Sonntag, 18. März 2012
Samstag, 17. März 2012
Eintracht Frankfurt vs. Dynamo Dresden
2. Fussball-Bundesliga
Ausschreitungen nach Frankfurts Sieg gegen Dresden
Freitag, 16. März 2012 22:00
Durch einen
Heimerfolg gegen Dresden ist Frankfurt erst einmal Spitzenreiter. Lokalrivale
FSV erkämpft einen Punkt in Braunschweig. Union siegt in Aachen.
In souveräner Manier hat Eintracht Frankfurt die Tabellenführung in der 2.
Fußball-Bundesliga vorerst zurückerobert. Der Absteiger aus dem Oberhaus
bezwang Dynamo Dresden am Freitagabend zum Auftakt des 26. Spieltages mit 3:0
(3:0) und verdrängte damit zumindest für eine Nacht die SpVgg Greuther Fürth
von Platz eins.
Die Franken, zuletzt drei Wochen
hintereinander an der Spitze, treten erst am Samstag im bayerischen Derby bei
1860 München an. Alemannia Aachen musste gegen Union Berlin eine bittere 1:3
(1:2)-Schlappe einstecken und verharrt auf dem Relegationsplatz 16. Eintracht
Braunschweig und der FSV Frankfurt trennten sich torlos.
Schon lange vor der Pause hatte die
Frankfurter Eintracht gegen fast wehrlose Dresdner den fest eingeplanten Dreier
als auch den vorübergehenden Sprung an die Spitze im Sack. Alex Meier (3.),
Erwin Hoffer (14.) und Mohamadou Idrissou (34.) nutzten die drückende
Überlegenheit der Hessen zu drei schönen Treffern.
Die beste Chance der ansonsten klar
unterlegenen Gäste vergab Mickael Poté (44.): Aus eigentlich guter Position
schloss er völlig überhastet ab. Die Frankfurter Sebastian Jung (63.) und
erneut Meier (64.) hätten den Sieg angesichts ihrer Großchancen noch ausbauen
müssen.
„Wir wussten, dass Dresden zuletzt gut
gespielt hatte, aber ich denke, wir haben ganz souverän gewonnen“, sagte
Frankfurts Torschütze Meier. Dresdens Trainer Ralf Loose war nach dem Spiel
bedient: „Wir haben viel zu viele Chancen zugelassen, so kann man hier nicht bestehen.“
Jagdszenen in Frankfurt
Nach dem Duell kam es zu schweren
Ausschreitungen. Nachdem die rund 500 Dynamo-Fans von Sicherheitsbeamten aus
dem Stadion geführt worden waren, spielten sich Jagdszenen ab, es wurden
Feuerwerkskörper geworfen. Vermummte Eintracht-Anhänger sollen den Dresdnern
bereits aufgelauert haben. Über mögliche Verletzte wurde zunächst nichts
bekannt.
Trotz Verbots des Deutschen Fußball-Bundes
(DFB) und eindringlichen Appells vom Verein waren rund 500 Dynamo-Fans nach
Frankfurt gereist und hatten sich sogar Zugang zum Stadion verschafft. Die
Anhänger postierten sich neben dem gesperrten Gästeblock.
Das DFB-Bundesgericht hatte die Sachsen nach
den massiven Ausschreitungen im Pokalspiel bei Borussia Dortmund am 25. Oktober
(0:2) zu einem „Geisterspiel“ gegen den FC Ingolstadt sowie zum Ausschluss der
eigenen Fans beim Spiel in Frankfurt verurteilt.
Die im Keller feststeckende Alemannia aus
Aachen ereilte nur 31 Sekunden nach Wiederanpfiff der K.o. Der erste schnelle
Berliner Angriff im Anschluss an Trainer Friedhelm Funkels wenig effektive
Kabinenansprache endete gleich wieder mit einem Gegentor – zum dritten Mal an
diesem Abend.
Unions Patrick Zoundi (46.) sorgte für einen
Blitzstart nach der Pause und überrumpelte den schwachen Keeper Boy Waterman
wie zuvor bereits Chinedu Ede (23.) und Simon Terodde (41.). Bei Timo
Achenbachs zwischenzeitlichem Ausgleich (28.) sah auch der Gegenüber des
niederländischen Torwarts schlecht aus: Eine an sich harmlose Flanke von
Achenbach fast von der linken Eckfahne lenkte Berlins Keeper Jan Glinker
kurioserweise ins eigene Netz.
„Der Ball wird immer länger und fällt hinten
rein. Da habe ich mich leider verschätzt“, meinte Berlins Schlussmann Glinker,
konnte aber nach dem Sieg über sein Missgeschick schmunzeln. „Das ist natürlich
keine einfach Situation. Das zehrt an jedem. Jedem ist die Lage des Vereins
bewusst. Aber Rumjammern nutzt nichts, wir müssen Punkte holen“, sagte Aachens
Stürmer Benjamin Auer.
Fast gar nichts los war in Braunschweig. In
einer schwachen Partie agierte der abstiegsgefährdete FSV noch etwas
vielversprechender – im Abschluss aber blieben die Frankfurter äußerst
ineffektiv. Durch den Punktgewinn verbesserten sich die Gäste immerhin auf Rang
12.
