Samstag, 25. August 2012

Abschlussgedanken






Warum ist die Sache am Donnerstag so eskaliert ? Hätte das sein müssen ? Wäre das passiert, wenn eine andere österreichische Mannschaft dort gespielt hätte ? – Oder andersrum gefragt: warum ist beim Spiel von Aris gegen die Wiener Austria nichts annähernd vergleichbares erfolgt (abgesehen von der Zahl der Auswärtsfahrer) ?

Ich habe versucht mir darüber klar zu werden, warum diese Szenen in dieser Form passiert sind: Eine Szene, die sich selbst so gut vermarktet – in fast jedem Ultraforum Europas gibt es jemanden, der permanent Bilder, Videos, Neuigkeiten postet – muss aber auch damit rechnen dass es Leute gibt, die auf diese Propaganda reinfallen. Der Schmäh, dass „die aktive Szene von UR“ nicht in den Foren schreibt ist ja auch so ein linker. Wenn du 500 Mitglieder hast, davon etwa 30 im Direttivo (dem Entscheidungsträger) dann kannst du das auch leicht sagen. Es gibt ja genug andere Möglichkeiten. Bei 470 Mitgliedern, die vielleicht irgendwann mal ins Direttivo wollen kann man ja einfach sagen, Du, Du und Du bist für die Aussendarstellung verantwortlich, macht ihr das gut werdet ihr ins Direttivo aufgenommen. Auf diese Art und Weise ist sichergestellt, dass die Gruppe/Kurve sich immer perfekt präsentiert und andererseits die Aussage, „kein aktives Szenemitglied von UR“ schreibt in den Foren richtig. Denn kein Mensch glaubt, dass UR nicht aktiv Propaganda betreibt, woher sollten sonst die ganzen Videos und Bilder herkommen ? Auch die von ihnen betriebene Bilderseite ist ja immer – meist schon während des Spieles – topaktuell. Zufall ?

Da wären wir dann wieder beim zweiten Punkt, nämlich der Freundschaft zu Panathinaikos. Das es legitim ist, Freundschaften zu pflegen die auf gegenseitigen Respekt und gegenseitiger Zuneigung basieren bleibt unbestritten, wer freut sich nicht, wenn es Ultras anderer Vereine gibt, die einem mögen und die eigene Arbeit respektieren ? Vor allem wenn das dann auf die gesamte Szene umgelegt werden kann ist das doch das höchste Lob was einer einheimischen Kurve/Gruppe passieren kann. Andererseits kann das dann aber auch ins Negative ausschlagen wenn man dann in Städte fährt, wo der – in diesem Fall – „Grüne Bruder“ nicht gerne gesehen ist. Oder wenn man mit dessen „Orthodox Brother“ auch noch ein Hühnchen zu rupfen hat (oder umgekehrt).

Da kann es dann schon in die Hose gehen, wenn man ein wie oben beschriebenes Propagandamodell entwickelt hat, man hat dann einfach nicht die genaue Kontrolle über die Veröffentlichung der Beiträge oder kann sie nicht schnell genug stoppen (vielleicht will man das ja auch nicht). Mit fatalen Folgen für alle Rapidfans, wo es sicher auch viele gibt, die mit dieser Freundschaft bzw. mit ULTRA´ selber nichts am Hut haben. Sie werden dann ungewollt zum Treffer für den – ich nenne es mal so – Gegner. Das wiederum spielt den UR in die Hände, die eine grosse geeinte Rapidfamilie wollen. Das andererseits Propaganda zum Handwerk der Ultras gehört ist auch unbestritten.

