Warschau. Es beginnt harmlos. Vor dem Nationalmuseum stolziert ein weiblicher   Fußball-Fan mit einer russischen Fahne vor einer Reihe Polizisten auf und   ab. Fünf Anhänger lassen sich vor den Beamten fotografieren. Doch diese –   trügerische – Stimmung vor dem Spiel zwischen EM-Gastgeber Polen und   Russland soll nicht lange anhalten. 
Nicht weit entfernt in der Wspanialy Swiat ruft ein Jugendlicher in der Kneipe   Pijalnia seinem Freund zu: „Kurwa, wie gelangen wir an die Ruskis?“ Kurze   Zeit später verlassen sie die Bar, die wegen ihrer günstigen Preise und der   Sportzeitungen an den Wänden bei den Fans beliebt ist, und beobachten wie   die Menge der russischen Fans am Nationalmuseum anwächst. Unter den Polen   befindet sich auch Janusz Korwin-Mikke, ein rechter Politiker, der einst   Präsident werden wollte und gegen den Fan-Zug der Russen protestiert. 
Um 17.00 Uhr ist die Menge vor dem Nationalmuseum auf etwa 5.000 russische   Fans angewachsen. Auf der anderen Seite der Aleje Jerozolimskie, der   Jerusalemer Allee, die vom Kulturpalast zum Stadion führt, haben – noch   getrennt von einer Vielzahl Polizisten - polnische Anhänger Stellung   bezogen. Die Feindseligkeit wird spürbar. 
Papierflugzeuge und Böller
Die Russen nutzen den Marsch am russischen Nationalfeiertag für   nationalistische Parolen. Einige werfen mit Papierflugzeugen. Eine   geschmacklose Anspielung auf den Flugzeugabsturz am 10. April 2010 in   Smolensk, bei dem Polens Staatspräsident Lech Kaczynski mit seiner Ehefrau   Maria, Abgeordneten des Parlaments und hochrangigen Offizieren ums Leben   kam. Polnische Fans reagieren, rufen „Ruska Kurwa“ – „Russland, du Hure.“   Erste Feuerwerkskörper steigen auf, explodieren dicht über den Köpfen. Es   ist der Anpfiff zu einer langen Warschauer Nacht der Randale. 
Vorne, am Kopf des Fan-Zuges, kommt es nach etwa einem Kilometer auf der   Brücke Most Poniatowskiego kurz vor dem Nationalstadion zu einer ersten   Attacke auf die Polizisten. Randalierer, teilweise vermummt, greifen an. Die   Polizei setzt Tränengas und Wasserwerfer ein. „100 Fans beider Seiten waren   in Prügeleien verwickelt. 56 Personen wurden festgenommen“, sagt   Polizeisprecherin Monika Brodowska zu diesem Zeitpunkt. Dabei hat das Spiel   noch lange nicht begonnen. 
Hinten, am Ende des Marsches, wo sich die Menge zerfranst, schlagen Hooligans   aufeinander ein. Auf der Aleje Jerozolimskie liegt ein Anhänger bewusstlos   und mit klaffender Kopfwunde auf den Straßenbahnschienen. Polizisten bilden   einen schützenden Kreis um den Mann. Jemand leistet erste Hilfe. Es dauert   20 Minuten bis der Mann mit einem Krankenwagen abtransportiert werden kann. 
Bei der Abzweigung am Rondo de Gaulle'a in die Flaniermeile Nowy Swiat, wo die   Künstlerin Joanna Rajkowska eine künstliche Palme aufgestellt hat, zeigt   sich ein anderes Bild. Geschäftsfrauen schlendern in perfekt gestylten   Kostümen gemütlich auf ihrem Weg von der Arbeit nach Hause. Polnische und   vereinzelt auch russische Fans sitzen gemeinsam friedlich in den   Straßencafes und Bars. Doch immer wieder rasen Polizei- und Krankenwagen mit   ohrenbetäubenden Sirenen vorbei. Vom Rondo de Gaulle'a her erklingen die   Detonationen von Böllern, der Geruch von Feuerwerkskörpern schwebt herüber. 