„Das Wichtigste ist, dass wir defensiv gut
gestanden und zu null gespielt haben“, sagte Frankfurts Trainer Benno Möhlmann,
der nun mit „Sicherheit und Zuversicht“ auf die nächsten Aufgaben blickt.dpa, sid/fb
http://www.morgenpost.de/sport/fussball/article1929968/Ausschreitungen-nach-Frankfurts-Sieg-gegen-Dresden.html
http://www.hr-online.de/website/rubriken/sport/index.jsp?rubrik=38120&key=standard_document_41431325
+++
Ausschreitungen nach Eintracht-Spiel +++
Nach dem Spiel zwischen der
Eintracht und Dynamo Dresden ist es am Freitagabend zu Ausschreitungen zwischen
Fans gekommen. Wie ein Polizeisprecher zu hr-online sagte, hatten rund 200
Eintracht-Anhänger etwa 200 Dresden-Fans an einem Parkplatz am Stadion
abgepasst und attackiert. Dabei seien auch Sicherheitskräfte mit Böllern und
Flaschen beworfen worden. Ein Polizeiwagen wurde beschädigt. Die Polizei habe
die Frankfurter aber zurückdrängen und die Dresdner zum Bahnhof begleiten
können. "Es gab eine geringe Anzahl an Festnahmen", sagte der
Sprecher der Polizei. Von Verletzten war ihm nichts bekannt. Später hätten
Eintracht-Fans eine S-Bahn mit Anhängern der Dresdener angegriffen, doch auch
hier habe die Polizei die Situation rasch in den Griff bekommen. Während des
Spiels hätten sich die rund 400 Dresden-Fans "vollkommen friedlich"
verhalten, sagte der Sprecher. Der DFB hatte Dresdner Fans den Besuch des
Spiels als Strafe für frühere Ausschreitungen untersagt.
Mittwoch, 14. März 2012
Kölner Medien"karneval"
Erklärung der Wilden Horde Köln 1996 zu den
Vorfällen nach dem Auswärtsspiel in Sinsheim
Die auf dem Rastplatz Siegburg vorgefallenen Situationen wurden weder von der Wilden Horde organisiert, noch mitgetragen. Die meisten Mitglieder unserer Gruppe befanden sich zum Zeitpunkt der Geschehnisse bereits in Köln und wurden erst einen Tag später durch die Medien über die Vorfälle informiert. Dementsprechend distanzieren wir uns als Gruppe von den Geschehnissen, die nach dem Auswärtsspiel des 1. FC Köln in Sinsheim am Rastplatz Siegburg vorgefallen sind.
Aufgrund der laufenden Verfahren sowie der Vielzahl an Behauptungen, dessen Wahrheitsgehalt wir gegenwärtig nicht einschätzen können, möchten wir uns zu dem Vorwurf, dass einzelne Mitglieder unserer Gruppe an diesen Vorfällen beteiligt sein könnten, nicht äußern.
Alle Fans des 1. FC Köln möchten wir bitten, keine voreiligen Urteile aufgrund der medialen Berichterstattung zu fällen. Den Journalisten, die den Namen unserer Gruppe bzw. einzelner Mitglieder in ihre Berichte einbauen, sei mitgeteilt, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch für die Presse gilt. Mit den Entscheidungsträgern des 1. FC Köln möchten wir gerne einen persönlichen Dialog führen. Außerdem stehen wir allen FC-Fans für einen konstruktiven Dialog ebenfalls zur Verfügung.
Wilde Horde Köln 1996 im März 2012
"Wilde Horde" nach
Attacke am Pranger
Polizei
ermittelt gegen Ultras-Vorsitzenden
zuletzt aktualisiert: 07.03.2012 - 16:53
Köln
(RPO). Nach
der Attacke von Kölner Hooligans auf einen Fanbus von Borussia Mönchengladbach
hat die Polizei erste Tatverdächtige ermittelt. Die Ultra-Gruppierung
"Wilde Horde" steht am Pranger, ihr Vorsitzender soll unter den
Verdächtigen sein.
Insgesamt
zwölf Tatverdächtige konnte die Polizei bislang ermitteln. "Sie stammen
aus Köln sowie den Kreisen Euskirchen und Ahrweiler und gehören ausnahmslos als
sogenannte "Problemfans" der Ultraszene des 1. FC Köln an", hieß
es am Mittwoch in einer Mitteilung der Polizei.
Am
Dienstag hatte die Polizei die Namen der bis dahin ermittelten tatverdächtigen
Personen auch dem 1. FC Köln mitgeteilt, gegen insgesamt zehn an der
Attacke beteiligten Personen wurden daraufhin Verfahren zur Verhängung
mehrjähriger bundesweiter Stadionverbote angestoßen. Das teilte der Verein am
Dienstag mit. Unter den Tatverdächtigen befinden sich demnach auch eingetragene
Vereinsmitglieder. Gegen diese Personen hat der Klub jeweils ein
Vereinsausschlussverfahren eingeleitet.
Nach Informationen des
"Express" ist auch der Vorsitzende der "Wilden Horde" unter
den Tatverdächtigen. Der Kölner Fan-Beaftragte Rainer Mendel richtete
entsprechend deutliche Worte an die Ultras, die die größte Kölner
Fan-Gruppierung bilden. "Wir erwarten vom Fanklub 'Wilde Horde' eine
öffentliche Distanzierung von den Tätern und eine Entschuldigung bei den
Betroffenen der Attacke auf den Bus der Anhänger von Borussia
Mönchengladbach" sagte Mendel in einer Mitteilung, die der Klub auf seiner
offiziellen Homepage veröffentlichte. "Darüber hinaus erwarten wir von der
'Wilden Horde', dass sie alle an der Attacke beteiligten Mitglieder des
Fanklubs, unabhängig von ihrer Position oder Funktion, ausschließt."
Auch
der Verwaltungsratsvorsitzende der Kölner, Werner Wolf, fordert den Ausschluss
der Gewalttäter aus den Fan-Gruppen. "Keiner der Täter sollte in Kölner
Fanklubs weiter geduldet sein." Bereits in der Hinrunde hatte der Verein
der "Wilden Horde" bestimmte Privilegien (Arbeitsausweise, die
Nutzung von Räumlichkeiten im Stadion) entzogen, nachdem es im letzten
Heimspiel der vergangenen Saison zu einem tätlichen Angriff auf einen
Sportstätten-Mitarbeiter und einen Polizisten gekommen war. Erst vor einem
Monat waren die Sanktionen wieder aufgehoben worden.