Die Rapidfamilie wird aber auch vom Verein propagiert. Dazu hat man schon seit zwei Jahrzehnten oder länger einen Fanserviceleiter in der Person Andi Marek gefunden. Ein Mann der sein Herzblut für den Verein und die Fans hergibt, das muss man neidlos anerkennen. Singen kann er zwar nicht dafür hat er schon seit Jahren einen sehr guten Draht zum Block West und lässt viele Dinge, die in anderen österreichischen Kurven unmöglich sind zu. Der aber auch mit seiner bedingungslosen Treue zu UR und Co. diesen eine Machtposition zugesteht, die manchmal ungesund ist. Man erinnere sich an die Platzstürme 2009, 2010 und dem Derbyplatzsturm 2011 sowie Kapfenberg 2008 oder der Westbahnhofgeschichte 2010 – all diese Dinge waren die Folge dieser Symbiose. Ich finde es kontraproduktiv für den gesamten Rapidanhang wenn man einem Teil der Szene (und ich nehme jeden, der regelmässig zu Heim- und Auswärtsspielen fährt dazu) Rechtsbeistand vermittelt oder sich via Presse vor sie stellt. Das ist eine Art Freibrief für manche. Sicher, ULTRAS RAPID haben viel für den Verein und die Szene an sich gemacht, der Block West ist mit Dauerkarten ausverkauft, die Stimmung, unterstützt durch Pyrotechnik und Choreographien ist teilweise phänomenal – ABER (und jetzt kommts) – die führenden Mitglieder der UR haben damit eine Macht bekommen die sie manchmal über die Ziele des Vereines erhöhen und diesem damit auch Geld kosten. Oder auch Reputation, man denke da nur an mögliche Sponsoren die nach diesem Zwischenfall abspringen und damit verplantes Geld für den Verein verloren geht. Von den politischen Entscheidungsträgern, die seit 1989 im Verein tätig sind bzw. von denen man Geld bekommt (Wien Energie mit Renate Brauner) ganz zu schweigen die bei solchen Szenen „not amused“ sind. Es geht ja auch um ihre Wähler, von denen ein Grossteil KEINE Rapidfans sind. Insoferne bleibt abzuwarten, welche Repressionen jetzt zu erwarten sind. Nicht nur für Rapid sondern für alle Ultras/Fans in Österreich.

Rapid hat die bestorganisierteste Szene in Österreich. Keine Frage. Daher ist alles was diese Szene macht oder was mit dieser Szene passiert wegweisend für alle anderen Ultras/Fans in Österreich. Und genau diese Verantwortung ist den UR offenbar nicht so klar, denn sie sind – gewollt oder von anderen „hineintheatert“ – auch mitverantwortlich für viele Dinge (Pyrotechnikgesetz, Meldepflicht, Stadienverbote im grossen Rahmen) die unseren Fussball derzeit plagen. GEGEN DEN MODERNEN FUSSBALL – diesen Slogan verwenden sie zwar, treten ihn aber gleichzeitig mit ihrem Modell kräftig in den Arsch. Wie man in einigen Foren lesen kann wird das „Modell UR“ aber auch von Teilen der eigenen Anhängerschaft abgelehnt, besteht also auch von daher die Gefahr des Scheiterns. Vor allem dieses Spiel  hat die Emotionen hochschlagen lassen, man muss ja nur im grössten österreichischen Fanforum, in dem viele kluge Köpfe schreiben, nachlesen. Wenn es nach den einzelnen Meldungen geht könnte da die lange Jahre erstrebte und erreichte „Rapidfamilie“ wieder auseinanderbrechen – mit verheerenden Folgen für die grüne Fanszene.

Kommenden Donnerstag wird die nächste Bewährungsprobe für die grünweisse Fanszene sein. Vorausgesetzt es kommen Griechen nach Wien, was ich persönlich annehme, da doch viele PAOK-Anhänger in Deutschland und der Schweiz sind und ja auch noch eine grosse Abordnung von Partizanfans in Wien vorhanden ist. Und damit hätten wir wieder die explosive Mischung beieinander, die schon in Saloniki zur Explosion gekommen ist. Und ob die Wiener Polizei mehr taktisches Wissen drauf hat als die griechische, die ja immerhin seit zwei Jahren im Dauerkrieg mit dem eigenen Volk – darunter viele Fussballanhänger – ist wage ich aus Erfahrung zu bezweifeln. Wien ist ja nochmals ein Eckerl grösser als Saloniki.

Vielleicht hat die UEFA aber einen lichten Moment und verordnet ein Geisterspiel (oder zumindest ein Verbot von Gästefans) – zwar verheerend für die vielen Rapidanhänger, die damit nichts zu tun haben – aber eine vernünftige Lösung für das aufgeheizte Klima zwischen Rapid und PAOK. Fussball spielt da nämlich keine grosse Rolle mehr, zu sehr überwiegen die Rachegelüste.

Ganz zum Schluss noch eines: Beim Lesen der diversen Berichte von Mitgereisten wird mit keinem Wort erwähnt, was untertags in der Stadt passiert ist. Denn das wäre auch wichtig um die weiteren Ereigenisse bewerten zu können. Ein einziges Video, wo Rapidfans beim Weissen Turm sind, ist verfügbar, dort sieht man aber auch nichts von Ausschreitungen und ähnlichem. Insoferne ist der Wissensstand der diesen Zeilen zugrunde liegt nur ein rudimentärer.