Ferdinand Hanusch (* 9. November
1866 in Oberdorf bei Wigstadtl, Österreichisch-Schlesien; † 28. September 1923
in Wien) war ein sozialdemokratischer Politiker, Gründer der Arbeiterkammer und
prägender Mitgestalter der österreichischen Sozialpolitik in der Ersten
Republik. Ferdinand Hanusch wuchs mit seinen drei Brüdern bei seiner Mutter
auf; sein Vater war kurz nach seiner Geburt verstorben. Seine Kindheit war
geprägt durch die Not und das Elend der Hausweber in Schlesien. Hanusch
arbeitete als Hilfsarbeiter an den mechanischen Webstühlen einer Bandfabrik.
Nach Jahren der Walz, in denen er immer wieder aufgegriffen und nach Schlesien
zurückgebracht wurde, fand er in seiner Heimatstadt Arbeit in einer
Seidenfabrik. Mit 25 Jahren engagierte er sich aktiv in der Arbeiterbewegung.
1897 wurde er Gewerkschafts- und Parteisekretär in Sternberg, damals ein
Textilindustriezentrum in Nordmähren. Nachdem er 1903 nach Wien geholt und dort
zu einem der Vorsitzenden der Reichskommission der Freien Gewerkschaften
gewählt worden war, wurde er 1907 als Sozialdemokrat mit 41 Jahren Abgeordneter
zum Reichsrat und blieb dies bis zum Ende der österreichisch-ungarischen
Monarchie. 1908 trat Hanusch dem Bund der Freimaurer bei. In seiner Loge,
Lessing zu den drei Ringen, bekleidete er u. a. das Amt des Logenmeisters und
wurde zum Großbeamten der Wiener Großloge gewählt. Ab dem 21. Oktober 1918 war
er Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich. Am
16. Februar 1919 wurde er bei den ersten Wahlen, bei denen auch Frauen
wahlberechtigt waren, in die Konstituierende Nationalversammlung gewählt. Vom
30. Oktober 1918 bis zum 22. Oktober 1920 war Hanusch in den von der
Nationalversammlung gewählten Staatsregierungen Renner I, Renner II, Renner III
und Mayr I Staatssekretär (= Minister) für soziale Fürsorge bzw. ab 1919
soziale Verwaltung. Als solcher legte er der Nationalversammlung das von ihr am
26. Februar 1920 beschlossene Arbeiterkammergesetz vor.[3] Mit seinem Wirken
sind viele weitere soziale Errungenschaften und Regelungen zum Schutz der
Interessen der Arbeitenden verbunden. Hanusch, nach wie vor auch einer der
Gewerkschaftsvorsitzenden, wurde nach dem am 22. Oktober 1920 erfolgten
Ausscheiden der Sozialdemokraten aus der Regierung 1921 erster Direktor der
Arbeiterkammer in Wien. 1920 bis 1923 war er für die SDAP Abgeordneter zum
Nationalrat. Hanusch starb 1923. Sein ehrenhalber gewidmetes Grab befindet sich
in Wien im Urnenhain der Feuerhalle Simmering (Abteilung MR, Gruppe 45, Grab
Nr. 1G).