Ein
Bus mit Gladbacher Fans war am Sonntagabend auf dem Rückweg vom Auswärtsspiel
in Nürnberg zunächst auf der Autobahn bedrängt worden. Am Rastplatz
Siegburg-Ost war es dann zur Eskalation gekommen. Mit Schlagstöcken und
Pflastersteinen waren Kölner Anhänger auf den Bus losgegangen und hatten die
Scheiben eingeschlagen. Nur durch die schnelle Reaktion des Busfahrers wurde
Schlimmeres verhindert.
Wie
die Polizei nun mitteilte, hatten die mit den Gewalttätern besetzten Fahrzeuge
zuvor auf der A3 zwischen 20 und 21.30 Uhr schon einen anderen Reisebus mit
Mönchengladbacher Fans mehrfach auffällig überholt. Verkehrsverstöße wurden
dazu nicht angezeigt. Diese Überholmanöver fanden ein Ende, weil der Busfahrer
sich entschloss, die Autobahn in Montabaur zu verlassen.
Die Ultra-Fan-Gruppierung „Wilde Horde 1996“ muss demnach
bei Heimspielen auf die Nutzung eines Arbeitsraumes und eines Verkaufsstandes
künftig verzichten. Arbeitsausweise soll es für Mitglieder des Clubs auch nicht
mehr geben. Zudem wird dem Fanclub für das Spiel am Samstag gegen Hertha BSC
untersagt, das Club-Banner im Stadion aufzuhängen. Mitglieder der Gruppierung
„Wilde Horde“ hatten am Sonntag einen Fan-Bus von Borussia Mönchengladbach
attackiert.
Der Bundesligaclub betonte, dass er ein klares öffentliches Signal der Entschuldigung und Distanzierung von dieser Gewalttat verlangt habe. Außerdem sei die Erwartung formuliert worden, tatverdächtige Personen aus dem Fanclub zu werfen. Mit einer Stellungnahme des Fanclubs habe man sich nicht zufriedengegeben, hieß es in einer Erklärung des Vereins am Donnerstag.
„Die uns durch die Polizei bekanntgemachten verdächtigen Personen schließen wir aus dem Verein aus und haben langjährige Stadionverbote gegen sie verhängt. Einzelne „Wilde-Horde“-Mitglieder sind leider trotz zahlreicher Gespräche in der Vergangenheit immer wieder durch Gewalttaten auffällig geworden. Deswegen haben wir uns zum Entzug der Privilegien anlässlich des neuen Vorfalls gezwungen gesehen“, erklärte Claus Horstmann, Vorsitzender der Geschäftsführung des 1. FC Köln.
Kämpfen für die Friedhofstribüne
Am Sportclub-Platz könnten schon 2013
die Bagger rollen. Die alte Friedhofstribüne soll abgerissen werden, den Neubau
will die Stadt Wien mit einem Wohnprojekt kombinieren. Im ballesterer-Interview
sprechen drei Vertreter der »FreundInnen der Friedhofstribüne« über ihre
Bedenken gegen Wohnen am Fußballplatz, den notwendigen Erhalt von Freiräumen
und die Schlagseite bei der Vergabe öffentlicher Gelder zugunsten der Wiener
Großvereine.
Die Pläne der Stadt Wien und des
Bauträgers ARWAG auf dem Sportclub-Platz sehen eine Umwidmung des Grundstücks,
auf dem die Friedhofstribüne steht, in Bauland vor. Die dafür zuständige
Planungsstadträtin Maria Vassilakou von den Grünen hat für dessen Einleitung
einen breiten Konsens mit dem Wiener Sportklub und dessen Fans gefordert. Laut
aktuellem Stand soll ein Haus mit drei Wohntürmen entstehen, in dessen Bauch
die Friedhofstribüne sowie die Klubräumlichkeiten des WSK untergebracht würden.
Doch wie der ballesterer in seiner aktuellen
Ausgabe berichtet regt
sich gegen diese Variante Widerstand unter den Fans …
ballesterer:
Nach Jahren der Untätigkeit und zunehmender Baufälligkeit ist in den letzten
Monaten Bewegung in das Projekt Friedhofstribüne neu gekommen. Wie sind die
Gespräche bis dato verlaufen? Was war positiv, was negativ?
MARTIN ROSSBACHER: Positiv zu bewerten ist, dass darüber gesprochen wird, dass sich der Sportclub-Platz in einem desolaten Zustand befindet und etwas gemacht werden muss, um den Fußballbetrieb an diesem Ort weiterhin aufrechtzuerhalten. Genauso, dass wir Fans bei einzelnen Personen aus der Stadtpolitik Gehör finden.
KLAUS KIRCHMAYR: Ebenso erfreulich ist, dass bei der letzten Verhandlungsrunde mit dem Bauträger ARWAG neben dem WSK und den Fans auch der Wiener Sport-Club (von dem sich die Fußballabteilung 2002 abgespalten hat, Anm.) durch eine Architektin vertreten war, weil es für den WSC hinsichtlich der angestrebten Wiedervereinigung mit dem WSK ja von hoher Bedeutung ist, was mit dem Stadion passiert. Eher negativ sehe ich, dass der WSK seine Mitglieder relativ spät informiert hat und dadurch die Gerüchteküche angeheizt wurde.
Schon im Herbst 2010 ist ein Sanierungskonzept für die Friedhofstribüne erstellt worden, das einen Abriss und Neubau als einzig realistische Option nahelegt. Was sind die Anforderungen der Fans an eine neue Tribüne?
HERWIG SPIEGL: Wir sind im Prinzip recht genügsam. Aber wir wollen nicht zurückstecken und zumindest das, was jetzt vorhanden ist, auch in Zukunft garantiert sehen. Es geht darum, die Stehplatzkapazität der Friedhofstribüne zu erhalten oder im Idealfall auszubauen. Es muss einen Treffpunkt für die Fans geben. Das jetzige Fanlokal »Flag« funktioniert zwar ganz gut, mit jedem zusätzlichen Quadratmeter würde aber natürlich auch die Möglichkeit steigen, dass sich die Fans besser verwirklichen können. Es geht hier ja nicht nur um einen Fußballklub, sondern um einen kulturellen und integrativen Treffpunkt, der nicht nur an Spieltagen relevant ist.
