Anlass war wiedereinmal der
sogenannte Akademikerball in der Hofburg, wo deutschnationale Burschenschafter
und FP Funktionäre (viele von ihnen keine Akademiker) ihren Ball feierten. Bis
2012 hiess er WKR Ball (Wiener Korporations Ball) und wurde von
Deutschnationalen Burschenschaftern ausgerichtet, danach musste er aufgrund
massiver Proteste und auf politischen Druck umbenannt werden - die FPÖ sprang ein und richtete ihn aus. Die
Initiativen "Offensive gegen Rechts" sowie "No WKR" haben
dazu zwei Demonstrationen angemeldet, die sich am Stephansplatz treffen
sollten. Ich entschied mich für den Treffpunkt Universität, wo die
"OgR" Demo weggehen sollte. Mit mir waren rund 2.500 Menschen aus dem
studentischen und gewerkschaftlichen Umfeld anwesend, darunter auch führende
AUGE/UG Gewerkschafter.
Vorher wollte ich noch die
Sperrzone ansehen, die von der Wiener Polizei heuer extrem gross gehalten
wurde, so wurde auch die SOS Mitmensch Veranstaltung am Heldenplatz verboten.
Ich ging also den Ring von der Uni weg in Richtung Oper, viele Passanten
unterwegs, die Strassenbahn fuhr schon ab 16 Uhr nicht mehr (warum auch immer)
und der Rathausplatz mit seinem Eistraum war auch gut besucht. Vor dem Eingang
am Heldenplatz standen rund 50 Polizeibusse samt Insassen, nur ein Tor war
offen, durch dass man aber problemlos und ohne beachtet zu werden auf den
Heldenplatz gehen konnte. So war ich zehn Minuten vor Beginn der Sperrzone
unter den Fenstern des Ballsaals - noch
immer keinerlei Reaktionen der meist aus den Bundesländer stammenden
Polizeikräfte. Mit mir noch Dutzende Touristen. Nach einem ersten Augenschein
inklusive Fotos gings dann zum Treffpunkt der Demo, die um 17.30 Uhr
losmarschierte. Über den Ring ging es zur Börse, von dort über die
Wipplingerstrasse und den Hof weiter zum Stephansplatz. Alles war zwar laut
aber friedlich, kein Gewaltpotential seitens der Demoteilnehmer und auch die
Polizei hielt sich erfreulich zurück. Um etwa 19.30 Uhr waren wir am Graben,
dort löste sich die Demo langsam aber sicher auf, einige Teilnehmer versuchten
noch zum Michaelaplatz zu gelangen, stoppten aber vor der Sperre der Polizei.
Dann kippte auf einmal die
Stimmung, die "No WKR" Demo kam die Rotenturmstrasse hinauf zum
Stephansplatz, allen voran Mitglieder des Schwarzen Blocks, die auf dem Weg zum
Dom Geschäfte angriffen und die Polizei mit Steinen und Flaschen sowie Bengalen
bewarfen. Vor der Kirche selber brachen sie durch die Polizeikette und liefen
den Graben entlang in Richtung Hofburg. Die Polizei war ziemlich hilflos, ein
Konzept war nicht zu erkennen. Da ich diesen Teil des Abends auslassen wollte
begab ich mich über die Kärntnerstrasse Richtung Oper - oder versuchte es
zumindest. Überall war Sperrzone, ein allgemeindes Platzverbot war
ausgesprochen worden, welches aber offenbar willkürlich durch Auswahlverfahren
von der Polizei ausgesetzt wurde, da sich innerhalb der Zone Dutzende Passanten
ungeniert bewegten. Also ging es die Sperren entlang zum Schwarzenbergplatz, wo
ich dann zum Ring durchdurfte. Die Ringlinien fuhren nicht, die Baadner Bahn
war auch eingestellt, ebenso die Autobuslinie 59A sowie die U-Bahnstation
Karlsplatz. Alles Dicht. Nur ich konnte - einmal hinter der Sperre ungehindert
herumspazieren. Eigentlich irgendwie irr, aber bitte. Über die Albertina ging
es zur Herrengase (am Josefsplatz war ein Tor der Hofburg offen, ich hätte also
wahrscheinlich einfach eintreten können, liess es aber bleiben) und zum
Michaelaplatz wo hinter der Sperre immer noch AktivistInnen warteten. Mich
beachtete man nicht obwohl.
Ich probierte mein Glück dann
weiter indem ich zum Bundeskanzleramt spazierte, vorbei an einem Dutzend
Polizeibussen, wiederum keine Reaktion der eingesetzten Sicherheitskräfte
obwohl dort auch Beamte des Verfassungsschutzes standen. Am Minoritenplatz
verliess ich die Sperrzone anstandslos, keiner fragte mich was ich innerhalb
machte, versuchte zur U 3 Station Herrengasse zu gehen - auch sie war gesperrt
um dann beim Cafe Central wieder auf Blockadepunkte stiess. Dahinter war die
Strasse voll mit Farbspritzern, offenbar gab es da eine lustige Farbschlacht.
Einige Polizisten hatten an der Kreuzung Freyung/Teinfaltstrasse mutmassliche
Mitglieder des Schwarzen Blocks (oder was sie dafür hielten) eingekesselt und
namen Personalien auf.
Mein Spaziergang ging dann zur
Uni weiter, von dort nochmals via Rathausplatz zum Parlament, wo sich wohl an
die 1.500 Demonstranten einem massiven Polizeiaufgebot gegenübersahen.
Irgendwann beschloss die Einsatzleitung dann die Räumung des Ringes und stiess
auf Gegenwehr durch einige Demonstranten. Da es nichts erhellendes mehr zu
beobachten gab beendete ich den Arbeitstag für mich ganz persönlich an diesem
Ort.
Fazit:
Mindestens sechs Stunden lang war die Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmittel
nur schwer bis gar nicht zu erreichen (lediglich die U-Bahnstationen
Stephansplatz sowie Schottentor waren offen), ein Grossteil des Bezirkes konnte
nicht betreten werden. Andererseits war es für mich als Einzelperson doch nicht
so schwer, in die Sperrzone zu kommen. 2.000 Polizisten waren nicht imstande,
dies zu gewährleisten. Eine Million Euro kostete dieser Einsatz nach
offiziellen Angaben, gebracht hat er aber nur wenig.