Akademikerball: Glawischnig droht Jungen Grünen mit Rauswurf
Eine Website mit Hassparolen gegen die Gäste des Akademikerballs war auf die Jungen Grünen registriert. Parteichefin Glawischnig will eine Garantieerklärung, dass so etwas nie wieder vorkommt.
(DiePresse.com)
Grünen-Chefin Eva Glawischnig zeigt sich verärgert über die Jungen Grünen. Auf deren Website www.nowkr.at hatten Gegner des Akademikerballs den Slogan "Unseren Hass könnt ihr haben!" veröffentlicht. Die Jungen Grünen erklärten dazu, sie hätten die Domain für "Antifaschisten" zur Verfügung gestellt und keinen Einfluss auf den Inhalt gehabt.
Für Glawischnig reicht das nicht aus: Sie will nun eine Garantieerklärung, "dass das nie wieder vorkommt". Andernfalls würden sie nicht mehr als Jugendorganisation der Partei anerkannt, drohte sie am Montag bei der Klubklausur ihrer Partei. Es müsse deutlich sein, "dass es eine klare Abgrenzung von jeder Gruppe, die zu Gewalt aufruft, gibt."
Die Ausschreitungen bei den Demos gegen den Ball seien ein "Desaster". Sie habe "absolut nullstes Verständnis für jeden, der das nicht gewaltfrei macht", betonte Glawischnig.
"Ball besser in Ottakring"
Ihre Kritik am Ball selbst hielt Glawischnig aufrecht. Es ärgere sie, dass den politischen Aushängeschildern der rechtsextremen Szene in den Prunkräumen der Republik eine Bühne geboten werde. Der FPÖ warf sie eine Inszenierung vor, um sich als Opfer zu stilisieren, der Ball in der Hofburg sei eine bewusste Provokation. Die 500 Gäste des Balls könnten genausogut "in Ottakring in einem kleinen Ballsaal" feiern.
Die von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky geäußerte Klagsdrohung bezeichnete die Grüne als lächerlich, genauso könnten die Grünen die FPÖ klagen. Vilimksy hatte eine Anzeige gegen die Jungen Grünen wegen des Verdachts der Verhetzung angekündigt. Auch werde eine Anzeige gegen die grüne Bundespartei geprüft, da diese möglicherweise auch Verantwortung tragen könnte, sagte der FPÖ-Generalsekretär am Montag. Außerdem prüfen die Freiheitlichen auch eine Musterklage auf Schadenersatz.
Rücktritt des Polizeipräsidenten gefordert
Eine Rückrittsforderung richten die Grünen - ebenso wie die Sozialistische Jugend und die Sozialistischen Studenten - an den Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl. Grund ist vor allem seine Ankündigung, die Polizei werde anhand von Daten der Rettung Nachforschungen zu Teilnehmern der Demos anstellen. Der Grüne Peter Pilz will nun durch parlamentarische Anfragen eruieren, wie oft so etwas in den vergangenen Jahren passiert sei.
Die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Wien, Marina Hanke, kritisierte, die "offene Drohung", verletzte Demonstranten, "die auch Opfer der massiven Polizeigewalt wurden, mit Hilfe von Daten des Rettungseinsatzes zu verfolgen", schlage "dem Fass den Boden aus". Solche Aussagen würden an einen Polizeistaat erinnern und hätten in einem demokratischen Rechtsstaat "nichts verloren".
Die Wiener Berufsrettung erklärte am Montag, es gebe keinen automatischen Datenabgleich mit Behörden. "Die anfordernde Behörde muss eine entsprechende Rechtsgrundlage liefern. Die wird von uns geprüft", sagte der stellvertretende Chefarzt Franz Mikulcik. Derzeit liege aber keine entsprechende Anfrage der Polizei vor. Die Staatsanwaltschaft Wien betonte, man könne Datenbeischaffung anordnen. Natürlich benötige man aber einen Verdacht.
Pürstl hatte in der ORF-Sendung "Im Zentrum" wörtlich gesagt: "Das ist nämlich gut, wenn sie bei der Rettung waren, da gibt's nämlich Daten, da können wir sie ausforschen und dann werden wir einmal schauen, welche Beteiligung sie gehabt haben."
(APA/Red.)
http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1554233/Glawischnig-droht-Jungen-Grunen-mit-Rauswurf
Gesinnungsverdacht
KOMMENTAR | MICHAEL VÖLKER
27. Jänner 2014, 12:30
Der Wiener Polizeipräsident macht sich argumentativ zum
Handlanger der FPÖ
Gerhard Pürstl, der Wiener Polizeipräsident, der den
unverhältnismäßigen Einsatz der Ordnungshüter rund um den sogenannten "Akademikerball"
der FPÖ zu verantworten hat, muss sich auch den Vorwurf gefallen lassen,
parteiisch zu agieren und Stellung zu beziehen – für die FPÖ. Der Vorwurf an
die Demonstranten, sie bräuchten sich nicht zu wundern, wenn die Polizei mit
überbordender Gewalt vorgehe, ist ungeheuerlich. Sein Ausspruch "Wer sich
mit Hunden ins Bett legt, braucht sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen
aufwacht" ist ein Affront gegen alle Teilnehmer der Kundgebungen. Wer die
Teilnehmer der Kundgebungen kriminalisiert, weil es Randalierer aus dem
"Schwarzen Block" gibt, die die Polizei nicht in den Griff bekommt,
geht der Diktion der FPÖ auf den Leim und verrichtet ihr Geschäft.