KIRCHMAYR: Wir würden am Sportclub-Platz gern noch mehr Kulturveranstaltungen organisieren. Hernals und dem gesamten Westen Wiens mangelt es an alternativen Kulturräumen. Allein deshalb wäre es ratsam, sich den Ort, der neu gestaltet werden soll, noch ein bisschen besser anzuschauen.
Die aktuell von der Stadt forcierten Pläne sehen einen Tribünenneubau in Verbindung mit einem Wohnprojekt vor. Wie steht ihr diesem Vorhaben gegenüber?
SPIEGL: Aus
unserer Sicht ist es keine Verbindung dieser beiden Vorhaben, sondern ein
Nebeneinander, bei dem das wechselseitige Potenzial ungenutzt bleibt. Es werden
zwei Welten aufeinanderprallen. Und wenn die beiden Welten einander nicht
mögen, sind Brösel vorprogrammiert. Von daher wäre es sinnvoll, sich um ein
harmonischeres Konzept zu bemühen. Ideen gibt es viele: Die Friedhofstribüne
ist ein einmaliger Ort, den man für ein Vorzeigeprojekt nutzen sollte, mit dem
sich die Verantwortlichen dann zu Recht schmücken könnten.
Was wäre in
dieser Hinsicht vorstellbar?
SPIEGL: Die
Wien Energie ist Hauptsponsor des Sportklubs, der Verein verfügt über eine
alternative Fanszene, die »grünen« Themen und einer alternativen
Energiegewinnung sehr offen gegenüber steht. Von daher wäre es doch naheliegend
ein Dach zu konzipieren, das den für den Betrieb der Anlage benötigten Strom
selbst produziert. Und wenn schon Wohnen am Fußballplatz, warum bemüht man sich
nicht um fußballaffine Anrainer und baut beispielsweise ein Studentenheim. Es
müssen ja nicht alle Rollläden runtergehen, wenn ein Spiel ist.
KIRCHMAYR: In allen Plänen, die wir bisher gesehen haben, sind die Wohnungen durch eine gigantische, fensterlose Trennwand vom Stadion abgeschirmt. Es soll offensichtlich eine Abschottung erfolgen – und da frage ich mich nach der Sinnhaftigkeit dieses Nebeneinanders. Wenn schon eine gemeinsame Nutzung dieser Fläche, warum denkt man dann nicht beispielsweise an Büroräume, ein Fitnessstudio oder andere Lösungen, bei der man dem vorhersehbaren Risiko von Konflikten mit den Anrainern aus dem Weg geht? In dieser Hinsicht habe ich ganz grundsätzlich eine Ideenfindung in einer früheren Phase vermisst. Es sind sehr konkrete Pläne im Raum gestanden, die trotz aller Skepsis bis dato kaum verändert wurden.
KIRCHMAYR: In allen Plänen, die wir bisher gesehen haben, sind die Wohnungen durch eine gigantische, fensterlose Trennwand vom Stadion abgeschirmt. Es soll offensichtlich eine Abschottung erfolgen – und da frage ich mich nach der Sinnhaftigkeit dieses Nebeneinanders. Wenn schon eine gemeinsame Nutzung dieser Fläche, warum denkt man dann nicht beispielsweise an Büroräume, ein Fitnessstudio oder andere Lösungen, bei der man dem vorhersehbaren Risiko von Konflikten mit den Anrainern aus dem Weg geht? In dieser Hinsicht habe ich ganz grundsätzlich eine Ideenfindung in einer früheren Phase vermisst. Es sind sehr konkrete Pläne im Raum gestanden, die trotz aller Skepsis bis dato kaum verändert wurden.
Mit welchen
Argumenten wurde diese Wohnbauvariante verteidigt?
SPIEGL: Die Trennwand wurde zum Beispiel ganz banal damit argumentiert, dass ein Ball eine Fensterscheibe einschießen könne. Der Bauträger hat scheinbar auch das Gefühl, dass da zwei unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. Und da ist es heutzutage scheinbar der logische Schluss, eine Mauer aufzuziehen. Man kennt das ja auch aus verschiedenen anderen globalpolitischen Situationen. Das Problem ist, dass es keine gemeinsame Ideenfindung gegeben hat. Wer immer das plant, muss sich anschauen, welche Atmosphäre am Sportclub-Platz vor, während und nach einem Match entsteht. Dann wird man gewisse Probleme entdecken, kann aber auch das Potenzial erkennen, das dieser Ort hat. Wir haben das Gefühl, dass die Planer viel zu wenig Ahnung haben, was hier passiert. Beispielsweise von der Gastromeile auf der Alszeile hinter der Friedhofstribüne, wo nach einem Match einige hundert Besucher einen geselligen Abend verbringen.
ROSSBACHER: Laut den aktuellen Plänen soll die Kapazität der Tribüne wesentlich verkleinert werden. Das ist für uns nicht akzeptabel. Was zudem fehlt, ist ein Gesamtkonzept zur Sanierung der anderen Tribünen, die teilweise ebenfalls stark sanierungsbedürftig sind, und zur Drainage des Platzes. Da fragen wir uns schon: Warum wurde das nicht im Vorfeld analysiert und warum hat man keinen Architekturwettbewerb ausgeschrieben?
Wie sind die Gespräche mit Stadt und ARWAG aus eurer Sicht verlaufen? Seid ihr Zuhörer oder könnt ihr euch auch aktiv einbringen?
KIRCHMAYR: Beim ersten Runden Tisch zwischen Stadt, Verein und Bauträger waren die »FreundInnen der Friedhofstribüne« noch nicht dabei. Danach wurden Pläne erstellt, die man uns präsentiert hat. Diese Gesprächsrunde war durchaus offen und wir haben einiges kritisiert und Verbesserungsvorschläge gemacht. Ich habe allerdings die Bereitschaft vermisst, ernsthaft über Alternativen nachzudenken.
