Der Innere Kreis
Es waren nicht nur die grossen Befehlshaber die das Werk
am Laufen hielten, sondern die vielen „kleinen“ Lichter, die Helfer die die
Befehle verschriftlichten, beförderten und dafür sorgten, dass sie irgendwie an
ihren Empfänger kamen. Die vielen Sekretärinnen, Telefonistinnen, Adjutanten
und sonstigen Menschen die es den Grössen des Dritten Reiches erst
ermöglichten, ihre menschenverachtenden Pläne in die Tat umzusetzen. Sicher –
diese Menschen waren nicht direkt für Hitlers Befehle verantwortlich, konnten
nichts dafür dass Menschen vergast wurden oder verbrecherische Angriffe
befohlen werden konnten, sie waren aber informiert und in den meisten Fällen
auch von ihrer Arbeit überzeugt. Unwissenheit kann keine/r vorgeben.
Schliesslich saßen sie an der Quelle der Informationen.
Schon die übereinstimmenden
Berichte und Interviews, die die „Menschlichkeit
und Normalität Hitlers“ hervorheben zeigen, wie indoktriniert, ja
fanatisiert die Mitarbeiter in der Reichskanzlei, dem Führerbunker und anderer
Befehlsstellen des Dritten Reiches gewesen sind. Dazu trug auch die heimliche
Geliebte Hitlers, Eva Braun ihr
Scherflein bei, da sie ihre gesamte Umgebung beherrschte und mit ihren Launen
und kleinen Ideen auf Trab hielt. Eva Braun lernte
Hitler 1929 (damals war sie gerade mal 17 Jahre alt) kennen und war –
vermutlich – bereits seit 1932 Hitlers Geliebte. Davor wird dem Diktator eine
Affäre mit seiner Nichte Angela „Geli“ Rauball nachgesagt, die 1931 in München
Selbstmord begangen haben soll. Hitler war seit 1923 zu Rauballs Vormund
bestimmt worden und wohnte seit 1929 ständig mit Geli Rauball in einer grossen
Wohnung in München zusammen. Seit der Machtergreifung Hitlers 1933 war
allerdings Eva Braun die
unumstrittene Herrscherin des Berghofes und der Umgebung Hitlers. Sie
errichtete um ihn herum eine Blase, die auch seine Mitarbeiterinnen einschloss.
Da waren zum Beispiel Hitlers
vier Sekretärinnen, die Tag und Nach in der unmittelbaren Umgebung des Führers
waren, seine Gedanken niederschrieben, seine Befehle vervielfältigten und – im
Falle von Gertraud Junge – auch sein
Testament verfassten. Keine der Damen hat zeitlebens eine echte Absage an diese
Zeit gemacht, nur Junge hat es verklausuliert mit „Ich verzeihe mir nicht, dass
diese dumme Gans von damals diese Dinge mitgemacht hat“ – durch das Benutzen
der Dritten Form versucht sie hier, sich von ihrem Tun abzukapseln und selber
reinzuwaschen. Doch dem war nicht so: Junge und die anderen Damen (Gerda Christian, Johanna
Wolf und Christa Schroeder)
sind nicht zufällig zu ihren Posten gekommen. Teilweise seit langem überzeugte
Nationalsozialistinnen oder aus Elternhäusern, die national eingestellt waren
machten sie in der Nazihierarchie Karriere.
Einige heirateten hohe SS
Offiziere, andere wiederum waren mit ihnen zeit ihres Lebens befreundet, wie Gerda Christian, die mit Hitlers Adjutant Otto Günsche in Kontakt blieb. Otto Günsche selber war bis zu seinem Tod
überzeugter Nationalsozialist. Ob Gerda
Christian ähnlich dachte kann man nur vermuten.
Ein weiterer Fall war der
Leibwächter und Telefonist Rochus Misch,
der auch bis zuletzt bei Hitler ausharrte und bis 1953 in russische
Gefangenschaft geriet. Er hat sich ebenfalls nie für diese Zeit entschuldigt,
im Gegenteil, bis zu seinem Tode 2010 bezeichnete er Stauffenberg (den
Attentäter vom 20. Juli 1944) als Kameradenmörder. Ironischerweise wurde seine
Frau Gerda Misch (die beiden heirateten bereits 1942) nach dem Zweiten
Weltkrieg SPD Politikerin. Auch ein Beweis, wie wandelbar Menschen sein
konnten, denn es ist mehr als zweifelhaft, dass in der unmittelbaren Umgebung
Hitlers Vermählungen ohne die Zustimmung des Führers stattfinden durften.
Bestes Beispiel war Christa Schroeder
deren Verlobung mit Lav Alkonic, einem jugoslawischen Diplomaten auf Befehl
Hitlers gelöst werden musste. Dabei war Christa
Schroeder seit 1933 Hitlers Privatsekretärin.
Dasselbe galt für Johanna Wolf, die von 1945 bis 1948 im selben
Gefangenenlager der US Streitkräfte in Augsburg inhaftiert gewesen ist. Beide
Damen waren schon 1928 bzw 1929 in die NSDAP eingetreten. Beide Damen starben
auch innerhalb eines Jahres in München (Christa
Schroeder 1984 und Johanna Wolf
1985). Man kann vermuten, dass sie bis zu ihrem Tode miteinander in Kontakt
geblieben sind.