Applaus bei Festnahmen
Dort geraten die Hooligans mit einer kleinen Gruppe der national-katholischen   „Bewegung für die Souveränität Polens“ aneinander, die nicht gegen den   Fan-Zug der Russen demonstriert. „Die Idioten schlagen sogar auf ein Mädchen   ein“, sagt eine ältere Frau erzürnt. Die Polizei drängt die Hooligans   zurück. Schaulustige verfolgen die Auseinandersetzungen, weichen dann   ängstlich zurück an die Häuserwände, oder drängen sich zum Schutz in   Geschäfte. Als Hooligans verhaftet werden, applaudieren die Menschen. 
Der Weg zur Fan-Zone ist beschwerlich. Immer wieder riegelt die Polizei die   Straßen ab. Nach Angaben von Warschaus Oberbürgermeisterin Hanna   Gronkiewicz-Waltz sind „mehre tausend Beamte“ im Einsatz. Unterstützt von   Kräften der Militär-Polizei. 
Die Fan-Zone wirkt wie ein gut behüteter Ort. Selbst als ein Zapfhahn ausfällt   und sich die Schlange vor dem Bierstand bis zum Eingang zurückstaut, bleiben   die Menschen geduldig. Die Leinwände zeigen, wie drüben im Stadion die   Nationalhymnen gespielt werden. Es gibt Pfiffe, als die etwa 10.000   russischen Anhänger im Stadion zur eigenen Hymne ein gigantisches   abstoßendes Transparent ausrollen, das einen Kämpfer mit Schwert zeigt. 
Auch Michel Platini ist zu sehen. „Wir hoffen auf ein friedliches Miteinander   der Fans“, hat der Präsident der Europäischen Fußball-Union vor Beginn der   EM gesagt. Von den Ausschreitungen in der Stadt bekommt er auf der   VIP-Tribüne des Stadions nichts mit. 
Draußen, unmittelbar vor der Fan-Zone, gehen die Auseinandersetzungen, die   Straßenkämpfe, unvermittelt weiter. Flaschen fliegen ebenso wie   Leuchtraketen, Böller knallen, Schals brennen. Die Wasserwerfer und   Gummigeschosse der Polizei verwandeln das Geschehen zusätzlich in eine   gespenstische Szenerie. Es ist eine schaurige Atmosphäre. Wie in einem   Bürgerkrieg. 
Hab einen Beitrag einer Rus Frau uebersetzt die in der Kolonne war:
Vera 14.06. 2012 10:33
Blick aus der Kolonne.
Ja, ich war in dieser Kolonne. Es war nicht lustig... Es ist lustig, jetzt zu hören und zu lesen das "Theoretiker" sagen, dass der Marsch provokativ gewesen sie. Das ist eine Luege. Wenn Fans unorganisiert zum Stadion gegangen waehren, haette es viel mehr Opfer gegeben. Durch den ganzen Weg hat man uns "Russki Kurva" und "Ebat Kurv" zugeschrien, man warf mit Steinen, Flaschen, auf Menschen in der Kolonne, hat ins Gesicht spuckte, zog einzelne heraus, einem nach dem anderen und schlug diese zusammen. Die schlugen auch Frauen, zu meinem großen Bedauern, eine Frau, aus Jaroslawl, fuer ein Kommentar zu einem jungen Polen sich zu benehmen, wurde ins Gesicht geschlagen, aufstehen konnte Sie nur mit unserer Hilfe. Es wahr wie in einem Film uber WWII, als ob wir in einer Rueckzugskollonne waren, wo die Frauen und Kinder in der Mitte versteckt sind und die Maenner Angriffe von den Seiten abwaehren.