Wer auch immer an einer Kundgebung gegen den
"Akademikerball" teilnehmen will und warum auch immer – das ist das
gute Recht dieser Leute. Es ist – noch – nicht verpönt, Haltung und Gesinnung
zu zeigen und gegen ein Vernetzungstreffen der extremen Rechten zu
demonstrieren, die mit einer antisemitischen und ausländerfeindlichen Haltung
wichtige Grundwerte unserer Demokratie infrage stellen. Wer den
Demonstrationsteilnehmern das Recht abspricht, ihrer Meinung auch auf der
Straße Ausdruck zu verleihen, macht sich zum Handlanger politischer
Extremisten. Dass ein paar Schwachköpfe Auslagenscheiben einwerfen, darf nicht
zum Vorwand genommen werden, demokratische Grundrechte einzuschränken und den
Leuten ihr Recht auf Meinungsäußerung abzusprechen. Es ist nichts Verdächtiges
dabei, an einer Kundgebung teilzunehmen. Im Gegenteil: Dieses demokratische
Engagement gehört beschützt und gepflegt und nicht einem Generalverdacht
unterstellt. (Michael Völker, derStandard.at, 27.1.2014)
Junge Grüne kritisieren Glawischnig nach Rausschmiss-Drohung
Bundessprecherin hat "nullstes Verständnis" für Gewaltakte und fordert Garantieerklärung von Jungen Grünen - Kulac: "Glawischnig steht mit ihrer Forderung relativ alleine da"
Eva Glawischnig ist kein Superlativ zu kräftig, um ihren Abscheu auszudrücken: "Nullstes Verständnis" habe sie für die Gewaltakte bei den Demos gegen den von rechten Burschenschaftern bevölkerten Akademikerball in der Wiener Hofburg vergangenen Freitag, sagt die grüne Parteichefin. Weil die Ausschreitungen "ein absolutes Desaster" gewesen seien, ist Glawischnig auch auf den Nachwuchs der eigenen Partei sauer. Denn auf der von den Jungen Grünen unterhaltenen Homepage www.nowkr.at war folgender auf die Ballveranstalter und -besucher gemünzter Slogan aufgetaucht: "Unseren Hass, den könnt ihr haben."
Sie hätten die Homepage als Plattform eingerichtet, aber keinen Einfluss auf die dort publizierten Inhalte, hatten sich die Junggrünen verteidigt – was Glawischnig für keine taugliche Rechtfertigung hält. Bei der Klubklausur der Grünen am Montag in Mauerbach bei Wien verlangte sie von der Vorfeldorganisation eine "Garantieerklärung", dass künftig niemand mehr etwas unkontrolliert auf deren Homepages posten kann. Andernfalls setze es einen Rauswurf, droht Glawischnig: Die Jugendaktivisten würden dann das Recht verlieren, sich als Organisation der Grünen zu bezeichnen.
Umso inakzeptabler sei die Gewalt einiger Gruppen, als damit den berechtigten Anliegen vieler friedlicher Demonstranten geschadet werde, sagt Glawischnig: Auch sie ärgere sich schließlich, dass der Prominenz der rechtsextremen Szene in den Prunkräumen der Republik eine Bühne geboten werde, was die FPÖ als Ballveranstalterin zur gezielten Provokation ausnütze. Die von den Freiheitlichen angedrohte Klage gegen die Grünen wegen Verhetzung nennt die Parteichefin "lächerlich".
Junge Grüne lehnen Garantieerklärung ab
In Reaktion auf Glawischnigs Rausschmissdrohung sagt Cengiz Kulac, Bundessprecher der Jungen Grünen, Glawischnig müsse zunächst einmal "ihre Kommunikationspraxis überprüfen". Seit vier Jahren habe sie es nicht für wert gefunden, mit den Jungen Grünen zu kommunizieren. Dass die Bundessprecherin nun via Medien eine Garantieerklärung fordert und mit dem Rausschmiss droht, sei "schlechter politischer Stil", den man sonst nur von anderen Parteien kenne.
Die von Glawischnig geforderte Garantieerklärung wollen die Jungen Grünen vorerst nicht abgeben. "Wir wollen mit Eva Glawischnig darüber in Dialog treten, was sie unter einer Garantieerklärung versteht", so Kulac. Dass es tatsächlich zu einem Rausschmiss der Jungen Grünen kommen könnte, glaubt Kulac nicht. "Da hätten einige Grüne ein Problem damit. Glawischnig steht mit ihrer Forderung relativ alleine da", sagt Kulac.
"Antifaschismus nicht kriminalisieren"
Auf der Website nowkr.at hätte man lediglich Informationen bereitgestellt, nicht jedoch zur Gewalt aufgerufen. "Die Jungen Grünen haben nichts mit der Gewalt im Zuge des Akademikerballs zu tun", so Kulac. Auch der Spruch "Unseren Hass, den könnt ihr haben" sei laut den Aktivisten nicht als Gewaltaufruf gedacht gewesen, so Kulac. Vielmehr sei damit gemeint gewesen, dass "wir unseren Hass nicht brauchen. Die FPÖ braucht den Hass ja tatsächlich, um damit Politik zu machen", sagt der Bundessprecher der Jungen Grünen. Kulac weiter: "Wir haben unsere Lehren gezogen und werden in Zukunft genau hinsehen, wem wir unsere Plattform zu Verfügung stellen." Nachsatz: "Heute ist Holocaust-Gedenktag. An diesem Tag sollte man eigentlich etwas anderes tun, als Antifaschismus zu kriminalisieren." (jo, burg, derStandard.at, 27.1.2014)