Sonntag, 26. Januar 2014

Zurück zum Fussball

Die Partie des 1. FC Union bei Djurgardens IF Stockholm (1:1) war als stimmungsvoller Test geplant. Die Mannschaft des Berliner Fußball-Zweitligisten erhoffte sich im Duell mit dem Siebten aus Schwedens Eliteliga wertvolle Erkenntnisse für die verbleibenden 15 Spiele der laufenden Saison.

Stimmung gab es, jedoch nicht in der Form, wie es sich die Köpenicker und der Großteil der rund 1000 mit nach Schweden gereisten Union-Anhänger erhofft hatten.

Die Partie wurde am Sonnabend in der 73. Minute abgebrochen, wegen massiven Einsatzes von Pyrotechnik auf beiden Seiten sowie eines Platzsturms. Dem Schiedsrichter blieb auch keine andere Wahl, zu dicht waren die Rauchschwaden, die durch die Tele2-Arena in Stockholm zogen. Wegen der fast zweistelligen Minusgrade in der schwedischen Hauptstadt war das Dach der Arena erstmals für ein Fußballspiel geschlossen worden.

Es war ein erschütterndes Bild, das beide Fanlager abgaben. Mit Unterstützung der eigenen Mannschaft oder Fansupport, wie es im Lager der Ultras gern genannt wird, hatte dies nicht im Entferntesten etwas zu tun. Es war das sinnlose Ausleben von Gewalt einiger Chaoten, die den Fußball immer wieder als Plattform nutzen, um ihre kranken Fantasien auszuleben.

Was war passiert? Noch vor dem Anpfiff wurde im Djurgardens-Fanblock ein Transparent von Unions Erzrivalen mit der Aufschrift "Dynamo Berlin" entrollt. Ein Vorgang, wie er banaler kaum sein kann, für einige Unverbesserliche auf Seiten der Union-Fans jedoch völlig ausreichend, um durchzudrehen. Nur Momente später hatten rund 100 Chaoten aus dem Berliner Block das Spielfeld gestürmt. "Es war eine dumme Provokation und eine dumme Reaktion", hieß es von Seiten des Köpenicker Klubs. Und offenbar war sie geplant, denn just als die Berliner Chaoten sich der Mittellinie näherten, wurden sie von zahlreichen Bengalos aus dem Djurgardens-Block beschossen. Beobachter sprachen von bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

Die Partie konnte erst 45 Minuten später angepfiffen werden, nachdem die Polizei die Situation unter anderem mit Wasserwerfern beruhigen konnte. Auch die Profis sowie Unions Pressesprecher Christian Arbeit hatten versucht, den Mob zu beruhigen.

Nach einer dann vergleichsweise ruhigen ersten Halbzeit, in der Union durch Christopher Quiring in Führung ging (6.), nahm das Verhängnis dann nach der Pause seinen Lauf. Zum einen starteten die schwedischen Chaoten ein Katz-und-Maus-Spiel um das Dynamo-Transparent, zugleich versuchten offenbar einige Berliner, sich über die Tribünen dem Schweden-Block zu nähern. Mit dem Ausgleich durch Djurgardens Aleksandar Prijović (69.) geriet die Szenerie dann allerdings völlig außer Kontrolle.

Im Djurgardens-Block wurde massiv Pyrotechnik gezündet. Was die Unioner zum Anlass nahmen, selbst Bengalos zu zünden. Durch die starke Rauchentwicklung war schon kaum noch an ein Weiterspielen zu denken. Als dann aber auch noch schwedische Chaoten den Platz stürmten, blieb dem Unparteiischen keine andere Möglichkeit mehr, als die Partie abzubrechen. Eine Fackel landete gar in unmittelbarer Nähe von Union-Torwart Jan Glinker, der in der zweiten Halbzeit Stammkeeper Daniel Haas abgelöst hatte. Zuvor hatten beide Vereine bereits vereinbart, auf einen Seitenwechsel zu verzichten

Djurgardens-Sportdirektor Bosse Andersson war fassungslos: "Wir haben bereits im Dezember begonnen, uns auf die Partie vorzubereiten und haben mit Union seitdem fast täglich zusammengearbeitet." Beide Seiten seien traurig und verantwortlich für die Ausschreitungen. In der Tat sind auch die Anhänger des elfmaligen schwedischen Meisters kein unbeschriebenes Blatt. Im Vorjahr traten sogar der Präsident und der Trainer des Klubs zurück, weil sie von Hooligans massiv bedroht worden waren.

Noch Minuten nach dem Abbruch wurden die Unions-Fans im Gäste-Block zur eigenen Sicherheit von der Polizei festgehalten. Zu Auseinandersetzungen kam es später noch vor dem Stadion. Polizeibeamte wurden attackiert, ein Union-Anhänger beim Versuch verletzt, in den eigenen Reihen zu schlichten.

"Wir haben heute erlebt, wie Dummheit sehr vielen Menschen ein lang ersehntes Erlebnis zerstört hat. Auf eine dumme Provokation folgte eine dumme Reaktion, so dass die Partie, die von beiden Seiten mit großem Engagement vorbereitet wurde, in einem Desaster endete. Dagegen werden wir uns mit aller Kraft wehren. Wir verurteilen dieses Verhalten in aller Deutlichkeit! Jeder einzelne daran Beteiligte muss sich bewusst sein, dass er seinem Verein großen Schaden zugefügt hat. Sollten Straftäter ermittelt werden können, werden wir sie unseren Möglichkeiten entsprechend zur Verantwortung ziehen", kommentierte Union-Präsident Dirk Zingler, der in Stockholm war, die Ereignisse.

http://www.morgenpost.de/sport/union/ar ... Chaos.html