SPIEGL: Man hat uns zugehört, aber wir vermissen ein ernsthaftes Interesse an den Fans als Ideengeber. Damit ein Projekt wie dieses erfolgreich ist, sollte man versuchen, möglichst alle Interessen der Beteiligten einzubeziehen. Das ist ja auch eine Chance für den Bauträger. Denn es gibt wenige, die den Ort besser kennen als die Fans, die seit Jahren dort stehen.
ROSSBACHER: Die »FreundInnen der Friedhofstribüne« sehen es als ihre Aufgabe, möglichst viele Entscheidungsträger darauf aufmerksam zu machen, dass man das Projekt auch durchaus anders angehen könnte. Es ist klar, dass der wirtschaftliche Aspekt sehr zentral ist, aber das neue Stadion soll auch einen gesellschaftlichen Zweck erfüllen. Karitative Veranstaltungen wie der Ute Bock Cup und das »Goodball«-Turnier, die am Sportclub-Platz stattfinden, spielen in einer Gesellschaft, die sich mit Faktoren wie Migration und Integration auseinandersetzen muss, eine bedeutende Rolle. Und dessen sollten sich die Entscheidungsträger bewusst sein.
KIRCHMAYR: Wir befürchten, dass es sich die Stadt sehr einfach macht und einen Bauträger mit einem 08/15-Projekt beauftragt, um den »lästigen« Sportklub nicht mehr am Hals zu haben. Denn zwei Sachen sind klar: Es besteht akuter Handlungsbedarf und der Bauträger muss mit einem Gewinn aussteigen. Die Interessen der Fans könnten dabei auf der Strecke bleiben. Wenn das Grundstück verkauft und umgewidmet wird, kann das nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das neue Gesicht des Platzes wird jahrzehntelang bestehen bleiben. Und wir fürchten, dass sich der WSK durch die starke Baufälligkeit des Stadions in die Enge getrieben sieht und sich gezwungen fühlen könnte, zu große Kompromisse einzugehen.
Kann der Verein diesem Druck standhalten?
ROSSBACHER: Der WSK verfügt sicher nicht annähernd über die Verbindungen zur Stadtpolitik, wie sie Rapid und Austria haben. Auch wenn Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky im Kuratorium sitzt, haben wir keinen Rudolf Edlinger als Präsident und keine einflussreichen Leute wie Renate Brauner in der Vereinsspitze.
KIRCHMAYR: Wenn die Zugeständnisse zu groß sein sollten, hoffe ich darauf, dass der Verein seine Zustimmung verweigert. Es ist auf jeden Fall ein Aufschrei durch die Fanszene gegangen, als vor wenigen Monaten bekannt wurde, dass mit Rapid wieder ein Großklub eine Zusage in zweistelliger Millionenhöhe für seine Stadionpläne erhält. Wir werden seit Jahren mit dem Argument hingehalten, dass kein Geld vorhanden sei. Hier ist unser Verständnis enden wollend, auch wenn klar ist, dass wir ein kleinerer Fisch sind.
Angenommen der WSK knickt ein und stimmt einem Projekt zu, das für die Fans nicht tragbar ist. In welcher Form würdet ihr darauf reagieren?
KIRCHMAYR: Das ist durchaus kein unrealistisches Szenario. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Wiener Sportklub und seine organisierten Fans etwas Unterschiedliches wollen. Sollten wir vereinsintern nicht zusammenkommen, wären wir in einem solchen Fall natürlich bereit, auf allen Linien zu protestieren. Von der Nutzung unserer Kontakte, über den Gang an die Öffentlichkeit bis hin zu Aktionen. Ob wir uns an die Friedhofstribüne ketten, wenn eines Tages die Abrissbirnen kommen, darüber haben wir noch nicht gesprochen. Das wäre die letzte Eskalationsstufe. Wir sind aber auf jeden Fall bereit, für die Friedhofstribüne zu kämpfen. Schließlich werden wir die nächsten Jahrzehnte darauf stehen.
ROSSBACHER: Es gibt sowohl bei den Grünen als auch bei der SPÖ Politiker, denen der Erhalt von öffentlichen Freiräumen ein Anliegen ist. Die versuchen wir mit unseren Argumenten zu erreichen. Davon abgesehen habe ich das Gefühl, dass Besetzungen in Wien in den letzten Jahren eine kleine Renaissance erlebt haben.
SPIEGL: Am liebsten hätten wir eine Fußballtribüne ohne Bauprojekt. Auf der anderen Seite des Denkbaren steht ein Szenario, in das wir nicht eingebunden sind und das uns natürlich das Unliebste ist. Dazwischen gibt es viele Möglichkeiten, wo ich die Bereitschaft sehe, gewisse Kompromisse einzugehen. Bevor wir auf die Barrikaden steigen, werden wir sicher schauen, was es an Alternativen gibt.
Was denkt man sich als Sportklub-Fan, wenn man sieht, mit wie viel Geld die Wiener Großklubs bei ihren Stadionprojekten unterstützt werden.
ROSSBACHER: Die generelle Umverteilungsdebatte spiegelt sich offensichtlich auch in der Sportpolitik wider. Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch hier immer weiter auseinander. Das Geld fließt in erster Linie in Projekte, die öffentlichkeitswirksam sind und mit denen man sich entsprechend schmücken kann. Es regieren die Lobbys, die breite Förderung bleibt auf der Strecke. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Und Vereine wie der Sportklub scheinen dabei leider nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.
