Es gibt viele Leute in Deutschland die Leverkusen nicht wollen. Als Werkself - immerhin schon seit 1904 - sind sie ja ein "Urgestein" eines von einem Konzern finanzierten Vereines, obwohl es ja doch so ist, dass er seinerzeit von den Arbeitern des Bayer Werkes gegründet wurde. Er ist damit also genauso wie Schalke ein "Malocherverein", bei uns auch Arbeiterverein genannt, der von einem Konzern gesponsert wurde, der eine in der damaligen Zeit nicht übliche soziale Kompetenz hatte. Leverkusen hat ausserdem eine der ältersten Ultraszenen in Deutschland, immerhin schon seit 1989 (nur Fortuna Köln 1986 hat noch ältere Ultras) - also eigenlich ein Pionierverein. Das er nicht beliebt ist könnte auch mit dem Faktor NEID zusammenhängen wenn man anschaut, wie sogenannte grosse Traditionsvereine in der Umgebung (Köln, Gladbach etc.) immer wieder in den Niederungen der zweite Liga verschwinden, finanzielle Probleme haben und auch ansonsten ihr Potential nicht ausschöpfen können. Ich mag Leverkusen und das aus dem einfachen Grund, weil ich sie einmal im alten Olympiastadion erlebt habe - ich glaube das war so 1994 herum - als ein gewisser Rene Rydlewicz dort gegen die grossen Bayern das 1-0 erzielte und vier Wiener auf der Gegengeraden aufspringen liess. Als einzige im Sitzplatzbereich. DAS war toll. Echt wahr. (Das Spiel ging übrigens mit 1-1 aus und wir hatten den ganzen Abend lang unseren Spass mit geknickten Bayernfans die einen haushohen Sieg erwarteten). Jau, also deshalb mag ich Leverkusen. Wikipedia sagt übrigens das Rydlewicz für Lev nur ein Tor schoss - und ich habe es gesehen.
Historie
Der Grundstein für die Leverkusener Ultra-Szene wurde im August 1989 mit der Gründung des Bayer 04 Fanclubs "SOCCER BOYZ" gelegt, dem damals etwa 20 Mitglieder angehörten. Man gehörte seinerzeit zu den ersten dreißig Bayer 04 Fanclubs (heute sind es über dreihundert) und sollte dennoch nicht nur einer von vielen sein. Vielmehr wurde eine völlig neuer Weg einschlagen. Es war der Beginn der Ultra-Kultur in Leverkusen und ein Grundstein für die Entwicklung einer bis dahin in Deutschland völlig neuen Art des Fandaseins.
Ein Jahr nach der Entstehung entwickelten sich jedoch bereits unterschiedliche Interessen, was bedingt durch diese völlig neue Art des Fanlebens schon fast in der Natur der Sache lag. Ein Teil der Mitglieder spaltete sich mit Gründung des Fanclubs "MADNESS" ab, der sich 1990 schon sehr am Ultra-Geschehen in den südlichen Ländern Europas orientierte. Man produzierte eigene Fanartikel, ging zivil gekleidet ins Stadion und sorgte mit neuem Liedgut und Transparenten für Aufsehen. Damals war diese Art des Auftretens im Stadion natürlich noch völlig unbekannt und sorgte für reichlich Aufmerksamkeit in jeglicher Hinsicht. Man stand im Fokus von Kutten, Hools, Polizei, Ordnerdienst, Presse und Verein und musste natürlich tausendfach erklären, wer man eigentlich ist und was man damit bezwecken will. Da die Gangart früher beim Fußball ohnehin wesentlich härter war als heute, musste man sich seine Position ungleich schwerer erkämpfen, als das für neue Ultragruppierungen in der Gegenwart oder in der jüngsten Vergangenheit der Fall ist. Heute muss man sich nur als Gruppe durchsetzen, früher war es die gesamte Stilrichtung, die Akzeptanz finden musste. Im Laufe der Zeit wurde aber klar, dass man gemeinsam mehr erreichen kann und so bündelte man die Kräfte und wuchs wieder mehr und mehr zusammen.
