Sonntag, 27. Dezember 2015

Die "kleinen" Helfer Hitlers

Der Innere Kreis

 
 
Es waren nicht nur die grossen Befehlshaber die das Werk am Laufen hielten, sondern die vielen „kleinen“ Lichter, die Helfer die die Befehle verschriftlichten, beförderten und dafür sorgten, dass sie irgendwie an ihren Empfänger kamen. Die vielen Sekretärinnen, Telefonistinnen, Adjutanten und sonstigen Menschen die es den Grössen des Dritten Reiches erst ermöglichten, ihre menschenverachtenden Pläne in die Tat umzusetzen. Sicher – diese Menschen waren nicht direkt für Hitlers Befehle verantwortlich, konnten nichts dafür dass Menschen vergast wurden oder verbrecherische Angriffe befohlen werden konnten, sie waren aber informiert und in den meisten Fällen auch von ihrer Arbeit überzeugt. Unwissenheit kann keine/r vorgeben. Schliesslich saßen sie an der Quelle der Informationen.
 
Schon die übereinstimmenden Berichte und Interviews, die die „Menschlichkeit und Normalität Hitlers“ hervorheben zeigen, wie indoktriniert, ja fanatisiert die Mitarbeiter in der Reichskanzlei, dem Führerbunker und anderer Befehlsstellen des Dritten Reiches gewesen sind. Dazu trug auch die heimliche Geliebte Hitlers, Eva Braun ihr Scherflein bei, da sie ihre gesamte Umgebung beherrschte und mit ihren Launen und kleinen Ideen auf Trab hielt. Eva Braun lernte Hitler 1929 (damals war sie gerade mal 17 Jahre alt) kennen und war – vermutlich – bereits seit 1932 Hitlers Geliebte. Davor wird dem Diktator eine Affäre mit seiner Nichte Angela „Geli“ Rauball nachgesagt, die 1931 in München Selbstmord begangen haben soll. Hitler war seit 1923 zu Rauballs Vormund bestimmt worden und wohnte seit 1929 ständig mit Geli Rauball in einer grossen Wohnung in München zusammen. Seit der Machtergreifung Hitlers 1933 war allerdings Eva Braun die unumstrittene Herrscherin des Berghofes und der Umgebung Hitlers. Sie errichtete um ihn herum eine Blase, die auch seine Mitarbeiterinnen einschloss.
 
Da waren zum Beispiel Hitlers vier Sekretärinnen, die Tag und Nach in der unmittelbaren Umgebung des Führers waren, seine Gedanken niederschrieben, seine Befehle vervielfältigten und – im Falle von Gertraud Junge – auch sein Testament verfassten. Keine der Damen hat zeitlebens eine echte Absage an diese Zeit gemacht, nur Junge hat es verklausuliert mit „Ich verzeihe mir nicht, dass diese dumme Gans von damals diese Dinge mitgemacht hat“ – durch das Benutzen der Dritten Form versucht sie hier, sich von ihrem Tun abzukapseln und selber reinzuwaschen. Doch dem war nicht so: Junge und die anderen Damen (Gerda Christian, Johanna Wolf und Christa Schroeder) sind nicht zufällig zu ihren Posten gekommen. Teilweise seit langem überzeugte Nationalsozialistinnen oder aus Elternhäusern, die national eingestellt waren machten sie in der Nazihierarchie Karriere.
 
Einige heirateten hohe SS Offiziere, andere wiederum waren mit ihnen zeit ihres Lebens befreundet, wie Gerda Christian, die mit Hitlers Adjutant Otto Günsche in Kontakt blieb. Otto Günsche selber war bis zu seinem Tod überzeugter Nationalsozialist. Ob Gerda Christian ähnlich dachte kann man nur vermuten.
 
Ein weiterer Fall war der Leibwächter und Telefonist Rochus Misch, der auch bis zuletzt bei Hitler ausharrte und bis 1953 in russische Gefangenschaft geriet. Er hat sich ebenfalls nie für diese Zeit entschuldigt, im Gegenteil, bis zu seinem Tode 2010 bezeichnete er Stauffenberg (den Attentäter vom 20. Juli 1944) als Kameradenmörder. Ironischerweise wurde seine Frau Gerda Misch (die beiden heirateten bereits 1942) nach dem Zweiten Weltkrieg SPD Politikerin. Auch ein Beweis, wie wandelbar Menschen sein konnten, denn es ist mehr als zweifelhaft, dass in der unmittelbaren Umgebung Hitlers Vermählungen ohne die Zustimmung des Führers stattfinden durften. Bestes Beispiel war Christa Schroeder deren Verlobung mit Lav Alkonic, einem jugoslawischen Diplomaten auf Befehl Hitlers gelöst werden musste. Dabei war Christa Schroeder seit 1933 Hitlers Privatsekretärin.
 
Dasselbe galt für Johanna Wolf, die von 1945 bis 1948 im selben Gefangenenlager der US Streitkräfte in Augsburg inhaftiert gewesen ist. Beide Damen waren schon 1928 bzw 1929 in die NSDAP eingetreten. Beide Damen starben auch innerhalb eines Jahres in München (Christa Schroeder 1984 und Johanna Wolf 1985). Man kann vermuten, dass sie bis zu ihrem Tode miteinander in Kontakt geblieben sind.
 
