Montag, 1. Februar 2016

Nochwas vom Freitag

Akademikerball: Demos „weitgehend friedlich“

Mehrere tausend Menschen haben am Freitagabend in der Innenstadt gegen den von der Wiener FPÖ veranstalteten Akademikerball demonstriert. Die Proteste nahmen laut Polizei einen „weitgehend friedlichen Verlauf“.
 
„Burschenschafter raus aus der Hofburg“, hieß es in Sprechchören vor dem Hauptgebäude der Universität am Ring. Von dort setzten sich kurz nach 18.00 Uhr die Gegendemonstranten in Bewegung. Sie zogen über den Hohen Markt zum MuseumsQuartier. Die Polizei sprach kurz vor 19.00 Uhr von 5.000 Teilnehmern, die Veranstalter („Offensive gegen Rechts“) zählten „mindestens 8.000“.
 
Besonderen Bezug nahmen die Kundgebungsteilnehmer auf die Flüchtlingskrise, auf Transparenten war etwa zu lesen „Geflüchtete willkommen! FPÖ vertreiben. Flüchtlinge bleiben“.

Vermummte Teilnehmer und mehrere Festnahmen

Die Proteste verliefen laut Polizei „weitgehend friedlich“. Insgesamt wurden rund um die Kundgebungen vorerst drei Personen festgenommen, hieß es am Freitagabend. In der Herrengasse kam es auch zur Bildung eines „Polizeikessels“, bei dem rund 100 Personen für etwa eine Stunde festgehalten wurden. „Es wurden Polizisten attackiert. Die verdächtigen Personen sind dann in eine Menschenmenge gelaufen. Da war es notwendig, sie anzuhalten“, begründete Polizeisprecher Johann Golob die Einkesselung in der ZIB24.
 
Auch mehrere Identitätsfeststellungen habe es gegeben, aber „bis dato keinerlei Sachbeschädigungen und keine Verletzten“, sagte Golob kurz vor Mitternacht. In der Wipplingerstraße wurden „pyrotechnische Sätze“ abgefeuert und Polizisten mit Eiern, später auch mit Bierdosen beworfen. Kurzfristig kam es auch zu Sitzblockaden durch die Demonstranten, diese wurden aber rasch wieder aufgelöst. Unter besonderer Beobachtung stand laut Polizei eine Gruppe von rund 70 vermummten Demoteilnehmern.

Tretgitter sorgten für Kritik

Zu Kritik unter den Demonstranten führte eine von der Polizei mittels Tretgitter errichtete, rund vier Meter breite Engstelle im Bereich des Stadtparks. Eine derartige Maßnahme verzögere die Demonstration und mache es für die Teilnehmer unangenehm, sagte eine Vertreterin der „Offensive gegen Rechts“. Die Demonstranten wurden dort von der Polizei mittels Kameras gefilmt, was für Kritik sorgte. Seitens der Exekutive begründete man die Einrichtung der Engstelle mit der „verkehrstechnischen Situation“.
 
Gegen 20.30 Uhr erreichte der Demonstrationszug sein Ziel beim MuseumsQuartier bei der Mariahilfer Straße und wurde offiziell beendet. Danach zogen Demonstranten noch weiter durch die Innenstadt. Auf dem Heldenplatz fanden sich unterdessen rund 400 Teilnehmer zur Protestkundgebung der Plattform „Jetzt Zeichen setzen!“ ein. Ab 19.00 Uhr wurde dort mit Reden und Musikbeiträgen gegen den Ball demonstriert.

Hofburg seit Nachmittag großräumig abgeriegelt

Beim Ball selbst trafen die ersten Gäste bereits ab 17.00 Uhr ein, die Eröffnung war für 21.00 Uhr angekündigt. Besucht wurde das Event auch heuer wieder von hochrangigen Vertretern der FPÖ, darunter Parteichef Heinz-Christian Strache und FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer.
 
Die Polizei riegelte das Gebiet rund um die Hofburg schon seit dem Nachmittag großräumig ab. Die Sperrzone befand sich zwischen Ringstraße, Heldenplatz, Herrengasse und Johannesgasse - mehr dazu in Platzverbot bei Akademikerball. Am Abend wurde das Platzverbot teilweise zurückgenommen. Kurz vor Mitternacht bestand es laut Polizei „nur noch um die Hofburg“.
 
Der Ball wird seit dem Jahr 2013 von der Wiener FPÖ ausgerichtet. Im Jahr davor hatte die Hofburg BetriebsgesmbH nach massiven Protesten gegen den Ball - der Kritikern als Vernetzungstreffen der europaweiten rechten Szene gilt - entschieden, die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft des Wiener Korporationsring (WKR) nicht mehr zuzulassen. Daraufhin wurde der Ball in „Wiener Akademikerball“ umbenannt und wird seitdem nicht mehr vom WKR, sondern von der Wiener FPÖ ausgerichtet.

2.800 Polizisten und 29 Kamerateams im Einsatz

Bis zu 2.800 Polizisten waren rund um den Akademikerball im Einsatz. Begleitet wurden sie von 29 Polizeikamerateams. Dabei handle es sich nicht um Körperkameras, sondern um „Kameras auf einem Stab zum Drüberfilmen“, sagte Pressesprecher Golob. Der Einsatz der Polizei wurde auch von 15 Mitgliedern der Menschenrechtskommission der Volksanwaltschaft beobachtet - mehr dazu in Mehr Kameras bei Akademikerball. „Die Videos behalten wir 48 Stunden. Jetzt ist auch Arbeit angesagt, diese zu durchschauen, was tatsächlich passiert ist“, sagte Golob.
 
Neben der Polizei bereiteten sich in den vergangenen Tagen auch die Geschäftsbetreiber in der Innenstadt auf den Ball vor. Bei den Demonstrationen in den vergangenen Jahren waren immer wieder Geschäfte beschädigt worden. Die Wirtschaftskammer bot den Unternehmen heuer wieder eine Soforthilfe inklusive kostenloser Securitys an - mehr dazu in Akademikerball: Securitys bewachen Geschäfte.