Im Jahre 1994 wurde dann schließlich die offizielle Wiedervereinigung gefeiert. Aus "MADNESS" und "SOCCER BOYS" wurden die "MAD BOYZ". Man zog aus dem traditionellen C-Block aus und ließ sich im benachbarten Sitzplatzbereich nieder, von wo aus nun versucht wurde die „Kurve“ zu animieren. Durch zahlreiche Pyroshows und selbst hergestellte Großschwenkfahnen zog man die Blicke auf sich. Die Reunion der "MAD BOYZ" konnten nicht zuletzt deshalb, gerade in den ersten Monaten, einen regen Zulauf verbuchen.
Natürlich wollte man keine neue Fankultur erfinden, sondern zugegebenermaßen dem nacheifern, was man damals so schön als südländische Begeisterung betitelte und aus Ländern wie Italien, Frankreich oder Yugoslawien (das es damals noch gab) aus dem TV oder Zeitschriften wie „Supertifo“, „Tribine“ usw. kannte. Diese waren dann auch immer ein begehrtes Mitbringsel von Hoppingtouren aus diesen Ländern und selbstgeschossene Fotos von Pyroshows oder Choreografien sorgten für steigendes Interesse und Begeisterung an dieser Art des Fandaseins. Da das Internet noch nicht in heute bekannter Form zur Verfügung stand und auf diesem Wege dieses Interesse noch in keinster Weise befriedigt werden konnte, tauschte man mit Ultras aus anderen Ländern Fotos und Collagen auf dem Postweg oder versuchte so auch an deren Artikel wie Schals oder Aufkleber zu gelangen. Manchmal konnte man sogar eine VHS-Videokassette ergattern, die diese in Deutschland noch unbekannte Atmosphäre in bewegten Bildern ins heimische Wohnzimmer brachte.
Zu dieser Zeit stand die Ultra-Bewegung in Deutschland noch in den Kinderschuhen oder hatte noch gar nicht richtig begonnen. Die erste große Choreographie gab es dann 1994 beim UEFA-Cup Spiel gegen den italienischen Vertreter AC Parma, als mit Hilfe eines Sponsors tausende kleine Schwenkfahnen verteilt wurden. Angezogen von dieser völlig neuen Art der Fankultur bildeten sich 1996 zwei weitere Ultra-Gruppen: Die "SUPPORTERS" und die "VIKING", die aus dem 1994 gegründeten Bayer-Fanclub "WIKINGER" entstanden. Zu keinem Zeitpunkt gab es Konflikte zwischen den einzelnen Gruppen, sondern versuchte fortan gemeinsam die Ultrakultur voranzutreiben. So gab es im gleichen Jahr auch die erste Choreographie, die von uns ganz unabhängig von Verein oder Sponsoren inszeniert wurde. Beim Spiel gegen den FC Bayern München wurden auf der ganzen Nordtribüne (in der Zwischenzeit zum Fanblock geworden) rote und schwarze Folien hochgezogen, was sogar dem damaligen SAT1-Reporter staunend lobende Worte abgewinnen konnte („Das Ulrich-Haberland-Stadion – was war es früher für eine „graue Maus“ – Heute ist davon nichts mehr zu spüren und man fühlt sich fast nach Italien versetzt“ oder so ähnlich…), da es so etwas bis dato in Deutschland noch nicht gegeben hatte.
Mit der Zeit konnte man auch andere Bayer-Fans und selbst die Fanbetreuung von dieser neuen Art des Fandaseins überzeugen und so wurde auf Initiative der "MAD BOYZ" der "Arbeitskreis Stimmung" ins Leben gerufen. Nach den bisherigen Pyroaktionen, die vielen Leuten Stadionverbote einbrachten, sollte dadurch nun die Organisation von großen Choreographien erleichtert werden. Der „AK“ bestand, und besteht heute noch, zum größten Teil aus Personen, die der Ultrá-Szene zuzuschreiben sind und wurde ergänzt durch weitere Interessierte und aktive Bayer-Fans. Die erste Aktion, die vom „AK Stimmung“ geplant und durchgeführt wurde, gab es dann 1996 im Derby gegen den 1. FC Köln. Die rund 5.000 roten und schwarzen Papptafeln, die beim Einlaufen der Mannschaften hochgehalten wurden, ergaben ein beeindruckendes Bild. Da solche Aktionen nicht auf Dauer aus der eigenen Tasche bezahlt werden konnten, suchte man sich andere Wege um die Finanzierung zu sichern, jedoch ohne dabei von Verein oder Sponsoren abhängig zu werden. Aus diesem Grund wurde auf einem Meeting aller Fanclubvorsitzenden der Vorschlag unterbreitet, dass sich alle Fanclubjahreskarteninhaber an den Aktionen beteiligen und einen Jahresbeitrag von fünf Mark in diese „Stimmungskasse“ einzahlen sollten. Dieser Vorschlag wurde mit großer Mehrheit von den Fans angenommen.
