Samstag, 25. Januar 2014

Mein Stadtspaziergang in Worten

Anlass war wiedereinmal der sogenannte Akademikerball in der Hofburg, wo deutschnationale Burschenschafter und FP Funktionäre (viele von ihnen keine Akademiker) ihren Ball feierten. Bis 2012 hiess er WKR Ball (Wiener Korporations Ball) und wurde von Deutschnationalen Burschenschaftern ausgerichtet, danach musste er aufgrund massiver Proteste und auf politischen Druck umbenannt werden - die FPÖ  sprang ein und richtete ihn aus. Die Initiativen "Offensive gegen Rechts" sowie "No WKR" haben dazu zwei Demonstrationen angemeldet, die sich am Stephansplatz treffen sollten. Ich entschied mich für den Treffpunkt Universität, wo die "OgR" Demo weggehen sollte. Mit mir waren rund 2.500 Menschen aus dem studentischen und gewerkschaftlichen Umfeld anwesend, darunter auch führende AUGE/UG Gewerkschafter.
 
Vorher wollte ich noch die Sperrzone ansehen, die von der Wiener Polizei heuer extrem gross gehalten wurde, so wurde auch die SOS Mitmensch Veranstaltung am Heldenplatz verboten. Ich ging also den Ring von der Uni weg in Richtung Oper, viele Passanten unterwegs, die Strassenbahn fuhr schon ab 16 Uhr nicht mehr (warum auch immer) und der Rathausplatz mit seinem Eistraum war auch gut besucht. Vor dem Eingang am Heldenplatz standen rund 50 Polizeibusse samt Insassen, nur ein Tor war offen, durch dass man aber problemlos und ohne beachtet zu werden auf den Heldenplatz gehen konnte. So war ich zehn Minuten vor Beginn der Sperrzone unter den Fenstern des Ballsaals -  noch immer keinerlei Reaktionen der meist aus den Bundesländer stammenden Polizeikräfte. Mit mir noch Dutzende Touristen. Nach einem ersten Augenschein inklusive Fotos gings dann zum Treffpunkt der Demo, die um 17.30 Uhr losmarschierte. Über den Ring ging es zur Börse, von dort über die Wipplingerstrasse und den Hof weiter zum Stephansplatz. Alles war zwar laut aber friedlich, kein Gewaltpotential seitens der Demoteilnehmer und auch die Polizei hielt sich erfreulich zurück. Um etwa 19.30 Uhr waren wir am Graben, dort löste sich die Demo langsam aber sicher auf, einige Teilnehmer versuchten noch zum Michaelaplatz zu gelangen, stoppten aber vor der Sperre der Polizei.
Dann kippte auf einmal die Stimmung, die "No WKR" Demo kam die Rotenturmstrasse hinauf zum Stephansplatz, allen voran Mitglieder des Schwarzen Blocks, die auf dem Weg zum Dom Geschäfte angriffen und die Polizei mit Steinen und Flaschen sowie Bengalen bewarfen. Vor der Kirche selber brachen sie durch die Polizeikette und liefen den Graben entlang in Richtung Hofburg. Die Polizei war ziemlich hilflos, ein Konzept war nicht zu erkennen. Da ich diesen Teil des Abends auslassen wollte begab ich mich über die Kärntnerstrasse Richtung Oper - oder versuchte es zumindest. Überall war Sperrzone, ein allgemeindes Platzverbot war ausgesprochen worden, welches aber offenbar willkürlich durch Auswahlverfahren von der Polizei ausgesetzt wurde, da sich innerhalb der Zone Dutzende Passanten ungeniert bewegten. Also ging es die Sperren entlang zum Schwarzenbergplatz, wo ich dann zum Ring durchdurfte. Die Ringlinien fuhren nicht, die Baadner Bahn war auch eingestellt, ebenso die Autobuslinie 59A sowie die U-Bahnstation Karlsplatz. Alles Dicht. Nur ich konnte - einmal hinter der Sperre ungehindert herumspazieren. Eigentlich irgendwie irr, aber bitte. Über die Albertina ging es zur Herrengase (am Josefsplatz war ein Tor der Hofburg offen, ich hätte also wahrscheinlich einfach eintreten können, liess es aber bleiben) und zum Michaelaplatz wo hinter der Sperre immer noch AktivistInnen warteten. Mich beachtete man nicht obwohl.
Ich probierte mein Glück dann weiter indem ich zum Bundeskanzleramt spazierte, vorbei an einem Dutzend Polizeibussen, wiederum keine Reaktion der eingesetzten Sicherheitskräfte obwohl dort auch Beamte des Verfassungsschutzes standen. Am Minoritenplatz verliess ich die Sperrzone anstandslos, keiner fragte mich was ich innerhalb machte, versuchte zur U 3 Station Herrengasse zu gehen - auch sie war gesperrt um dann beim Cafe Central wieder auf Blockadepunkte stiess. Dahinter war die Strasse voll mit Farbspritzern, offenbar gab es da eine lustige Farbschlacht. Einige Polizisten hatten an der Kreuzung Freyung/Teinfaltstrasse mutmassliche Mitglieder des Schwarzen Blocks (oder was sie dafür hielten) eingekesselt und namen Personalien auf.
 
Mein Spaziergang ging dann zur Uni weiter, von dort nochmals via Rathausplatz zum Parlament, wo sich wohl an die 1.500 Demonstranten einem massiven Polizeiaufgebot gegenübersahen. Irgendwann beschloss die Einsatzleitung dann die Räumung des Ringes und stiess auf Gegenwehr durch einige Demonstranten. Da es nichts erhellendes mehr zu beobachten gab beendete ich den Arbeitstag für mich ganz persönlich an diesem Ort.
 
Fazit: Mindestens sechs Stunden lang war die Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmittel nur schwer bis gar nicht zu erreichen (lediglich die U-Bahnstationen Stephansplatz sowie Schottentor waren offen), ein Grossteil des Bezirkes konnte nicht betreten werden. Andererseits war es für mich als Einzelperson doch nicht so schwer, in die Sperrzone zu kommen. 2.000 Polizisten waren nicht imstande, dies zu gewährleisten. Eine Million Euro kostete dieser Einsatz nach offiziellen Angaben, gebracht hat er aber nur wenig.