Verfassungsschutz ermittelt nach Angriff
auf israelische Fußballer in Salzburg
24. Juli 2014, 10:18
Randalierer griffen Spieler an - Testspiel
Maccabi Haifa gegen Lille wurde abgebrochen - Keine Festnahmen
Bischofshofen - Ein Testspiel des
israelischen Fußballklubs Maccabi Haifa gegen den französischen Erstligisten
OSC Lille im Salzburger Bischofshofen ist nach propalästinensischen
Ausschreitungen abgebrochen worden. Rund 20 türkischstämmige Jugendliche stürmten
am Mittwochabend in der 85. Minute das Feld und attackierten die israelischen
Spieler. "Die Ausschreitungen waren auf den Gaza-Konflikt gerichtet",
sagt Ortwin Lamprecht, Sprecher der Polizei Salzburg. In ihren Händen hielten
die jungen Männer palästinensische und türkische Flaggen. Bei dem
Freundschaftsspiel waren aufgrund des starken Regens anfangs nur wenige
Zuschauer anwesend. Als der Regen aufhörte, kamen immer mehr Zuschauer,
darunter auch eine große Gruppe türkischstämmiger Einheimischer zwischen 20 und
25 Jahren. "Die anwesenden Polizisten reagierten schnell und riefen
Verstärkung", sagt Lamprecht. Die Jugendlichen hätten sich zunächst das
Spiel angesehen. Fünf Minuten vor Spielende rannte die gesamte Gruppe auf das
Spielfeld und griff die israelischen Spieler tätlich an.
Verfassungsschutz ermittelt
Laut Polizei wurde niemand
verletzt. "Die Beamten konnten die Auseinandersetzungen rasch
bereinigen", erklärt Lamprecht. Es seien Streifenpolizisten, Beamte der
Schengen-Fahndung und der Cobra vor Ort gewesen. Von einem Großteil der
gewaltbereiten Jugendlichen wurden die Personalien aufgenommen, festgenommen
wurde niemand. Nun ermittle der Verfassungsschutz, ob ein gerichtlicher
Tatbestand vorliege, erläutert der Polizeisprecher. "Ob es zu Verhaftungen
kommt, ist noch nicht sicher." Nach Beendigung der tumultartigen Szenen,
in die auch Spieler involviert waren, setzte der Referee das Match aus
Sicherheitsgründen nicht mehr fort. Haifa hat auch mehrere muslimische Spieler
in seinem Kader. Nach Angaben auf der Haifa-Website wurden die Spieler Idan
Vered und Dekel Keinan tätlich angegriffen. Nach dem Abbruch seien Gegenstände
auf das Team geworfen worden. In Videos war zu sehen, dass Polizisten und
Ordner die Lage beruhigten.
Maccabi Haifa erklärte gegenüber
der Zeitung "Jerusalem Post", der Klub glaube an "Koexistenz und
Toleranz". "Wir verurteilen die Gewalt, die gegen uns eingesetzt
wurde. Dies geschah nicht wegen Sport oder Fußball, sondern weil wir ein Team
sind, das Israel repräsentiert." In seinem nächsten Spiel trifft Maccabi
am Samstag auf den deutschen Bundesligisten SC Paderborn. Auch beim Sportklub
Bischofshofen ist man entsetzt über die Ausschreitungen. "Im Fansektor
gibt es noch immer solche Chaoten, die alles zerstören. Es soll um den Sport
gehen und nicht um Randale“ , ärgert sich Obmann Stellvertreter Christian
Winkler im Gespräch mit derStandard.at. Im Nachhinein ist Winkler aber froh,
dass das Match eine halbe Stunde vorverlegt wurde: "Ich glaube, sonst wären
noch mehr Randalierer gekommen. Auf der Straße standen noch einige, die Parolen
schrien, aber durch den Gitterzaun nicht hineingekommen sind." Im Gespräch
mit derStandard.at berichtet Winkler von "karateartigen Sprüngen",
mit denen die Randalierer die Spieler attackiert hätten. Während die Spieler
aus Frankreich sofort in ihren Kabinen verschwunden sein, hätten sich die
Spieler aus Israel versucht zur Wehr zu setzen. Von der Agentur SLFC heißt es,
dass die Spieler von Maccabi Haifa heute nicht für eine Stellungnahme zu
erreichen sind. Agenturchef Hannes Empl erklärt im Gespräch mit dem Standard,
dass man derzeit Gespräche mit dem Innenministerium führe. In Abstimmung mit
dem Ministerium müsste zunächst geklärt werden, wie man bei den anstehenden
Spielen des israelischen Fußballklubs verfahren werde. Bis dahin würden die
Spieler für die Öffentlichkeit nicht erreichbar sein.
Innenministerium verteidigt
Sicherheitsmaßnahmen
Ein Sprecher des Innenministerium
erklärt im Gespräch mit derStandard.at, dass ausreichende Sicherheitsmaßnahmen
im Vorfeld des Spiels getroffen wurden. Dies sei dadurch dokumentiert, dass
keiner verletzt wurde. Man könne "politischen Protest nicht im Keim
ersticken, bevor er formuliert wurde". Es sei zudem nicht die Aufgabe der
Polizei "politischen Aktivismus" zu verurteilen.
Faymann veruteilt Übergriffe
"Die gestrigen Vorfälle beim
Testspiel in Bischofshofen sind auf das Schärfste zu verurteilen. Gäste, die
sich in Österreich aufhalten, haben das Recht, das in Sicherheit zu tun;
unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer religiösen Zugehörigkeit",
erklärte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in einer Aussendung am Donnerstag. Österreich
stehe für den respektvollen Umgang aller Religionen miteinander.
"Übergriffe auf Sportler, die ihre Saisonvorbereitung in Österreich
absolvieren, sind absolut nicht zu tolerieren", wurde Faymann zitiert. Als
"Skandal" bezeichnete FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache
die Vorfälle in einer Aussendung am Donnerstag und forderte eine genaue
Untersuchung. "Österreich ist ein neutrales Land, das eine geschichtliche
Verantwortung gegenüber Israel hat und daher besonders sensibel mit
antisemitischen Vorfällen wie diesem umgehen muss", wird Strache in der
Aussendung zitiert. Die Vorfälle seien außerdem ein "Tiefpunkt der
gescheiterten Integrationspolitik von Rot, Grün und Schwarz". (burg, ruep,
red, derStandard.at, 24.7.2014)