Dienstag, 16. Oktober 2012

Festung Przemysl





















Die Festung Przemyśl
Die tausendjährige Stadt Przemyśl fungierte aufgrund ihrer strategischen Lage und Bedeutung vom 16. bis zum 17. Jahrhundert als Festung. Im Mittelalter war es eine befestigte Stadt, über der sich eine Burg erhob; während der polnischen Teilung gehörte sie zum österreichischen Herrschaftsgebiet und war als Sperrriegel vorgesehen, der die Wege aus Osten und Norden nach Süden und Westen schützen sollte. Als sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Rivalität zwischen Österreich und Russland auf dem Balkan verschärfte, wurde Przemyśl – das wichtigste Element im östlichen Verteidigunssystem Österreich-Ungarns – während des Krimkriegs (1853–1856) in ein befestigtes Militärlager im Polygonalsystem umgebaut. Die Stadt wurde von einem 15 km langen Ring mit einem Wall und einem Graben umgeben, der von ca. 30 Bastionen, Forts, Tenaillen und Toren verstärkt wurde.

Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die „gezogenen“ Geschütze erfunden worden waren, deren Wirksamkeit erheblich verbessert war, erhielten in ganz Europa die Vorfelder der bisherigen Militärlager immer größere Tiefen; so verwandelten sie sich in ausgedehnte Gürtelfestungen. In den Jahren 1888-1914 verwandelte sich Przemyśl in eine ringförmige Gürtelfestung 1. Klasse, die drittgrößte von zweihundert, die in Europa gebaut wurden. Rings um die Stadt wurden auf einer Strecke von 45 km auf den Hügeln 44 Haupt- und Nebenforts (Zwischenwerke) mit einem und zwei Wällen, Einheitsforts (für Infanterie und Artillerie), Artillerie- und Panzerforts errichtet. Modernisiert wurden auch die bisherigen polygonalen Militärlager, aus denen die inneren Ringe der Festung entstanden.

Nach dem Kriegsausbruch erfüllte die Festung in den Jahren 1914-15 ihre Rolle in der ersten Belagerung, indem sie die annähernd 300 000 Mann starke russische Armee aufhielt, die in Richtung der Karpatenpässe sowie nach Krakau und Schlesien drängte. Während der zweiten Belagerung ergab sich die Festung wegen Lebensmittelmangels, des Winters und der Erschöpfung der Soldaten am 22. März 1915 den russischen Einheiten, nachdem die Forts, Magazine und Brücken gesprengt und die Geschütze und sämtliches Kriegsmaterial zerstört worden waren. Am 3. Juni 1915 wurde die zerstörte Festung von den österreich-ungarischen und deutschen Armeen gemeinsam zurückerobert.

In den Kämpfen um die Festung erlitten beide Seiten große Verluste – bis zu 115 000 Soldaten wurden getötet, verwundet oder vermisst. Die zerstörten und zu Ruinen verfallenen Forts wurden 1968 als geschützte Denkmäler der Wehrarchitektur anerkannt. 1997 wurde Przemyśl in das Nationale Programm zum Schutz und zur Pflege der Architektur aufgenommen. Entlang der Forts, die eine einzigartige Attraktion für historisch interessierte Touristen bilden und zudem in einer wunderschönen Landschaft liegen, führen der schwarz markierte Wanderweg  sowie der „Festungs-Radweg“ mit einer Gesamtlänge von 82 Kilometern.