ZU DEN PERSONEN:
Martin Roßbacher (36) ist Sozialarbeiter, Obmann der »FreundInnen der Friedhofstribüne« und seit elf Jahren Stammgast am Sportclub-Platz. Der Projektmanager Klaus Kirchmayr (37) ist Schriftführer der Fanvereinigung und vertritt diese im Vorstand des Wiener Sportklub, an die Alszeile pilgert er seit seinem vierten Lebensjahr. Herwig Spiegl (38) ist Mitgründer und Partner des Wiener Architekturbüros »AllesWirdGut« und hat sein schwarz-weißes Herz vor drei Jahren entdeckt.
Dienstag, 13. März 2012
Sonntag, 11. März 2012
Rad Beograd - Novi Pazar
Eine immer wieder heisse Partie ist das Spiel zwischen Rad Beograd und Novi Pazar. Während die Fans des erstgenannten Vereines als serbische Nationalisten bekannt sind, haben die als "Bosniaken" bezeichneten Gästefans Wurzeln die noch ins Osmanische Reich zurückreichen und die meist moslemischen Glaubens sind. Der Hass der beiden Lager aufeinander wird mit Spruchbändern wie: "Zuerst die Messer, dann die Zäune und zum Schluss kommt Srebrenica !" geschürt, die von den Rad-Hools der "UNITED FORCE 1987" bei diesem Spiel gezeigt wurden. Die "Eisernen Fünfhundert", wie sie auch noch genannt werden haben damit ein weiteres Kapitel der Feindschaft geschaffen.
Ultras: Wer mit dem Feuer spielt
Innerhalb
kürzester Zeit ist Ultra beinahe zu einer Art Staatsfeind avanciert, mindestens
aber zur scheinbar größten Gefahr für die Sicherheit und Attraktivität des
Profifußballs in Deutschland und Europa. Die Mahner, Warner, Prediger und
Scharfmacher wider die Ultras beschwören jedoch Phänomene herauf, die aus den
Kurven längst verdrängt schienen. Denn was nach Ultra kommen könnte, wollen
viele offenbar weder sehen noch wahrhaben …
Beim
Hamburger Sport-Verein hing bei den letzten beiden Heimspielen eine
bemerkenswerte neue Blockfahne vor dem HSV-Fanblock 25A. In unübersehbarer
Größe direkt hinter dem Tor prangte ein schwarzes Banner mit der Aufschrift
„Die Löwen Hamburg“ in großen weißen Lettern, in einer Schrifttype aus dem
Kreis der Frakturschriften, flankiert von zwei Löwen. „Die Löwen“ waren in der
Achtzigern und Neunzigern eine der berüchtigtsten Hool-Gruppen des HSV, viele
Mitglieder waren eng verwoben mit der rechtsradikalen Szene der Hansestadt –
und außerdem an jenem Überfall im Altonaer Volkspark beteiligt, der den
Bremer Fan Adrian Maleika 1982 das Leben kostete, als er von einem Stein am
Kopf getroffen wurde. Sicherlich kein Zufall also, dass das neue Banner
erstmals im Heimspiel gegen Werder dort hing. Natürlich sind diejenigen, die
heute hinter diesem Banner stehen, nicht dieselben wie damals – aber dass eine
solche Platzierung ohne das Plazet der „alten Hauer“ möglich sein sollte,
erscheint auch wenig wahrscheinlich. Noch bemerkenswerter ist aber die
tatsächliche und symbolische Verdrängung des Banners, das in den vergangenen
Jahren an dieser Stelle hing: „Poptown Hamburg“ – die Kurvenfahne einer
HSV-Ultragruppe, der man zumindest nachsagen kann, dass sie sich politisch eher
links positioniert. Vor gut einem Jahr hing an gleicher Stelle über der
Poptown-Kurvenfahne der Schriftzug „Wir alle sind der HSV“ und darüber ein großes „Gegen
Diskriminierung“-Banner. Der symbolische Kontrast zwischen bunter und
emanzipatorischer Botschaft und martialischer, schwarz-weißer
Hooligan-Inszenierung könnte kaum größer sein. Risiken und Nebenwirkungen: Der
Hool von nebenan Nun kann man aus dieser Anekdote keinesfalls eine neue
Hool-Kultur oder gar einen Rechtsruck in der HSV-Fanszene konstruieren. Die
ganze Angelegenheit zeigt jedoch geradezu idealtypisch, was bei der derzeitigen
Ultra- und Gewaltdebatte schief läuft: Die Poptown-Fahne ist nämlich nicht
einfach so verschwunden, sondern der HSV hat der Gruppe nach einer Reihe von
Auseinandersetzungen – auch und vor allem rund um das Thema Pyrotechnik – Materialverbot
erteilt und den Status als offizieller Fanclub entzogen. Sie dürfen zwar
weiter ins Stadion, aber eben nur ohne Fahne, ohne Gruppensymbole und
dergleichen. In diese Lücke sind nun „Die Löwen“ gestoßen und haben ihr Revier
markiert, mit welchen Hintergründen, welcher Motivation und welchen Folgen auch
immer. Wer sich mit den Symbolen und Ritualen in Fanszenen halbwegs auskennt,
darf jedenfalls zumindest vermuten, dass damit auch ein territorialer Anspruch
verbunden ist, denn keine Gruppe schenkt den Platz der zentralen Blockfahne
hinter dem Tor einfach so her – und normalerweise wäre es ein Zeichen des
Respekts untereinander, diesen Platz leer zu lassen, wenn der Verein für diese
Leerstelle gesorgt hat. Die Auseinandersetzung zwischen Verein und Ultras, die
in einem Verbot für letztere mündet, hat damit in jedem Fall einen Raum
eröffnet, den eine Gruppierung mit altem Namen und negativer Vergangenheit
besetzen konnte. Mit dem harten Vorgehen und dem flankierenden medialen Dauerfeuer gegen Ultras und Pyrotechnik sind daher
Risiken verbunden, die bislang von den meisten Medien, Sicherheitsorganen und
Funktionären schlichtweg ignoriert werden.
