Samstag, 24. Dezember 2011

Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art.....


 
Mit Hitlergruß in die Generali-Arena spaziert

23. Dezember 2011 14:07

Wien - Kurz da und gleich wieder weg: Ein am Mittwoch auf Youtube hochgeladenes und mittlerweile wieder gelöschtes Video zeigt einen am 15. September 2011 stattfindenden Trauermarsch für den verstorbenen Austria-Wien-Fan "Uwe". Die rund 200 Personen starke Gruppierung zog gemeinsam zum Europa-League-Spiel gegen Metalist Charkiw in die Generali-Arena.

"Uwe" würde man gemeinhin als rechtsextremen Hooligan bezeichnen. Für seine Freunde galt er jedoch als einer, der "für die Szene den Kopf hinhielt", schrieb das Fußballmagazin Ballesterer in seinem Artikel "Die Gäste, die ich rief" am 13. Oktober.

Zutrittskontrollen außer Kraft gesetzt?

Gegenüber dem Ballesterer dementierte Austria-Vorstand Markus Kraetschmer fehlende Eingangskontrollen in jenem Spiel gegen Charkiw. Die Austria-ID aller Gäste sei überprüft, den mit Haus- bzw. Stadionverbot belegten Besuchern der Zutritt zur Osttribüne verwehrt worden. Das nun dem Standard.at noch immer vorliegende Video lässt große Zweifel an den angeblich strengen Zutritts­kontrollen aufkommen. Eher sieht es so aus, als hätte die gesamte Gruppierung freien, unkontrollierten Zugang zur Osttribüne. Ebenso sind mehrere Leute zu sehen, die ihre Hand zum Hitlergruß erheben (siehe Screenshot vom Video).

Odnerdienst wird geprüft

derStandard.at erreichte Kraetschmer am Freitagnachmittag. Man werde das Material genau analysieren und das System der Ordner auf Schwachstellen prüfen. Man sei generell für jeden Hinweis dankbar. Sollten Fälle von Wiederbetätigung vorliegen, müsse aber auch die Polizei aktiv werden. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zu rechtsextremen Kundgebungen auf der Osttribüne der Generali-Arena. So waren SS-Totenköpfe auf Shirts der Fangruppierung "Unsterblich" ebenso zu sehen wie ein Banner für die rechte Ikone Josué Estébanez de la Hija oder ein Reichkriegsadler mit FAK-Logo. (red)












Die Gäste, die ich rief
Die Osttribüne der Generali Arena bleibt ein Tummelplatz der extremen Rechten. Mitte September wurde ein aufwendig inszeniertes Requiem für einen Althooligan der Wiener Austria zum Tag der offenen Tür. Der Verein hält sich bedeckt.
Cino Wolkensteiner | 13.10.2011
Es geschah plötzlich, doch in bestem Einvernehmen. »Unsterblich« (UST) und »Viola Fanatics«, die maßgeblichen Fangruppen der Wiener Austria, kündigten einen Tag vor dem Europa-League-Gruppenspiel gegen Metalist Charkiw einen viertelstündigen Supportverzicht an. Selbst die Jubiläums-Choreografie der 2001 gegründeten »Fanatics« wurde verschoben. Anlass war der Tod des langjährigen UST-Mitglieds Uwe B. Der Verzicht sei ein »Zeichen des Respekts« und mit anderen Fanklubs abgesprochen, hieß es in einem im Internet veröffentlichten Flyer. Doch der Aufforderung, dem »Kameraden die letzte Ruhe« zu erweisen, kamen nicht nur Austrianer nach. Auch Rapid-Fans mischten sich unter die Gäste – um »Eisern Wien« wieder auferstehen zu lassen, den vereinsübergreifenden Zusammenschluss Wiener Hooligans. Wenig überraschend kursierten bald auch einschlägige Videos des Verstorbenen. So war Uwe B. beim Gastspiel des VfB Stuttgart in Bratislava 2010 an vorderster Front zu finden, als Slovan-Fans unterstützt von Wienern den Sektor der Deutschen stürmten. Für seine Freunde war er jemand, der für die Szene den Kopf hinhielt.

Wiederholungstäter
Besondere Brisanz erhielt die groteske Inszenierung durch ihre politische Schlagseite. »Scheiß Juden«-Rufe waren an diesem 15. September ebenso vorhanden wie der Hitlergruß. Ein Rufzeichen der Rechten – mit Folgewirkung. So erschien zu Uwes öffentlich bekannt gewordenem Begräbnistermin auch der wegen NS-Wiederbetätigung rechtskräftig verurteilte Holocaust-Leugner Gerhard Honsik, der wenige Tage zuvor auf Bewährung aus der Justizanstalt Josefstadt entlassen worden war. Nach dem E-Mail-Kontakt zwischen dem im UST-Umfeld agierenden Rechtsextremen Mihaly »Salo« K. zum norwegischen Attentäter Anders Breivik gewinnt die Austria für Nazi-Kader damit zunehmend an Attraktivität. Szenen zwischen Geschmacklosigkeit und Wiederbetätigung prägen auch das Bild der Osttribüne. Neben dem im »Blood & Honour«-Design gehaltenen violetten UST-Banner, das zudem in den reichsdeutschen Originalfarben immer noch auf T-Shirts prangt, gelangen Besucher zuweilen auch mit Slogans wie »88 – Original Racist« auf dem Rücken ins Stadion. Die Austria-Führung selbst sieht sich machtlos und verwies wiederholt auf die behördliche Verantwortung, Wiederbetätigung gesetzlich zu ahnden. »Unsere Leitlinie werden immer die Gesetze sein, sonst ist der Willkür Tür und Tor geöffnet«, sagt AG-Vorstand Markus Kraetschmer. »Wir gehen den erhobenen Vorwürfen aber genau nach.«

Leichenschmaus
Willkür am Eingangstor wurde gegen Charkiw zum Problem. Arrangements mit den »Generali-Fan-Ordnern« ermöglichten Trauergästen aus Wien und der Slowakei freien Zutritt zur Osttribüne und dem sonst während der Spiele geschlossenen Viola Pub. Der Verdacht, dass mit dem Öffnen des Pubs ein Abfließen radikaler Gruppen von den Rängen erreicht werden sollte, drängt sich auf – was sich für die Austria so darstellt: »Wenn man so will, dann war der ›Leichenschmaus‹ im Viola Pub organisiert, aber es war ein Fehler eines Ordners, die Personen direkt von der Tribüne ins Pub zu führen«, sagt Kraetschmer. Dieser sei bereits »abgemahnt« worden. Fehlende Kontrollen dementiert Kraetschmer. Die Austria-ID aller Gäste sei überprüft, den mit Haus- bzw. Stadionverbot belegten Besuchern der Zutritt zur Osttribüne verwehrt worden. Für die ID sind Ausweis und Foto nötig – ein Aufwand, den wohl nicht jeder Rapidler auf sich nehmen würde. Nicht wenigen Austrianern geht es genauso: Zunehmend wandern frustrierte Fans auf Nord- und Südtribüne ab. »Das Besucherverhalten hat sich geändert«, sagt Kraetschmer. »Die Osttribüne wird aufgrund der strengeren Kontrollen und einer anderen Preispolitik nicht mehr so frequentiert.« Doch UST und Co. wissen die Lücken zu füllen.