Derbytime !
In Wien gibt
es ja viele traditionsreiche Begegnungen im Fussball. Da wäre mal das
sogenannte „Grosse Wiener Derby“ zwischen der Austria und Rapid, nach dem
Glasgower Derby das am meisten ausgespielte in Europa. Dann das heute
stattfindende „Dörbi of Love“ zwischen dem Sportk©lub und der Vienna, ebenfalls
schon sehr oft ausgespielt in Wien. Durch die lange unterschiedliche
Ligazugehörigkeit beider Vereine aber bei weitem nicht so oft ausgetragen.
Beiden Derbies ist die gute Vermarktung gemein, beim grossen Wiener Derby steht
die historische Rivalität zwischen dem „Bürgerlichen Verein Austria Wien“
und dem „Arbeitersportverein Rapid Wien“ im Fokus beim anderen die „Freundliche
Sportliche Auseinandersetzung“ zweier Traditionsvereine. Die Andersartigkeit
dieser Rivalität – gemessen an anderen Derbies – wird gut vermarktet, der
Wiener Sportk©lub als „Sankt Pauli
Österreichs“ positioniert und auch die Vienna als alternativer, feiner Verein
aus dem Nobelbezirk Wiens dargestellt.
Mittlerweile
ist dieses Derby aber zu einem Bobotreff sich alternativ gebender
fussballaffiner (oder solcher die es sein wollen) Menschen verkommen, ist der Sport zuungunsten
politischer Agitation ins Hintertreffen geraten, wird mehr über die
(politische) Andersartigkeit im Sinne von Alleinstellungsmerkmal berichtet als
über das Spiel und den Verein selber. Heute werden bis zu 7.500 Menschen in
Dornbach erwartet, eine tolle Kulisse die Respekt verdient und dem Spiel
durchaus angebracht ist – ABER:
Wo sind diese
ganzen Massen bei normalen Heimspielen ? Woher kommen sie ? Wenn die beiden
Vereine so viele Anhänger und Unterstützer haben, warum stehen sie dann dort wo
sie sind ? Sportlich und Finanziell nämlich. Weil allein ihr Selbstanspruch auf
Einzigartigkeit in der österreichischen Fussballandschaft sollte ja schon ein
Garant dafür sein, dass sich genau die richtige Zielgruppe angesprochen fühlt,
dort etwas zu tun oder Geld zu investieren. Interessanterweise ist dem aber
nicht so. Die Leute gehen zu „ihrem“ Verein hin, schauen sich das Spiel an und
verschwinden bis zum nächsten Derby wieder in der Versenkung. Übrig bleiben
dann diejenigen die seit Jahr und Tag ihr Herzblut in den K©lub stecken.
Heute wird es
wieder ein Treffen mit ausländischen Fangruppen geben, es werden sicher wieder
die Anhänger von TeBe anwesend sein, dazu noch andere (Einzel)Personen aus den
Nachbarländern. Dass sich die gesamte nennenswerte linke Szene heute in Dornbach
einfinden wird, gilt als sicher, tummeln sich dort doch auch bei anderen
Spielen immer wieder die Jungs aus Linz, Steyr und Innsbruck. Ist ja vollkommen
in Ordnung, auch der FAVAC ist immer wieder dort vertreten. Es ist ja auch
wohltuend zu einem Derby zu gehen bei dem man sich nicht dauernd umsehen muss
ob nicht irgendwelche Leute auf der Suche nach „Erlebnissen“ sind. Auch sind
die Gespräche am oder nach dem Spiel wohltuend, man verbringt einen netten
Abend miteinander. Die – für mich sehr wichtige – Derbyatmosphäre leidet halt ein
bisserl darunter aber das nehme ich dann halt in Kauf. Keine Frage ist, dass
man dort viele Freunde kennenlernen und treffen kann, auch das ist etwas ganz
spezielles. Nämlich dass man zwischen beiden Fanblöcken hin- und herwechseln
kann ohne dass es Stress gibt.
Leider ist es
– und viele altgediente Fussballfans in Wien wissen das ja – in letzter Zeit
immer mühsamer sich bei solchen Spielen (und Vereinen) auf den Fussball und seinen
Verein zu konzentrieren weil man sich immer wieder Situationen ausgesetzt
sieht, wo Leute aufgrund von (falschen) Informationen, Vermutungen,
äusserlichen Erscheinungsbildern vorschnelle Schlüsse ziehen und man dann
Stunden damit verbringen muss sich zu rechtfertigen. Was ich persönlich nicht
mache, weil ich auch von meinem Gegenüber keine Rechtfertigung verlange. Ich
will mich dort nur meiner Leidenschaft widmen und keine Grundsatzdiskussionen –
die unter dem Einfluss von Alkohol sowieso keinen Sinn machen – führen. Auch
interessiert mich das lustige „Die Linken hauen den Rechten a Hackl ins Kreuz
und umgekehrt“ eher weniger. Beides ist mehr als nur entbehrlich.
In einer
Kolumne hat die bekannte „Polly Adler“ im Kurier eine tolle Überschrift
gefunden die da heisst: „Warum mir die
dauerklugscheissenden Bobos auf den Rettich gehen !“ – und mehr
ist dazu nicht zu sagen.
