Der Groundhopper*
Es gibt eine besondere Spezies
abseits der Polizei, die einen Fussballfan besonders nervt: der Groundhopper.
Ich möchte hier mal aus meiner Sicht darlegen, warum das so ist.
Der Groundhopper ist jemand, der
sich eine Broschüre namens „Groundhopping-Informer20XX“
kauft, um dort möglichst viele Seiten mit möglichst vielen Kreuzchen zu
verzieren. Diese Broschüre, die von geschäftstüchtigen Menschen zu deren
eigenen Belustigung bzw. finanzellen Absicherung aufgelegt wurde ist die Bibel
und der Reisepass eines Groundhoppers. Dort sind nämlich die Länder, ihre
Verbände und die Vereine samt Adressen, manchmal auch die Spieltermine,
angegeben. Super. Und je älter die angemaxelte Ausgabe, desto krasser der
Hopper.
Damit beginnt der Groundhopper wie ein
Paninialbumpickerljunkie (nur sammelt er eben Kreuzerln in einer Broschüre)
seine Lebensplanung. Er interessiert sich ja irgendwie für Fussball und geht
gerne mal „auf den Fussballplatz“. Das
ist natürlich immer noch ein Unterschied zur „Ich
schaue mir Fussball an“ Mentalität echter Fussballfans die nur dann
vielleicht zu anderen Spielen gehen, wenn die eigene Mannschaft nicht spielt,
aber das weiss der Groundhopper ja nicht. Weil er meist keine eigene Mannschaft
hat, der er folgt. Gut, er ist sicher Fan irgendeines superdupertollen Vereines
wie Barca, Bayern, Manchester oder so, schaut sich die Partien aber nur auf
Sky-Sport an weil es zu zeitaufwändig wäre, neben dem Groundhoppen noch ins
Stadion seines Vereines zu gehen. Ein Leiberl seiner Lieblingsultragruppe oder
seines Lieblingsvereins tuts auch. Ausserdem ist es auch schweineteuer, man
muss sich nur vorstellen, dass man für den Eintritt bei einem Spiel von Bayern gut und gerne 15 Kreuzerln in der „Kreisklasse 7, 2. Staffel südnordost“ in Tschechien
oder Aserbaidschan – wahlweise auch am Südpol – machen kann. Inklusive guter
Stadionwurst, die man natürlich gemeinsam mit der Eintrittskarte fotografieren
und bewerten muss.
Ja die Bewertung. DIE ist gaaanz
gaanz wichtig. In Zeiten sozialer Medien hat jeder Groundhopper der etwas auf
sich hält einen eigenen Blog oder eine eigene Facebookseite. Natürlich mit den „Karten & Wurst“ Fotos, lustigen Bildern von
Einheimischen und den üblichen Fotos von minderjährigen Mädels in luftiger
Kleidung – weil Fussball ist ja auch weiblich.
Also bewertet er: Originalität
des Groundes. Fangruppen Ja oder Nein. Wenn ja, welche Gesänge haben sie –
Achtung: sie dürfen nirgendwo anders zu hören sein denn sonst sind sie nur „nachgemachte Fans“. Und das gibt schwer Minuspunkte.
Und bitte ja nichts, das man auf Youtube hören kann. Das ist ganz, ganz
schlecht, weil man diese Gesänge ja schon selber auf der eigenen FB Seite oder
dem eigenen Blog online hat. Dann noch die Transparente. Wenn sie nicht
ansprechend und möglichst einzigartig gestaltet sind – verpönt sind Fahnen in
den Landesfarben mit Stadt/Vereinsbezeichnungen, das ist so „Achzigerjahre-Ossistyle“ – dann fallen sie auch
durch, dasselbe gilt für Schwenkfahnen, die auch vorhanden sein müssen denn
sonst ist die Fangruppe ja nicht „uldra“
und damit uninteressant. Und zum Schluss muss die „Stadionwurst“
(was auch immer das sein soll) gut schmecken und bitte möglichst wenig bis gar
nichts kosten. Überhaupt: Die beste Bewertung bekommt ein Verein wenn man alles
gratis bekommt. Immerhin bewertet man ihn ja auf seiner superwichtigen FB Seite
oder seinem urcoolen Blog, wo 17 andere Menschen permanent auf die Berichte
warten.
Nun war der Wessihopper auf dem
Platz, hat sich 45 Minuten lang „grottenschlechten
Kick“ angesehen und darf sein Kreuzerl (wir erinnern uns: der „Groundhopping Informer 20XX“ muss ja vollgemalt
werden) machen – weil er muss ja noch auf einen anderen, superwichtigen weil
total unbekannten anderen „Ground“ (sowas
Sportplatz oder Stadion zu nennen ist auch so total 80er-Jahre). Wie das Spiel
ausgeht kann man dann ja auf der jeweiligen Verbandsseite oder diversen
Internetmedien entnehmen wenn nicht eh noch ein anderer Wessihopper dort ist,
der es lieber gemütlicher angehen lässt und sich doch tatsächlich das ganze
Spiel anguckt. Aber vielleicht war er ja schon auf dem von dir als superwichtig
empfundenen Ground längst und amüsiert
sich darüber, dass du Depp dort noch nicht warst.
Wenn der Hopper dann erschöpft zu
Hause ankommt (weil man muss ja auch mal arbeiten gehen) tippt er seine
Eindrücke kurz mal in den Computer und kündigt an, seine „superkrasse Hoppingtour“ in den nächsten Tagen –
er ist ja in einem Büro beschäftigt und kann dort am Computer gemütlich seine „Hausaufgaben“
vom Wochenende machen – online stellen. Das muss bis Mittwoch erledigt sein
denn am Donnerstag wird die nächste superkrasse Hoppingreise ins Ausland
geplant wo schliesslich immer irgendwo ein Derby oder eine total brandheisse
Partie ist und man dann noch andere Vereine „mal
eben so“ mitnehmen kann. Mit strenger Bewertung, versteht sich.
Achja: Bayern hat übrigens auch wieder einmal gewonnen. Toll. Da freut sich der
Hopper weil – „Mia san mia, FC Bayern – Stern des Südens ! Wir ham die besten
Fans der Liga.“ (Hausaufgabe: Bitte den entsprechenden Lieblingsverein
selbstständig eintragen. Danke !). Das Wochenende war perfekt.
Und da wir alle wissen, dass alle
Groundhopper diesem Klischee entsprechen und sie es auch
wissen, dürfen sie jetzt grammatikalisch falsche – aber ehrlich von Herzen
kommende – Texturen ankreuzen und mir den vollkommen perfekt korrigierten Text
beim nächsten Besuch mitbringen. Das hat zwei Vorteile: Sie können mir ein „du kannst nicht Deutsch du Spacko“ entgegenrufen
und ich habe keine grosse Mühe, einen „Groundhoppingkasperl“
gleich zu erkennen. Win-Win Situation wie ich finde.
P.S.:
Die Geschichte vom Fahnenhopper dürft ihr euch bei eurem geliebten „ultras.ws“ durchlesen. Und verschont mich bitte
mit dem lustigen „Wie werde ich ein Ultra“ Youtubevideo, weil – ihr habt keine
Ahnung was es heisst, einem Verein ein Leben lang anzuhängen ! Also lasst es
lieber bleiben.
*) gemeint
ist damit der durchschnittliche Wessihopper ! Wobei nein, eigentlich alle !