1. FC KÖLN
Krawall
im Stadion war lange geplant
Von
Tim Stinauer, 07.05.12, 20:53h, aktualisiert 07.05.12, 21:37h
Nach der Krawalle: Die Polizei
geht derzeit Hinweisen nach, wonach es bereits vor Anpfiff in Ultrakreisen
geheißen haben soll: „Das Stadion wird brennen.“ Die FC-Fans stellen sich
eindeutig gegen die Ultra-Anhänger ihres eigenen Vereins.
Köln -
Nach
den Ausschreitungen am Samstag droht dem 1. FC Köln in der nächsten Saison ein
sogenanntes Geisterspiel ohne Zuschauer. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat
den Verein am Montag zu einer Stellungnahme zu den Krawallen aufgefordert. Klar
scheint inzwischen, dass ein kleiner Teil der Zuschauer im Stehplatzbereich der
Südkurve den Platzsturm nach Spielschluss von langer Hand vorbereitet hat. Die
Polizei verfolgt Hinweise, denen zufolge in Ultrakreisen schon vor dem Spiel
verbreitet worden sein soll, dass es „ab der 85. Minute im Stadion brennt“.
Insgesamt 16 abgebrannte Rauchgranaten fanden die Ermittler nach Schlusspfiff
in der Südkurve. Insider vermuten, dass Komplizen die Sprengkörper, die so groß
sind wie eine Konservendose, während des Spiels unbemerkt durch die Zäune ins
Stadioninnere weitergeben haben. Welche Personen konkret Rauchgranaten und
Pyrotechnik gezündet haben, hofft die Polizei anhand der Videoüberwachung
festzustellen. Entsetzte Fans ließen den Ermittlern außerdem unaufgefordert
Fotos von den Krawallen zukommen, auf denen ein Teil der Chaoten zu erkennen
sein soll. Tausende riefen schon während der Ausschreitungen Parolen wie „Nie
mehr Wilde Horde“. Dass sich Fans so offen gegen die Ultra-Anhänger des eigenen
Vereins positionieren, ist bundesweit einmalig. „In dieser Deutlichkeit kannte
ich das bisher nicht. Wenn es am Samstag neben den vielen negativen einen
positiven Aspekt gegeben hat, dann diesen“, sagte der FC-Fanbeauftragte Rainer
Mendel. „Es ist ganz wichtig, dass der Großteil unserer Fans den 60, 70
Krawallmachern die Stirn geboten hat. Das ist das wahre Gesicht unserer Fans.“ Im
Sommer will der Verein sich Gedanken machen, wie mit dem Thema Gewalt im
Stadion künftig umzugehen ist. „Das hat sich auch unser Vorstand unter anderem
zu einer seiner Hauptaufgaben gemacht“, sagte Mendel. Schon wird beim DFB und
der Deutschen Fußball-Liga (DFL) überlegt, nach englischem Vorbild auch
hierzulande die Stehplätze abzuschaffen und Eintrittspreise zu erhöhen, um
Gewalttäter auszusortieren. „Ich persönlich fände das sehr bedauerlich“, sagte
Mendel. „Aber ein Vorfall wie der am Samstag hilft auch nicht, diese Diskussion
im Keim zu ersticken.“