Dienstag, 5. Januar 2016

Ami Klamauk

Von Behörden einfach ignoriert

Schwer bewaffnete Männer, die ein Regierungsgebäude in Beschlag nehmen und die US-Bundesbehörden herausfordern: Einige Tage lang hat es in Oregon so ausgesehen, als ob rechte Milizen eine blutige Konfrontation provozieren könnten. Dementsprechend groß war das Medienecho. Mittlerweile ist der Grund für die Proteste obsolet - und die Milizionäre wurden keine „Helden“, sondern Spottfiguren.
Entzündet hatte sich alles an der Verurteilung wegen Brandstiftung. Zwei Farmer - Vater und Sohn - wurde laut Medienberichten angelastet, auf Land der Bundesregierung ein Feuer gelegt zu haben, um Spuren von Wilderei zu verwischen. Die beiden argumentieren, sie hätten nur auf ihrem Land Wiesen abgebrannt, das Feuer habe sich dann auf Bundesgebiet ausgebreitet.

Milizionäre aus anderen Bundesstaaten

Der Vater saß Medienberichten zufolge deswegen bereits drei Monate in Haft, sein Sohn ein Jahr. Ein Richter ordnete aber noch einmal jeweils rund vier Jahre Gefängnis an. Gegen die Entscheidung demonstrierten am Samstag in der Stadt Burns etwa 300 Menschen. Unter die Einwohner mischten sich Mitglieder militanter Bürgerwehren aus mehreren US-Bundesstaaten, darunter Ammon Bundy, der sogleich die Anführerrolle übernahm, und zwei seiner Brüder.
Sie sind die Söhne von Cliven Bundy, der im Jahr 2014 in Nevada durch eine Auseinandersetzung mit den US-Bundesbehörden um Weiderechte größere Aufmerksamkeit erregt hatte. Mehrere Dutzend Bewaffnete fuhren nach dem Protestmarsch zum Hauptquartier des entlegenen Malheur National Wildlife Refuge und besetzten das zu diesem Zeitpunkt verlassene Verwaltungsgebäude.

Starke Worte

Ammon Bundy sagte in einem CNN-Interview, die US-Regierung nehme für sich Land und Ressourcen in Anspruch, die dem Volk gehörten, dieser „Missbrauch“ müsse aufhören. Es sei Zeit, sich dagegen zu erheben. Man werde so lange bleiben, „wie es nötig ist - Tage, Wochen oder sogar noch länger“. Der Tageszeitung „The Oregonian“ sagte er, dass bis zu hundert Menschen das Verwaltungsgebäude in Beschlag genommen hätten. Ein „Guardian“-Reporter an Ort und Stelle vermeldete allerdings deutlich weniger Besetzer. Ammons Bruder Ryan meint gar, wenn es sein müsse, werde man „töten oder getötet“ werden.

Behörden lernten aus Vorfall von 2014

Angesichts der starken Worte wurde die Besetzung zu dem Thema der US-Medien. Ein Ähnliches Szenario wie 2014 wurde erwartet. Die bewaffneten Viehzüchter weigerten sich damals tagelang, ihre auf Land des Bundes grasenden Herden abzuziehen. Selbst den Sondereinsatzkommanden der Bundesbehörden trotzten sie - und wurden so zu Helden jener, die die Bundesregierung in Washington nicht anerkennen.
Doch diesmal ging der Plan nicht auf. Die Behörden ignorierten die Milizionäre im Wesentlichen, nur der Sheriff von Harney County, David Ward, forderte die Aktivisten dazu auf, ihren Protest zu beenden. „Geht nach Hause zu Euren eigenen Familien und beendet dies friedlich!“, sagte Ward.
Die beiden verurteilten Farmer traten schon am Montag ihre Strafen in einer Justizanstalt in Kalifornien an. Ihr Anwalt hatte schon zuvor gesagt, die beiden distanzierten sich von den Besetzern, diese würden nicht für sie sprechen. In der Stadt Burns tauchten schon am Wochenende „Militia Go Home“-Schilder auf, die die Bewaffneten zum Gehen aufforderten.

Spott für „Y’all Qaeda“ und „Talibundy“

War zunächst in Medien und Sozialen Netzwerken noch diskutiert worden, ob es sich bei den selbst ernannten „Freiheitskämpfern“ nicht schlichtweg um Terroristen handelt, schlug der Ton in Spott und Hohn um. In Anspielung auf den Südstaatenslang geistern Bezeichnungen wie „Y’all Qaeda,“ „Vanilla ISIS,“ „Yee Hawdists“, „Yokel Haram“ und „Talibundy“ durchs Netz, fasst Mashable zusammen. „Die YeeHawdisten glauben, dass im Himmel 72 jungfräuliche Stipperinnen namens Brandi sie erwarten, wenn sie bei der Verteidigung ihrer Heimat sterben“, heißt es etwa in einem Tweet.
Es sei schon „tragikomisch, wenn eine Handvoll begriffsstutziger weißer Deppen im ihrem besten Sonntagstarnanzug“ beschließen, mit ihren Waffen zu einer „kleinen Regierungsbaracke zu kommen, und so tun, als sei das eine Art von Aufstand gegen Tyrannei“, heißt es im Blog The Concourse, der zur Gawker-Gruppe gehört.

Auf die Jause vergessen

Hatte Ammon Bundy am Wochenende noch via Facebook andere Milizen aufgefordert, sich den Protesten anzuschließen, postete später einer seiner Mistreiter, man möge doch wenigstens ein paar Snacks vorbeibringen. Auch hier überboten sich User mit Spott: „Echt jetzt, die haben die Jause vergessen? Amateure“, hieß es etwa. Andere schlugen vor, den strammen Amerikanern „typisch amerikanische Gerichte“ wie Falafel und Nachos im Niemandsland des Vogelschutzgebiets vorbeizubringen.

Selbst Milizführer sprechen von „Idioten“

Sogar aus den eigenen Reihen setzte es Kritik. Cliven Bundy sagt dem Sender OBP, die beiden verurteilten Farmer hätten seine Familie zu Hilfe gerufen, würden das öffentlich aber nicht zugeben. Und er scheint Zweifel an der Aktion zu haben: „Ich denke mir, was geht die Bundy-Familie eigentlich Harney County, Oregon an?“
Stewart Rhode, Chef der rechtsradikalen Miliz Oath Keepers, sprach von „kampfeslüsternen Kiffern“ in Oregon. Der ehemalige Milizführer Mike Vanderboegh meinte, in der Gruppe seien „Soziopathen und Idioten“, einige würden vielleicht sogar für die Regierung arbeiten.
Alex Jones, der rechte Oberverschwörungstheoretiker der USA, schlug in eine ähnliche Kerbe: Die Milizen seien wohl von Behörden infiltriert worden. Man sei in eine Falle der Regierung gegangen, die aus der Situation heraus eine Art Ausnahmezustand ausrufen wolle. Das würde Washington nur stärken - und zudem von den Plänen von US-Präsident Barack Obama für schärfere Waffengesetzte ablenken.