Ja, tatsächlich haben sich unsere Leute gewehrt. Aber von Anfang an kam keine Bedrohung unsererseits. In der Kolonne waren viele Frauen, Kinder, aeltere Menschen und Jugendliche. Wie ich es verstanden habe, waren nicht viele unserer Hools in der Kolonne, haben aber die Angriffe der Polen abwehren koennen, besonders im hinteren Teil, haben Sie den Polen nicht erlaubt die Kolonne zu terrorisieren. Eigentlich ist es fuer mich ausser Frage sich den Erfolgen unserer Hools zu freuen, aber hier ging es um unsere Gesundheit, Rettung und Ehre... Also vielen Dank and die Jungs die Wiederstand leisteten, besonders auf der Bruecke, auf die Polizei war wenig Hoffnung.
Es war angenehm zu sehen, wie diejenigen, die vor kurzem vorbeiliefen und mir ins Gesicht "Russische Kurva" schrien auf den Boden fielen und die Haende hebten um nicht weiter geschlagen zu werden. Danke an all die Jungs in Kapuzen.
Weiss leider nicht wie es in W-Europa ist, bei uns wird aber der "Kodex" von allen Top-Teams gepflegt.
Ich war nicht in den 80ern dabei, aber von Leuten die einfache Fans angreifen, halte ich persoenlich nicht viel und es ist nichts "ehrenhaftes" dabei, einen Bierbauch oder eine Frau zu verpruegeln...
Hab jetzt mit par Freunden gesprochen die dort sind, auch 2 Artickel wurden geschrieben von Team Leitern, Fazit ist:
- KEINE der polnischen Top-Teams hat auf Anfragen von russischen Top-Teams zum fairen Treffen geantwortet, nicht vor der EM, nicht jetzt
- Es kamen fast alle polnischen Teams nach Warschau die wenigstens 10 Leute aufbringen konnten. Um aufsehen zu erregen, wurden natuerlich alle angegrifen, die Rus Simbolik hatte, egal ob diese aus Teams waren oder einfache Fans. Simbolik von einfachen Fans weggenommen und al "Trophaen" bezeichnet. Das wird als "unehrlich" und "dreckssache" bezeichnet.
- Es wurde auch viel "Dreck" benutzt, was man normalerweise von Polen nicht erwartet oder kennt
- Polizei war teilweise uninteresiert Fans vor den Schlaegern zu verteidigen, die Polen selbst haben aber Polizei oefters als Schirm benutzt, um vor groesseren mobs zu fluechten
- Nach dem Spiel hat ein Mob von 250-300 Top-Team Russen Polen durch die Stadt gesucht, wurde aber gleich von der Polizei umzingelt, jedes Gesicht einzeln fotografiert und pass Daten aufgenommen, erst dann durfte man raus.
- Im grossen und ganzen haben sich unsere Teams gut gehalten, obwohl man ein grossen mob nur 1-2 mal sammeln konnte. Der Meinung nach von vielen die dabei waren sind die "Treffen" nicht verloren, wobei man sehr enttauscht ist von den polnischen Teams
- Aufrufe kommen bis jetzt fuer dringende Unterstuetzung, da vor dem Griechenland Spiel neue Krawallen erwartet werden. Bist jetzt ist "nur" Spartak mit fast allen Top-Teams vertreten. Das waren die Leute die ihr in videos auf der Bruecke gesehen habt, die waren ganze 2 Stunden auf der Bruecke und haben jeden Kampf aufgenommen. Ca 100 Serben sollen "nach Aussagen" nach Polen unterwegs sein (Vielen Dank euch fuer die Unterstuetzung!!!)
- Tip fuer unsere deutschen Freunde, wenn ihr wirklich auf Polen landen solltet, werden die viel unterstuetzung in der Ukraine haben, besonders im Westen (Lemberg), also besser nur in grossen mobs durch die Strassen laufen, vielleicht bekannte RUS Teams anrufen, die werden 100% beistehen!
Und zuletzt - die EM ist noch nicht zu Ende, wir werden sehen wie es sich weiterentwickelt, aber auf jeden Fall, WILKOMMEN IN RUSSLAND 2018 fuer alle unsere polnischen Freunde!
(Nochmal sorry fuer mein Deutsch)