Hitlers Lieblingssekretärin Gerda Christian, damals noch Daranowski (Hitler kürzte ihren Nachnamen in „Dara“ ab) war seit 1937 in der unmittelbaren Umgebung Hitlers. Bis auf ein kurzes Intermezzo von Ende 1942 –  Frühjahr 1943 (sie heiratete den Fliegermajor Eckehard Christian) blieb sie geeinsam mit Gertraud Junge bis zu seinem Tode in der Reichskanzlei.
 
Gerda Christian, deren Ehe noch 1945 geschieden wurde ging via Bayern nach Düsseldorf und hielt dort engen Kontakt mit den alten Kampfgefährten wie Otto Günsch und Arno Breker. Sie wurde die Geliebte des ehemaligen SS Brigadeführers und „Mann fürs Grobe“ wenn es darum ging, zerfallende Staaten auszuplündern, Edmund Veesenmayer, der in den 50er Jahren versuchte mit Hilfe alter Kampfgefährten (dem sogenannten Naumann-Kreis, benannt nach Werner Naumann dem letzten Staatssekretär Goebbels) die FDP mit dem Ziel der Errichtung eines neuen NS Staates zu unterwandern. Veesenmayer war damals auch für die Deportation von Juden in die KZs verantwortlich. Gerda Christian wurde dann die Privatsekretärin Arno Brekers, der für seine Hitlerbüste sowie seiner Bauten für die Nazis berühmt wurde. Ironischerweise wurde auch er von den Alliierten als „Mitläufer“ eingestuft.
 
Und auch die vierte, von der Arbeit her jüngste Sekretärin Gertraud „Traudl“ Junge war keineswegs eine unbedarfte Mitläuferin, kam sie doch auf Vermittlung von Martin Bormann in die Reichskanzlei. Ihr Vater war Mitglied eines rechtsextremen Freikorps und musste deswegen auch das Land verlassen, ihr Grossvater pensionierter General. Gertraud Junge, bis 1943 noch Humps heiratete einen SS Hauptsturmführer. Die Ehe hielt bis zu Junges Tod 1944.
 
Die männlichen Mitarbeiter Hitlers waren noch weniger unwissende Opfer: Otto Günsche ware überzeugter Nationalsozialist, den auch elf Jahre Straflager nicht beeindrucken konnten und blieb es bis zu seinem Tod. Auch bei Rochus Misch, der zumindest im hohen Alter kritisch mit seiner Rolle umging, kann man mit einiger Sicherheit sagen, dass er bis zuletzt Nationalsozialist gewesen ist. Durch die Tatsache, dass seine Frau SPD seit 1945 zuerst Mitglied und dann Politikerin war ist dies ein wenig verschleiert worden. Trotzdem – Rochus Misch hat die alten Fotoalben, die ihn in der unmittelbaren Nähe Hitlers zeigten – stets aufgehoben und in seinem letzten Interview auch vor der Kamera hergezeigt und erklärt. Dabei hat stets eine gewisse Wehmut mitgeschwungen – so als trauere man den alten Zeiten im Machtzentrum der Nazis nach.
 
Auch der Chefpilot, Hans Baur war überzeugter Nationalsozialist. Als Flieger im Ersten Weltkrieg verdingte er sich zunächst im Freikorps Epp und wurde danach Pilot bei der Lufthansa. 1926 trat er der NSDAP bei und war ab 1932 Hitlers Leibpilot. Zu dieser Zeit trat er auch der SS bei, zu dessen Gruppenfürer (Generalleutnant) er aufstieg. Als begeisterter Hobbyfilmer filmte er die kleinen und grossen Banalitäten von Hitlers unmittelbarster Umgebung. Er blieb bis zum Schluss im Führerbunker, wurde beim Ausbruchsversuch am 2. Mai so schwer an beiden Beinen verwundet, dass ihm in sowjetischer Gefangenschaft das rechte Bein amputiert wurde.
 
Nach seiner Entlassung aus russischer Gefangenschaft ließ er sich am Ammersee nieder und blieb bis zu ihrem Tode 1980 in Kontakt mit der Witwe Richard Wagners. Winifred Wagner, die bereits im Jahre 1926 NSDAP Mitglied geworden war, sammelte auch nach dem Kriege einen illustren Kreis ehemaliger NSDAP-Funktionäre um sich, zu denen auch Baur gehörte. Bis zu ihrem Tode hielt Winifred Wagner Adolf Hitler die Treue, wie sie auch in einem Interview 1975 freimütig zugab.
 
Bei Constanze Manziarly ist die Sachlage nicht so klar, Hitlers Diätköchin ist seit dem 2. Mai 1945 verschollen und vermutlich ums Leben gekommen. Sollte sie noch leben wäre sie heute 95 Jahre alt. Laut der Auskunft Gertraud Junges wurde sie von ihr zuletzt mit zwei Russen gesehen, die meisten anderen Quellen sprechen aber davon, dass Constanze Manziarly Selbstmord begangen hat. Die gebürtige Innsbruckerin kam auf Vermittlung von Christa Schroeder 1944 anstelle der bisherigen Köchin Helene von Exner an Hitlers Seite. Helene von Exner, die 1943 auf Veranlassung von Rumäniens Diktator Ion Antonescu zu Hitler kam musste im Februar 1944 die Umgebung des Führers wieder verlassen da herauskam, dass sie möglicherweise nicht rein arisch war. Für sie kam Constanze Manziarly. Über Helene von Exner ist darüberhinaus nur wenig bis gar nichts bekannt.