Pyro suchen, Rechtsextreme
übersehen
Auf eine ähnlich gelagerte
Problematik macht der Fanprojektleiter des 1. FC Kaiserslautern, Erwin Ress,
aufmerksam: Vom Fußballmagazin „11 Freunde“ zu den vor Kurzem beim Training
auflaufenden Nazi-Hools befragt, die den israelischen Spieler Itay Shechter als
„Drecksjuden“ beschimpften, sagte Ress:
„Die aktuelle Debatte um Pyrotechnik beim
Fußball hat dazu geführt, dass Sicherheitskräfte und Vereine beinahe
ausschließlich damit beschäftigt sind, Ultras abzutasten und per Kamera zu
überwachen. Leute mit rechten Szene-Klamotten können hingegen oft unbehelligt
durchs Stadion spazieren. Zwar sind dort keine rechten Gesänge zu hören, doch
es gibt tatsächlich einige kleine Gruppen am Betzenberg, die sich durch rechte
Dresscodes als Neonazis zu erkennen geben.“
Kurz gesagt: Die Vereine
laufen Gefahr, dass ihnen Hools und Nazis im Stadion, die sich dort aber unauffällig verhalten,
weniger ins Auge fallen, als aufmüpfige, antiautoritäre Ultras, die durch
Provokation, politische Forderungen, Einflussnahme auf die Vereinspolitik und
permanentes Zündeln nerven. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, genauer
hinzuhören, was FCK-Manager Stefan Kuntz in einer ersten
Reaktion zu den Vorfällen sagte: „Das sind in unseren Augen
keine Fans, weil Rassismus hat hier bei uns, beim FCK weder eine Zukunft noch
eine Gegenwart und das nehmen wir uns dann auch nicht ernst.“ Natürlich
handelt es sich hierbei um eine Art Freud’schen Versprecher und Kuntz wollte
sicherlich sagen „das nehmen wir nicht hin“. Bemerkenswert ist aber die
traumwandlerische Sicherheit, mit der Kuntz glaubt, ein antirassistischer Grundkonsens
der Fans sei quasi ein natürlicher Zustand.
Antirassismus ist harte
Arbeit
Es sei deshalb ganz kurz
daran erinnert, dass dem keinesfalls so war oder ist: Bis weit in die Neunziger
hinein war es in sehr vielen deutschen Stadien gang und gäbe, schwarze Spieler
zu beschimpfen, ihnen Bananen zuzuwerfen oder vermeintliche Affengeräusche und
ähnliches mehr von sich zu geben. Bis heute ist Rassismus in vielen
osteuropäischen Stadien leider selbstverständlicher Teil der Fankultur. Und
selbst in England, einem Vorreiter-Land bei der Rassismusbekämpfung, gab es in
letzter Zeit neue Skandale – wenn auch ausgelöst von Spielern. Angesichts von
auch in Deutschland nach wie vor verbreiteten „Jude …“-Rufen zur Schmähung
eines Gegners sollte man sich diesbezüglich keinerlei Illusionen hingeben:
Rassismus wird nur dauerhaft aus den Stadien verschwinden, wenn er auch
dauerhaft als Problem thematisiert und angegriffen wird – vom weitaus stärker
verbreiteten Schwulenhass oder Sexismus ganz zu schweigen. Besonders geschichtsvergessen
aber ist es, wenn nun ausgerechnet die Vereine meinen, sie hätten den Rassismus
erfolgreich und für immer aus den Stadien verbannt – mit ein paar Kampagnen und
der hier und da erfolgten Änderung der Stadionordnung. Wahr ist, dass vor allem
die Basisarbeit unzähliger Faninitiativen und hauptamtlicher Fanprojekte dafür
gesorgt hat, dass Fans, Vereine und Verbände für Rassismus und andere Formen
von Diskriminierung kritisch sensibilisiert wurden. Beispielhaft sei hier die „Tatort Stadion“-Ausstellung
des „Bündnisses Aktiver Fußballfans“ (BAFF) genannt.
Ein neuer Raum für Nazis und
Stumpfis
Die Auseinandersetzung
zwischen ihnen auf der einen und weitaus weniger angenehmen Fraktionen auf der
anderen Seite, ist an vielen Orten in vollem Gange: In Aachen
werden die dortigen antirassistisch auftretenden „Aachen Ultras“ von
rechtsoffenen Ultras und Hools wie „Karlsbande“ und „Westwall“ bis hin zu
organisierten Nazis der Kameradschaft Aachener Land angegriffen, in
Braunschweig kämpfen die Ultras seit Jahren mit den örtlichen Alt- und
Jung-Hools, bei 1860 München wehren sich Teile der Fanszene gegen die Nazis im
Block – auch hier waren zuvor die Ultras der „Cosa Nostra“ aus der Kurve
gewichen (wenn auch aus anderen Gründen). In Rostock
sorgen die „Suptras“ – bei aller Kritik an ihrer Gewaltbereitschaft – seit
Jahren immerhin auch dafür, dass organisierte Neonazis im Ostseestadion keine
Propagandamöglichkeit bekommen. Dass dies in einem Bundesland mit den
strukturellen Problemen Mecklenburg-Vorpommerns, wo die NPD den Wiedereinzug
ins Parlament geschafft hat, auch ganz anders aussehen könnte, kann sich
hoffentlich jeder vorstellen. Auch in Bremen brauchte der Verein Jahre, um zu
erkennen, dass man die Ultras bei ihren Auseinandersetzungen
mit den Alt-Nazi-Hools der „Standarte Bremen“ unterstützen muss,
anstatt sie zu kriminalisieren. Ausgerechnet in Zwickau, wo eine Nazi-Terror-Gang jahrelang unerkannt
untertauchen konnte, ist man davon hingegen offenbar weit entfernt: Hier wird
die Ultragruppierung „Red Kaos“ von Verein und Polizei massiv unter Druck
gesetzt, während die mehr oder weniger offenen Nazis vom A-Block weitgehend
unbehelligt bleiben: Fanprojekt-Mitarbeiter Michael Voigt sagte dem MDR dazu,
der Verein habe ihm mitgeteilt, er „würde das Problem des Rechtsextremismus zu
sehr aufbauschen.“ Und in Osnabrück wurde Ende Dezember 2011 ein Mitglied der
Ultra-Gruppe “Violet Crew” im Stadion von Nazis krankenhausreif geschlagen.