Worauf ich
eigentlich damit hinaus will ist folgendes: am Sonntag findet das dritte traditionsreiche
Derby zwischen dem Favoritner Athletik Club von 1910 gegen den 1. Simmeringer
Sportclub von 1901 an der Kenner Road (die Kendler Road ist nur ein Plagiat)
statt. Ein Duell zweier Bezirksvereine und ihrer Leute, die genau das
darstellen was die Gesellschaft dort widerspiegelt. Bei uns ist es vollkommen
egal ob wer links, rechts (im demokratischen Rahmen wohlgemerkt), jung alt, arm
oder reich ist, wer den Fussball liebt und am Besten noch Fan eines dieser
beiden Vereine ist DANN ist er bei uns richtig.
Weil es immer wieder interessant ist, wenn sich die beiden rotschwarzen
Vereine treffen und miteinander die Klingen kreuzen. Unzählige Spieler
wechselten immer wieder zwischen beiden Vereinen hin- und her, sei es ein
Thomas Weigl oder ein Sasa Dimitrijevic – es ist halt etwas ganz Besonderes mit
diesen beiden Clubs. In besseren Zeiten gab es immer die Sonntagsfahrten,
zuerst ging man um 10.30 zum FAVAC und danach nachmittags noch nach Simmering.
Gemeinsam versteht sich. Als der FAVAC in der Frühjahrssaison 1997 auf einmal
pleite war (damals wurde man von der 2. Division in die Regionalliga versetzt)
tauschten beiden Vereine – Simmering spielte damals Wiener Liga – die Lizenzen
und Plätze. Am Ende der Saison steigen beide ab, der FAVAC brauchte dann bis
2002 um wieder in die Wiener Stadtliga aufzusteigen. Unvergessen das Spiel
auswärts bei den Rasenspielern Wolfersberg (die es auch nimmer gibt) am
Kinkplatz mit einem Sechs-Mann-Corteo die Tinterstrasse entlang. Hinter uns
zwei Dutzend Fahrzeuge die brav nachdackelten. Sechs-Null gewannen wir damals
und feierten bis in die Puppen. War ja Donauinselfestwochenende. Seit damals
sind wir immer in der Stadtliga ansässig, auch nicht schlecht für einen Verein
der dauernd um sein Überleben rauft. Und das wegen – oder trotz unserer
Vereinsleitung.
Im Herbst gab
es ja einen Ausswärtssieg des FAVAC auf dem Kunstrasen in Simmering (der
Dauerregen machte ein Spiel am Rasen leider unmöglich) mit einer netten
Sturmverkostung – Roten Schilchersturm bekommt man auch nicht überall – und einer
hässlichen Verletzung der Nummer 19, Borja Kappel endete. Das 1-0 für den FAVAC
erzielte ein Simmeringspieler der von Dejan Dyankov angeschossen wurde. Auch
der Stinkefinger der Nummer 12 von Simmering bleibt unvergessen. Daneben gab es
noch lustige Gesänge und viele, viele Häckeleien untereinander – so soll
Fussball sein. Über Politik wurde die ganze Zeit über nicht geredet, soferne es
sich nicht um die Vereinsspezifische handelte.
Ausserdem
gibt es bei beiden Vereinen eine treue Schar an Anhängern, die sich schon seit
Jahrzehnten mit ihrem Verein identifizieren, bei uns zum Beispiel die seit 1980
unter ihrem Namen „Rote Teufel“ auftretenden Altspatzen, unterstützt
von den FEDAYN FAVAC
1993 die auch schon seit nunmehr fast 22 Jahren den FAVAC so gut wie
überall unterstützen. Da müssen noch viele neue, hippe Fanclubs hinriechen wo
wir hingeschissen haben. Viel haben wir in dieser Zeit gesehen, sei es die
tollen „Ultras Essling 1995“, die „Truppe Aspern 2008“, die „Kagraner
Jungs 2009“, die „Fanatics
Ankerbrot 2003“,
die „Ultras IC Favoriten 2011“, die „Schwechater Sharks 1994“ und „Artillerie Schwechat 2007“, die „Ultras Viktoria 2006“
und die „Wiena Brut 2009“ oder auch die „Boyz from the Had 1999“, später unter dem Namen „Gruppe Simmering 2005“ firmierend. Eine ganze Menge Gruppen die es oft nicht einmal
ein Jahr gegeben hat und die „immer alle“ etwas neues machen wollten. Wer
übriggeblieben ist sind wir und die ULTRAS STADLAU, die leider –der Verein will
sie immer noch nicht. – undercover anwesend sein müssen. Von Spassgruppen wie
den „Ultras
Wienerfeld“ oder den „Ultras Wienerberg“, die nicht einmal eine
Saison überlebt haben will ich noch gar nicht reden. Auch der Versuch bei
Austria XIII eine Gruppe zu installieren schlug zweimal fehl. Die erste hiess „Banditos 2004“
und ihre Mitglieder liefen immer mit Sturm Graz Schals herum. War ziemlich
lustig anzusehen.
Derzeit gibt
es neben den FEDAYN
FAVAC und ULTRAS STADLAU noch eine weitere Fangruppe:
Die RED ARMY GERASDORF, eine junge Truppe die
Ende 2013 gegründet wurde und auch recht engagiert ist. Immerhin drei von 16
Vereinen dürfen sich eines Anhanges rühmen. Die WIENA
BRUT existiert offenbar nicht mehr, bei unserem Auswärtsspiel
gab es die Gruppe nicht mehr. Eigentlich gar nicht so schlecht für eine vierte
Liga in Österreich – da gibt es Bundesländer wo weniger aktive Gruppen für
Support sorgen.