1998 kam dann eine weitere Gruppe dazu, die sich der Ultramanie verschrieben hatte: Die "YOUNG BOYS". Anfangs wegen ihres Durchschnittsalters noch nicht ganz so ernst genommen, zogen sie fest entschlossen ihre Sache durch und wurden schnell ein fester Bestandteil der Leverkusener Ultra-Szene und zählen heute zu den führenden Gruppen.
Leverkusen ist eine kleine Stadt und wir haben im Vergleich zu anderen Vereinen auch eine relativ überschaubare Fanszene. Was sich im ersten Moment nicht unbedingt positiv anhört, kann aber auch alles andere als ein Nachteil sein, da man sich so untereinander besser kennt und somit auch der Zusammenhalt automatisch größer wird, was gerade in den 90ern der Fall war.Der Gemeinschaftssinn von Kutte, Hool, Ultra und Normalo wurde durch diese Underdog-Situation immer wieder gestärkt. Dazu kam, dass man sich nicht nur am Wochenende im Stadion sah, sondern so gut wie jeden Tag seine Zeit mit Gleichgesinnten verbrachte, was natürlich auch zusammenschweißt. Weiterhin sehr wichtig für die Entwicklung unserer Ultra-Szene war meiner Meinung nach, dass wir immer für Nachwuchs offen waren, diesen jedoch sehr beäugt und wenn es sein musste auch bei diversen Ausschweifungen direkt zurück in die Spur geholt haben. Da die Mitglieder der verschiedenen Fanclubs auch den größten Teil ihrer Freizeit neben dem Fußball gemeinsam verbrachten, verschwand immer mehr die Aufteilung der einzelnen Gruppen und es kam das Gefühl auf, dass wir alle zusammen die "ULTRAS LEVERKUSEN" sind.
Dieser Gedanke verfestigte sich so, dass in der Saison 1999/2000 ein gemeinsamer „Ultra-Block“ im ehemaligen Fanblock C gebildet wurde. Der Support innerhalb dieses Blocks konnte sich dann auch sehen lassen, doch leider verflachte gleichzeitig auch die Stimmung im restlichen Fanbereich. Zu Beginn der Saison 2000/2001 wurde deshalb der Weg zurück in die Nordkurve gewählt. Durch eine Beschränkung der Jahreskartenanzahl innerhalb der Fanclubs, konnten allerdings zu dieser Zeit keine neuen Mitglieder in den ursprünglichen Ultra-Fanclubs aufgenommen werden, was die Gefahr einer Stagnation der Leverkusener Ultrakultur aufflackern ließ. Da sich in Leverkusen aber inzwischen viel mehr Leute dem Ultra-Gedanken verschrieben hatten, wurden zum Rückrundenstart die "ULTRAS LEVERKUSEN" offiziell als fanclubübergreifende Organisation aktiver Bayer-Fans gegründet. Die "UL" stellte nun einen Sammeltopf für alle Ultras in Leverkusen, egal aus welchem Fanclub, dar. Oberstes Ziel war es, auch die neueren Leute (oder selbst ganze Fanclubs) mehr in die Szene zu integrieren.
Durch die überaus erfolgreiche Saison 2001/2002, die u. a. im Erreichen des Championsleague-Finales gipfelte, erlebte die Leverkusener Fanszene im allgemeinen, aber auch die Ultraszene im Speziellen einen regelrechten Boom, der aber durch die zu geringe Stadionkapazität und vor allem die fehlende Fluktuation im Fanbereich durch total ausgeschöpftes Jahreskartenkontingent gebremst wurde, was später noch zum Problem für die Weiterentwicklung der Fanszene werden sollte. So wurde seit dieser Zeit seitens der Fanbetreuung versucht, wenigstens einige wenige Aktive aus anderen Bereichen des Stadions in die Nordkurve zu integrieren. Im Zuge dessen entstanden beispielsweise 2002 die „FANATICS“ und 2003 das „NORDKAOS“ als weitere ultraorientierte Gruppen.
