen getötet hatte.
In Berlin wurden bei einem Großeinsatz von rund 250 Polizisten zwei Verdächtige festgenommen und elf Gebäude durchsucht. Die bereits seit Monaten geführten Ermittlungen richteten sich nach Behördenangaben gegen insgesamt fünf Verdächtige mit türkischem Pass im Alter von 31 bis 44 Jahren. Die zwei Inhaftierten sollen eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat“ in Syrien vorbereitet haben.
Im deutschen Bundesland Niedersachsen wurde laut Bundesanwaltschaft am Donnerstag der 26-jährige Deutsch-Tunesier Ayub B. festgenommen. Er soll im Jahr 2014 nach Syrien gereist sein und sich dort der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben. Und in London wurde auf dem Flughafen Stansted eine 18-jährige Frau unter Terrorverdacht festgenommen. Details waren dazu Freitagabend nicht bekannt.