Womit wir wieder bei den Ultras wären: Ohne jeden Zweifel hat das Aufkommen der
Ultra-Bewegung ab Ende der Neunziger entscheidend dazu beigetragen, rechten
Hools und Nazi-Schlägern die Dominanz in den Kurven zu nehmen, die sie bis
dahin ebenso zweifellos hatten. Dass Fankultur heute weitgehend bunt statt
braun ist, ist auch das Verdienst vieler, vieler Ultragruppen, die sich
ausgehend vom Grundgedanken, dass der Support für den Verein im Mittelpunkt
steht, nach und nach von Rassismus und Diskriminierung abgegrenzt haben. In
vielen Städten und in vielen Stadien sind sie heute deshalb die Träger einer
progressiven und bunten Fußballkultur, zu der aus ihrer Sicht eben auch
Pyrotechnik gehören kann – neben der Gewaltbereitschaft sicherlich der momentan
am heißesten umstrittene Punkt.
Ultra wird den Krieg
verlieren
Es wäre deshalb dingend
geboten, verschiedene Themen endlich auch getrennt voneinander zu verhandeln –
und nicht permanent in hysterischem
Geschrei alles in einen Topf zu werfen, nur weil man mal wieder keinen Aufmacher und die
Deutsche Polizeigewerkschaft noch nicht genug Resonanzraum für ihre Forderungen gefunden hat: Das
derzeit an jedem Wochenende verstärkt zu beobachtende Abbrennen von Pyrotechnik
hat den einfachen Grund, dass die Ultras DFB und DFL unmissverständlich
deutlich machen wollen, dass der Abbruch eines Dialogs nur dazu führt, dass
dann eben unkontrolliert überall gezündelt wird. Die Message ist ganz klar:
„Hier sind wir, hier bleiben wir, wir machen, was wir wollen, Ihr könnt uns
nicht verbieten!“ Letzteres ist allerdings ein fataler Irrtum: Die Ultras
können und werden den Krieg mit den Vereinen und Verbänden und vor allem mit
der Polizei nicht gewinnen. Mit und zu Recht wird der Staat sein Gewaltmonopol
durchsetzen, denn in der Tat kann kein demokratisch-zivilgesellschaftlich
verfasstes Gemeinwesen dauerhaft dabei zusehen, wie eine gewisse Anzahl zumeist
junger Männer für sich selbst entscheidet, wann sie Gewaltanwendung zur
Durchsetzung ihrer Ziele für richtig hält. Aber: Die klügeren Ultra-Gruppen
haben dies längst erkannt. Nicht umsonst versuchen sie, sich innerhalb der
Vereinsgremien Gehör zu
verschaffen, nicht ohne Grund starteten sie eine Dialog-Initiative
über Pyrotechnik, nicht aus Gewaltverherrlichung beteiligen sie sich
an Fankongressen
und ähnlichen Veranstaltungen.
Was von Ultra übrig bleibt
Wer diesen durchaus
demokratischen Partizipationsversuchen immer wieder nur die Tür ins Gesicht und
den Knüppel hinterher schlägt, darf sich nicht wundern, wenn er ausgerechnet
die radikalsten und gewaltbereitesten Kräfte fördert – und damit exakt die
Zustände heraufbeschwört, die vermeintlich bekämpft werden sollen. Denn auch,
wer die jugendlicher Lust an der Revolte in Ultra-Kurven ausleben will, wird
sich überlegen, ob Stadionverbote, Strafbefehle und horrende
Schadenersatzforderungen den ganzen Spaß wert sind. Übrig bleiben werden bei
der „brutalst möglichen“ Repression, wie sie von Scharfmachern gerne gefordert
wird, daher vor allem diejenigen, die eh nichts zu verlieren haben – und denen
deswegen alles scheißegal ist – Knast inklusive. Ein gefährliches Spiel mit dem
Feuer – nur genau anders herum, als immer propagiert wird. An dieser Stelle
lohnt sich der oftmals demagogisch beschworene Blick nach Italien tatsächlich: Was ist dort nach der
weitgehenden Zerschlagung der Ultra-Kultur übrig geblieben? Triste, halbleere
Stadien, deren Fankurven in vielen Teilen des Landes maßgeblich von radikalen,
klandestinen Gruppen dominiert werden – die zudem nicht selten offen
neofaschistisch auftreten.
Nach den Ultras ist vor der
Gewalt
Eine Lösung des Gewaltproblems
ist deswegen schlechterdings nicht gegen die Ultras, sondern nur mit ihnen
möglich. Denn die Alternative zu den Ultras könnte weitaus schlimmer sein. Wer
die Repressionsschraube gegen die Ultras immer weiter zuzieht, läuft daher
massiv Gefahr, ungewollt ganz anderen Kandidaten neue Spielfelder zu eröffnen,
deren Zeit in der Kurve schon vorbei zu sein schien. Wer Gespräche abbricht und
behauptet, diese hätten nie stattgefunden, verschafft denjenigen Stumpfis in
den Stadien neues Gehör, die eh schon immer wussten, dass man Probleme nur mit
dicken Armen, Alkohol und einer ordentlichen Portion Hass lösen kann. Wer immer
mehr und immer öfter Pfefferspray einsetzt, wird die Anzahl der dumpfen
„ACAB“-Gröler nicht verkleinern. Und wer ganze Gruppen mit Stadienverboten und
ähnlichen Maßnahmen belegt, eröffnet die Räume, in denen rechte Gewaltgangs
neue Spielfelder finden. Das Fanprojekt des HSV wurde übrigens nach dem Tod von
Adrian Maleika gegründet. Zeit, mal darüber nachzudenken.
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