Fußballspiel mit einem Zuseher: Betrugsverdacht
Wettskandal oder Zufall: Was sich in den vergangenen zwei Wochen beim FCJ Alt-Ottakring zugetragen hat, ist jedenfalls skurril. Alt-Ottakring (sechste Liga) hatte den niederösterreichischen 1. FC Bisamberg (siebente Liga) zu einem Freundschaftsspiel geladen.
Mysteriöser Zuschauer am Spielfeldrand
Bisamberg konnte nicht mit seiner besten Mannschaft anreisen. Die Ottakringer erfuhren das erst kurz vor Spielbeginn. „Die Kampfmannschaft hatte in dieser Woche schon zwei Testspiele absolviert. Die Spieler haben sich regenerieren müssen“, sagt Franz Holzer, Sektionsleiter des 1. FC Bisamberg gegenüber „Wien heute“. Deshalb kam die Reservemannschaft mit einigen Jugendspielern zum Einsatz. Alt-Ottakring gewann mit 14-0.
Es soll keine Zuschauer gegeben haben – bis auf einen Mann, der laufend auf seinem Handy tippte. Rene Alscher, Obmann des FCJ Alt-Ottakring, war darüber verwundert: „Ich hab ihn gefragt, was er da macht, ob er mit jemandem befreundet oder verwandt ist. Er hat mir gesagt, dass er das Spiel mittickert.“ Offenbar arbeitete der Mann für einen Wettanbieter. Denn als Alscher am nächsten Tag im Internet nachforschte, fand er mehrere Wettportale, auf denen das Spiel offenbar angeboten worden war.
Falsches Endergebnis auf Wettanbieter-Seite
Auf das Freundschaftsspiel konnte bei mehreren ausländischen Wettanbietern gesetzt werden, mindestens einer von ihnen hatte einen falschen Endstand angegeben. Laut der montenegrinischen Website „Cloudbet“ endete das Spiel 10-0 für Alt-Ottakring. Man wolle nicht sagen, aus welcher Quelle das Ergebnis stamme, so Cloudbet: „Diese Informationen geben wir nicht weiter. Bei solchen Spielen kann es aber in seltenen Fällen zu einer Diskrepanz beim Endergebnis kommen.“ Tatsächlich hätten „einige Leute“ auf die Partie gesetzt: „Solche Wetten sind durchaus populär.“
Sachverständiger Markus Knasmüller ist Experte in Sachen Wettbetrug. Er hat mehrere Gutachten zu Wettskandalen in Österreich erstellt und Cloudbet ein bisschen näher unter die Lupe genommen. Es sei möglich gewesen, dort live auf das Spiel zu wetten, sagt Knasmüller: „Das ist sehr ungewöhnlich. Noch dazu trifft dieser Anbieter die Auswahl der Freundschaftsspiele tatsächlich so, dass hier ein Schwerpunkt auf Spielen zwischen österreichischen Vereinen der sechsten und siebenten Liga vorhanden ist.“
Sandro aus der Schweiz
Der mysteriöse Zuschauer und das falsche Ergebnis auf der Website verwunderten Rene Alscher. Was aber dann geschah, veranlasste ihn endgültig dazu, den Fall beim Bundeskriminalamt zu melden. „Zwei, drei Tage später läutet plötzlich mein Mobiltelefon. Es ist eine Schweizer Nummer und jemand stellt sich als Sandro vor“, erzählt Alscher. „Er wollte wissen, wie das Spiel ausgegangen ist. Ich habe ihn gefragt, warum ihn das interessiert. Wir haben eigentlich keine Fans in der Schweiz.“
Sandro habe gemeint, er hätte mit einem Bekannten des gegnerischen Vereines über den Ausgang gewettet: „Er wollte eine Bestätigungs-Mail, dass das Spiel tatsächlich so ausgegangen ist.“ Danach schickte Alscher Sandro einen Link, der zum Endergebnis auf der Website des FCJ Alt-Ottakring führte. Als Sandro damit nicht zufrieden war und weiterhin auf eine persönliche Bestätigung pochte, reichte es Alscher. Er meldete den gesamten Fall dem Bundeskriminalamt, das bereits Ermittlungen eingeleitet hat.
„Solche Spiele sind leichter zu manipulieren“
„Sandro aus der Schweiz“ wiederholte im Telefoninterview seine Version der Geschichte. Es sei bei der Wette mit einem Freund um ein Luxus-Abendessen im Wert von 300 Franken gegangen. Allerdings sei er sich nicht mehr sicher, ob sein Freund tatsächlich Kontakt zu Bisamberg habe. Er wollte weiterhin eine Bestätigungsmail zum Endergebnis.
Experte Knasmüller will anhand der Indizien keine definitive Einschätzung abgeben. Zu Wettbetrug in niedrigen Spielklassen hat er aber eine klare Meinung: „Ganz klar sind solche Spiele leichter zu manipulieren, als Pflichtspiele in höheren Ligen. Spieler verlieren im Regelfall nur ungern. Wettbetrug heißt, dass ich freiwillig oder gegen Bezahlung verliere. Das mache ich in Freundschaftsspielen natürlich viel eher, als in wichtigen Pflichtspielen.“
Verwunderung bei Bisamberg
Beim 1. FC Bisamberg kann man sich die Vorkommnisse nicht erklären: „Ich traue unseren Spielern wirklich nicht zu, dass sie ein Testspiel manipulieren oder sich bestechen lassen“, sagt Sektionsleiter Holzer überrascht und kritisiert, dass auf so ein Spiel überhaupt gewettet werden kann.
Nach der Meldung der Vorfälle ist nun das Bundeskriminalamt am Zug, dass sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen zu der Causa nicht äußern wollte.
Michael Hammerl, wien.ORF.at