Liebe Eva Glawischnig,
Lieber Peter Pilz,
ich stimme Ihnen/Euch zu, dass die Wehrpflicht in der derzeitigen Form abgeschafft werden soll. Keine Frage, die Wehrpflicht wie sie derzeit gelebt wird hat keinen Sinn, da sie verlorene sechs Monate sind und in dieser Zeit auch keine Soldaten ausgebildet werden können. Dazu fehlt die Zeit, dazu fehlt das moderne Gerät und das Kaderpersonal. Ausserdem sind die meisten Wehrpflichtigen Systemerhalter und damit billige Arbeitskräfte für den Staat.
Was ich in der derzeitigen Diskussion aber vermisse ist die Beantwortung folgender Fragen oder Punkte: wie sieht die Aufstellung des Heeres genau aus ? Damit meine ich nicht das Personal – das ist ausgeführt worden sondern die Ausrüstung. Mit der derzeitigen veralteten Ausrüstung hat ein Berufsheer höchstens Operettencharakter. Soll heissen, es muss neues Gerät angekauft werden, dazu natürlich auch Spezialisten, die unsere Soldaten damit vertraut machen. Wer wartet diese komplizierten Geräte ? Machen das dann die Soldaten, die dann auch wieder nur Systemerhalter oder besser gesagt Systempfleger werden oder wird das dann durch private Firmen erledigt ? – Vor allem: was kostet eine Neuausrüstung eines Profiheeres inklusive aller Nebenkosten ? – Denn wie gesagt, ist ein Profiheer mit veralteter Ausrüstung Nonsens. Ausserdem können Berufssoldaten auch ausserhalb der EU jederzeit eingesetzt werden, wie es ja auch jetzt schon passiert. Man riskiert damit – auf längere Sicht gesehen – tote österreichische Soldaten irgendwo am Ende der Welt. Klingt polemisch ist aber sicherlich eine Realität die auf uns genauso zukommen könnte wie eine Wehrpflicht für junge Frauen. Welches der beiden Dinge einschneidender im Leben junger Leute ist möchte ich dahingestellt lassen. Vor allem können Sie als Grüne nicht garantieren, dass dies nie passieren wird.
Was passiert mit den Zivildienstplanposten ? Ich bin ja dafür, dass junge Menschen nicht als billige Hilfspflegekräfte missbraucht werden sollen aber andererseits wird das Freiwillige Sozialjahr wohl auch erst in ein paar Jahren wirklich greifen da es am Anfang wohl nicht genügend Freiwillige geben wird. Oder ist da etwa – versteckt – geplant, Langzeitarbeitslose zwangs zu verpflichten bzw. sich aus dem Osten günstige Kräfte zu holen wie es manche ausgelagerte Firmen der Stadt Wien im Pflegebereich schon jetzt machen ? Kann man 12.000 wegfallende Zivildiener sofort nahtlos ersetzen oder wird der Pflege- und Blaulichtorgansiationsdienst zusammenbrechen weil es niemanden gibt, der die ausfallenden Zivildiener sofort ersetzen kann ? Es redet sich halt leicht, dass man jungen Leuten anständige Bezahlung mit Berufsperspektiven – gerade in diesem Bereich – geben muss, ich argwöhne jedoch (aus Erfahrung) dass sich nicht genügend junge Menschen dafür finden, da es ja jetzt schon im Pflegebereich Engpässe gibt, die mit billigem Importpersonal (wenn man das so sagen darf) abgedeckt werden müssen. Würde sich das dann mit dem Freiwilligen Sozialjahr ändern ?
Diese Frage beschäftigt sicherlich die ältere Generation die auf diese Dienste angewiesen ist.
Abschliessend ist noch zu sagen, dass ich es schade finde, dass es keine allgemeine Abstimmung bezüglich anderer, wichtigerer Themen (Griechenland etc.) gegeben hat und jetzt das Volk ohne näheres Hintergrundwissen oder sachliche Kenntnis der Lage über die Wehrpflicht abstimmen soll. Dies wäre verdammt nochmal die Schuldigkeit der Politiker.
Auch hat es in meinen Augen keine sachliche Information bzw. Diskussion darüber gegeben was ich gerade von den Grünen schade finde. Ein knappes Dossier mit den sieben grössten Befürchtungen ist für mich nicht ausreichend. Es gab keine tiefgreifende Diskussion in den Medien oder generell der Öffentlichkeit ausser nichtssagenden Fernsehrunden, Kronenzeitungspolemik und nichtssagenden Plakaten. Schade. Dass andere Parteien nur polemisch an die Sache herangehen bin ich ja schon gewohnt.
Mit freundlichen Grüssen