Mit den „WESTSIDEBOYZ“ 2005 und dem „FARBENSTADTINFERNO“ 2006 kamen zwei weitere Gruppen hinzu, die wohl am ehesten die aktuelle Ultrakultur in LEV verkörpern und mit zu den Aktivposten innerhalb der Szene gehören.
Doch auch außerhalb des Fußballalltags stand man als Gruppe immer wieder für Verein und Stadt ein. Ganz besonders hervorzuheben ist hier sicherlich die Initiative zur Rettung des Wahrzeichens der Stadt im Jahre 2008. Unter dem Motto „Das Kreuz muss bleiben“ konnte man sich letztendlich erfolgreich gegen den geplanten Abriss des Bayerkreuzes als größte Leuchtreklame der Welt zur Wehr setzen. Weit über 20.000 Unterschriften und unzählige Aktionen in der Stadt und im Umland konnten die Verantwortlichen schlussendlich zur Erhaltung dieser Landmarke überzeugen.
Das Jahr 2009 war sicherlich absolut prägend in der Geschichte der Ultras Leverkusen. Der Umzug nach Düsseldorf, der Aufgrund des Umbaus des heimischen Haberland-Stadions notwendig geworden war und welcher uns sportlich tolle Pokalabende und grausame Bundesligaspiele bescherte, schien für uns die größte Herausforderung zu werden in diesem Jahr. Rückblendend betrachtet war dies eine höchst wichtige Zeit für unsere Gruppe, aber auch für die aktive Szene in Leverkusen, da hier aufgrund der vergrößerten Stadionkapazität unser Zuschauerpotential optimal ausgeschöpft werden konnte. Zudem entwickelte sich gerade unter den jüngeren Leuten durch gemeinsame Anreise zu den „Heimspielen“ mehr und mehr Zusammenhalt.
Im gleichen Jahr gab es jedoch auch einen ganz tiefen Einschnitt in diese aufstrebende Entwicklung, nachdem es nach dem Hinrundenderby massenweise Stadionverbote gegen unsere Fanszene hagelte. Hiervon war eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern der UL betroffen, so dass die Zahl unserer Mitglieder vor den Toren die Zahl derer, die noch ins Stadion durften sogar überstieg. Wir sahen uns daher temporär nicht mehr in der Lage den „Motor“ der Nordkurve zu bilden und entschlossen uns zu dem Schritt über fast eine gesamte Saison nicht mehr offiziell als Gruppe „Ultras Leverkusen“ im Stadion aufzutreten, wobei natürlich jeder Einzelne dennoch im Rahmen seiner ihm gegebenen Möglichkeiten Alles für unseren SVB und die Fanszene beisteuerte.
So bleibt an dieser Stelle noch einmal besonders das Engagement gerade der Stadionverbotler an den Choreographien dieser Spielzeit hervorzuheben, ohne dass diese ihr Werk persönlich im Stadion miterleben durften.
Strukturell gab es vor einigen Jahren eine wesentliche Änderung im Mitgliederkonzept, das nun vorsieht nicht mehr jeden in die Gruppe aufzunehmen, sondern die Leute vorher auf Mentalität und Einsatzbereitschaft zu prüfen und zu selektieren. Zudem ist eine Mitgliedschaft erst nach der Vollendung des 16. Lebensjahres und nach positiver Beurteilung eines Probejahrs möglich. Die Gruppe wird von sechs Vorstandsmitgliedern geführt, des Weiteren werden einige weitere Mitglieder bei wichtigen Entscheidungen hinzugezogen. Die Altersspanne beläuft sich von 16 bis 50 Jahren, wobei der Altersdurchschnitt bei etwa 25 Jahren liegt. Der Großteil der Mitglieder kommt aus dem Leverkusener Stadtgebiet oder den Nachbarstädten, während sich nur ein kleiner Anteil auf das gesamte Bundesgebiet verteilt. Echte Ballungszentren außerhalb des Rheinlandes gibt es allerdings nicht, so dass die Gründung von offiziellen Sektionen hier wenig Sinn machen würde.