Das Ostpreußische Freiwilligenkorps war ein Freikorps,
das nach dem Ersten Weltkrieg im Januar 1919 aufgestellt
wurde. Es sollte die Grenzen Ostpreußens
sichern und ein Gegengewicht zur revolutionären Volksmarinedivision bilden. Der Kommandierende General Ludwig von Estorff beauftragte Major i.G. a.D.
von Weiß mit der Aufstellung der Freiwilligenverbände.
Anlass für die Aufstellung war der mangelnde
Schutz der deutschen Ostgrenze nach dem Ersten Weltkrieg
und der Novemberrevolution. In Kurland
hatten sich Soldaten der ehemaligen 8. Armee zum Aufhalten russischer Truppen
in der „Eisernen Brigade“ gesammelt und mit der Baltischen Landeswehr Freiwilligen-Verbände
gebildet, die allerdings aus kaum tausend Mann bestanden. Die nur aus schwachen
Feldwachen bestehende Front erstreckte sich längs der Windau von Libau bis
Litauen. Mit ihrem Zerbrechen wurde die Besetzung ganz Ostpreußens binnen
weniger Tage befürchtet. Am 29. November 1918 bildete sich in Königsberg eine
„Republikanische Armee und Marine-Volkswehr“. In Allenstein
schoss die Rote Volkswehr am 30. Dezember 1918 in heimkehrende
Fronttruppen (1. Masurisches Feldartillerie-Regiment Nr. 73), weil sie
rote Fahnen ablehnten; es gab 2 Tote und 16 Verwundete. Daraufhin entstand dort
am 7. Januar 1919 die Freiwillige Jägerschar „Gerth“.
Die Regierung hatte schon im Dezember 1918
allgemeine Aufrufe zur Bildung von Freiwilligenformationen zum Schutze der
Grenze erlassen. In Königsberg hatte sich die revolutionäre Volksmarinedivision gebildet. Im Königsberger Schloss einquartiert, war sie die
einzige bewaffnete Macht in Ostpreußens Hauptstadt. Allerdings wurde vielfach
befürchtet, dass die Volksmarinedivision bei einem Einmarsch russischer Truppen
mit diesen zusammengehen könnte, um auch in Deutschland eine „bolschewistische“
Revolution durchzusetzen.
Am 12. Januar 1919 demonstrierte die
Königsberger Bevölkerung für die Bildung von Freiwilligen-Formationen zum
Schutz Ostpreußens. Die Rote Marinewehr schoss in die Kundgebung; es gab zwei
Tote. In den Tageszeitungen und auf Anschlagsäulen wurde zum Eintritt in die
neuen Verbände aufgefordert. Am 16. Januar 1919 versammelten sich die Studenten
in der Universität und beschlossen, die
Vorlesungen nicht mehr zu besuchen, da die meisten von ihnen an der
Verteidigung der Provinz teilnehmen wollten. Die Universität stellte ihren
Lehrbetrieb nicht sofort ein, weil die älteren Studenten vieles nachzuholen
hatten und nicht geschädigt werden sollten. Ein Teil von ihnen war außerdem
nicht mehr kriegsverwendungsfähig. Durch den Beschluss der Studentenschaft
wurde klargestellt, dass auch die Freiwilligen wie Kriegsteilnehmer behandelt
werden müssten.
Am 17. Januar 1919 erschienen die ersten
Ausführungsbestimmungen zur Bildung eines Ostpreußischen Freiwilligenkorps. Am
18. Januar 1919 erging der Befehl zu seiner Gründung. Am 5. Februar 1919 wurde
eine Haff- und Flussflottille aufgestellt. Die Kreise der Provinz wurden den
alten Regimentern des alten I. Armeekorps zugeteilt: zum Beispiel I.
Freiwilligen-Bataillon Grenadier-Regiment 1 in Wehlau und Allenburg, die
MG-Kompanie in Popelken; das II. Bataillon in Labiau, Mehlauken, Neuhausen und
Kalthof; 1. Freiwilligen-Kompanie Pionier-Bataillon 18 in Allenburg, Kreis
Wehlau; 1. Freiwilligen-Eskadron Kürassier-Regiment 3 in Adl.
Neuendorf. Es wurde von den zurückgekehrten Feldtruppen aufgestellt.
Jedes Infanterie-Regiment
hatte ein Bataillon
dieser Zeitfreiwilligen, während es bei der Kavallerie
mehrere Schwadronen
und bei der Artillerie im Allgemeinen mehrere Batterien bei den einzelnen Regimentern gab. Um
die Freiwilligen dem revolutionären Einfluss zu entziehen, wurden die Einheiten
grundsätzlich nicht in den Garnisonen, sondern in größeren Dörfern, Remonteämtern und
anderen Plätzen mit Unterkunftsmöglichkeiten aufgestellt.
Außer den Berufssoldaten
trafen sich dort Angehörige des Jahrgangs 1901, der im Krieg noch nicht zum
Waffendienst aufgerufen worden war. Die Mannschaftsbestände setzten sich in
erster Linie aus Schülern, Bauernsöhnen und jungen Leuten zusammen, die zu
Hause entbehrlich waren. Die Freiwilligen verpflichteten sich für drei Monate.
Nach Ablauf dieser Zeit waren sie auf Antrag zu entlassen. Zum ersten Mal in
der deutschen Militärgeschichte wurde eine weibliche Truppe aufgestellt und als
Nachrichtenabteilung dem Freiwilligenkorps angegliedert.
Am 15. März 1919 hatte das Ostpreußische
Freiwilligenkorps eine Stärke von 13 Bataillonen, 10 Eskadrons, 12 leichten und
schweren Artillerieabteilungen mit 15.024 Mann. Das Ärmelabzeichen war die
ostpreußische Elchschaufel.
Am 2. März 1919 wurde der Aufruhr der Roten
Sicherheitswehr in Lötzen niedergeschlagen. Am 7. März 1919 wurden Pillau
und Sensburg
befriedet. Trotz aller Spannungen blieb es in Königsberg im Allgemeinen ruhig.
Die Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 wurde nicht gestört.
Dasselbe galt für die Wahl zum Preußischen Landtag eine Woche später und für
die spätere Wahl der Stadtvertretung. Nach schweren Kämpfen mit 25 Toten
besetzten Einheiten des Ostpreußischen Freiwilligenkorps am 3. März 1919 die
militärischen Anlagen Königsbergs und sicherten die Behörden und Versorgungsbetriebe.
Im Hintergrund stand weiterhin die Bürgerwehr, die sich Reserve-Regiment
Königsberg nannte. Von ihr wurden alle Kriegsteilnehmer erfasst, die
gewillt waren, die deutschen Anhänger der russischen Oktoberrevolution
nicht an die Macht kommen zu lassen.
Am 15. März 1919 wurde das Ostpreußische
Freiwilligenkorps in die Reichswehr übergeleitet. Das „Regiment Königsberg“ mit
Infanterie, Kavallerie, Artillerie unter anderem wurde der Stamm des I. Armeekorps der
Reichswehr.