Hitlers Lieblingssekretärin Gerda Christian, damals noch Daranowski
(Hitler kürzte ihren Nachnamen in „Dara“ ab) war seit 1937 in der unmittelbaren
Umgebung Hitlers. Bis auf ein kurzes Intermezzo von Ende 1942 – Frühjahr 1943 (sie heiratete den
Fliegermajor Eckehard Christian) blieb sie geeinsam mit Gertraud Junge bis zu seinem Tode in der
Reichskanzlei.
Gerda
Christian, deren Ehe noch 1945 geschieden wurde ging via Bayern nach
Düsseldorf und hielt dort engen Kontakt mit den alten Kampfgefährten wie Otto Günsch und Arno
Breker. Sie wurde die Geliebte des ehemaligen SS Brigadeführers und
„Mann fürs Grobe“ wenn es darum ging, zerfallende Staaten auszuplündern, Edmund Veesenmayer, der in den 50er Jahren
versuchte mit Hilfe alter Kampfgefährten (dem sogenannten Naumann-Kreis,
benannt nach Werner Naumann dem
letzten Staatssekretär Goebbels) die FDP mit dem Ziel der Errichtung eines
neuen NS Staates zu unterwandern. Veesenmayer war damals auch für die
Deportation von Juden in die KZs verantwortlich. Gerda
Christian wurde dann die Privatsekretärin Arno Brekers, der für seine Hitlerbüste sowie seiner Bauten
für die Nazis berühmt wurde. Ironischerweise wurde auch er von den Alliierten
als „Mitläufer“ eingestuft.
Und auch die vierte, von der
Arbeit her jüngste Sekretärin Gertraud „Traudl“
Junge war keineswegs eine unbedarfte Mitläuferin, kam sie doch auf
Vermittlung von Martin Bormann in die
Reichskanzlei. Ihr Vater war Mitglied eines rechtsextremen Freikorps und musste
deswegen auch das Land verlassen, ihr Grossvater pensionierter General. Gertraud Junge, bis 1943 noch Humps heiratete
einen SS Hauptsturmführer. Die Ehe hielt bis zu Junges Tod 1944.
Die männlichen Mitarbeiter
Hitlers waren noch weniger unwissende Opfer: Otto
Günsche ware überzeugter Nationalsozialist, den auch elf Jahre Straflager
nicht beeindrucken konnten und blieb es bis zu seinem Tod. Auch bei Rochus Misch, der zumindest im hohen Alter
kritisch mit seiner Rolle umging, kann man mit einiger Sicherheit sagen, dass
er bis zuletzt Nationalsozialist gewesen ist. Durch die Tatsache, dass seine
Frau SPD seit 1945 zuerst Mitglied und dann Politikerin war ist dies ein wenig
verschleiert worden. Trotzdem – Rochus Misch hat
die alten Fotoalben, die ihn in der unmittelbaren Nähe Hitlers zeigten – stets
aufgehoben und in seinem letzten Interview auch vor der Kamera hergezeigt und
erklärt. Dabei hat stets eine gewisse Wehmut mitgeschwungen – so als trauere
man den alten Zeiten im Machtzentrum der Nazis nach.
Auch der Chefpilot, Hans Baur war überzeugter Nationalsozialist.
Als Flieger im Ersten Weltkrieg verdingte er sich zunächst im Freikorps Epp und
wurde danach Pilot bei der Lufthansa. 1926 trat er der NSDAP bei und war ab
1932 Hitlers Leibpilot. Zu dieser Zeit trat er auch der SS bei, zu dessen
Gruppenfürer (Generalleutnant) er aufstieg. Als begeisterter Hobbyfilmer filmte
er die kleinen und grossen Banalitäten von Hitlers unmittelbarster Umgebung. Er
blieb bis zum Schluss im Führerbunker, wurde beim Ausbruchsversuch am 2. Mai so
schwer an beiden Beinen verwundet, dass ihm in sowjetischer Gefangenschaft das
rechte Bein amputiert wurde.
Nach seiner Entlassung aus
russischer Gefangenschaft ließ er sich am Ammersee nieder und blieb bis zu
ihrem Tode 1980 in Kontakt mit der Witwe Richard Wagners. Winifred Wagner, die bereits im Jahre 1926
NSDAP Mitglied geworden war, sammelte auch nach dem Kriege einen illustren
Kreis ehemaliger NSDAP-Funktionäre um sich, zu denen auch Baur gehörte. Bis zu
ihrem Tode hielt Winifred Wagner
Adolf Hitler die Treue, wie sie auch in einem Interview 1975 freimütig zugab.
Bei Constanze Manziarly ist
die Sachlage nicht so klar, Hitlers Diätköchin ist seit dem 2. Mai 1945
verschollen und vermutlich ums Leben gekommen. Sollte sie noch leben wäre sie
heute 95 Jahre alt. Laut der Auskunft Gertraud
Junges wurde sie von ihr zuletzt mit zwei Russen gesehen, die
meisten anderen Quellen sprechen aber davon, dass Constanze
Manziarly Selbstmord begangen hat. Die gebürtige Innsbruckerin kam
auf Vermittlung von Christa Schroeder
1944 anstelle der bisherigen Köchin Helene von
Exner an Hitlers Seite. Helene von
Exner, die 1943 auf Veranlassung von Rumäniens Diktator Ion
Antonescu zu Hitler kam musste im Februar 1944 die Umgebung des Führers wieder
verlassen da herauskam, dass sie möglicherweise nicht rein arisch war. Für sie
kam Constanze Manziarly. Über Helene von Exner ist darüberhinaus nur wenig
bis gar nichts bekannt.