Sonntag, 27. Dezember 2015

Angebliche Zeitzeugin Hitlers: Margot Woelk (Wölk)


Die (angebliche) Geschichte der Margot Wölk


 

In der Umgebung Hitlers herrschte – nicht erst seit dem 20. Juli 1944 Misstrauen und Angst vor Attentaten. Nicht zu unrecht, wurden auf den Führer doch im Laufe der Jahre mindestens 40 Attentate versucht oder geplant. Einige von den eigenen Leuten, einige von Widerstandskämpfern und andere wiederum von den militärischen Gegnern des Dritten Reiches. Die Briten zum Beispiel (und das ist wiederum verbrieft) hatten eine Kommission die feststellen sollte, ob und wie man Hitler durch Einsatz von Gift oder anderen chemischen Mitteln lähmen bzw. langsam töten könnte. Einer dieser Pläne war, ihm Gift ins Essen zu mischen, der dazu auserkorene Mann verschwand jedoch nach Anzahlung einer Prämie auf Nimmerwiedersehen.

 

Margot Wölk heizte diese Diskussionen und Spekulationen 2014 mit ihrem (angeblichen) Bericht wieder neu an: als junges Mädchen musste sie – gemeinsam mit 14 anderen Frauen – Hitlers Mahlzeiten vorkosten um so einem Giftattentat zuvorzukommen. Die heute 97jährige schilderte die entsetzlichen psychischen Qualen die sie jeden Tag hatte, wenn sie dran war, das Essen zu kosten. Von 1942 bis Kriegsende soll sie diese Tätigkeit ausgeübt haben bzw. dazu von der SS gezwungen worden sein.

 

Nun, kann das alles stimmen ? Zunächst einmal gab es seit mindestens Anfang 1943 eine eigene Köchin, zunächst war das Marie Helene „Marlene“ von Exner, die dann Mitte 1944 von Constanze Manziarly abgelöst wurde. Beide Köchinnen waren speziell eingestellte Diätköchinnen und bereiteten das Essen für den Führer (und nur für ihn) eigenhändig zu. Damit ist aber auch klar, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine Vorkosterinnen mehr gegeben haben kann da die Köchinnen ihre Speisen wohl selber abschmeckten und somit vorkosteten. Die beiden Damen waren ausserdem speziell ausgesucht worden (Exner musste gehen da die Arierschaft ihrer Grossmutter, eines Findelkindes nicht ganz geklärt werden konnte) und waren – zumindest bei Manziarly unzweifelhaft – eifrige Parteigenossinnen. Während man über Exner nach 1944 nicht mehr viel weiss (ausser dass sie nach dem Krieg Verfasserin einiger Diätbücher gewesen zu ein scheint) blieb Manziarly bis Mai 1945 im Führerbunker und beging dort (nach Aussagen mehrerer Anwesender) wahrscheinlich am 2. Mai 1945 Selbstmord durch Einnahme einer Blausäurekapsel. Nur Gertraud Junge behauptete, sie habe sie zuletzt in Begleitung zweier sowjetischer Soldaten gesehen.

 

Wölk, geboren am 27. Dezember 1917 in Berlin Wilmersdorf (lt. britschen Angaben, die deutschen Quellen geben Schmargendorf an) sollte zunächst dem BDM (Bund Deutscher Mädel) beitreten, was sie aber deutschen Quellen zufolge ebenso verweigerte wie ihr Vater den Parteieintritt und war anschliessend bis mindestens Ende 1941 Sekretärin in der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte. Verheiratet war sie seit 1939 mit dem sieben Jahre älteren Kurt Wölk, ihrem dortigen Chef.








 

Nachdem ihre Eltern ausgebombt worden waren zogen sie nach Groß-Partsch, heute Parcz im heute polnischen Masuren nahe der Grenze zu Litauen. Margot folgte ihren Eltern 1942, nachdem sie selber ebenfalls ausgebombt wurde. Dort soll (angeblich) der Bürgermeister die Anweisung gegeben haben, sie und 14 andere Mädels mögen sich im Führerbunker Wolfsschanze zu einem Spezialauftrag melden. In Krausendorf mussten sie Quartier nehmen und die in der dortigen Küche zubereiteten Speisen vorkosten. Sie berichtete, dass ihr „Dienstbeginn“ um 8 Uhr morgens war und bis spät in die Nacht dauerte. Allerdings behauptete Margot Wölk, den Führer, für den sie (angeblich) die Speisen vorkostete, nie persönlich gesehen zu haben, was bei der Paranoia des Führers, der alle Leute in seiner Umgebung persönlich aussuchte, kaum vorstellbar war. Ebenso ist es ziemlich unglaubwürdig, dass sie heute keinen Namen ihrer Mitleidenden mehr kennt. Nur einige dubiose Vornamen sind ihr zu entlocken. Wenn man sich ihre gesamte Geschichte, die mit vielen Details gespickt waren so anhört kommen schon Zweifel an der Richtigkeit auf. Auch die Behauptung, die Lebensmittel die Hitlers Diätköchinnen zubereiteten wurden vorgekostet ist – wie oben beschrieben – mehr als nur zweifelhaft. Was hätte es gebracht, wenn Margot Wölk vergiftetes Essen zu sich genommen hätte und langsam gestorben wäre ? Die Lebensmittel wären ja – Hitler wollte nur frische Speisen haben – schon beim Führer gewesen.

 

Auch ihre Schilderung des Attentats vom 20. Juli 1944 ist eher zu hinterfragen. So zerstörerisch die Bombe gewesen sein mag, bis in den äusseren Sperrkreis konnte man den Knall auf keinen Fall hören, da der Sprengsatz in einem Bunker explodiert war.

 
Als die Rote Armee Ende 1944 in der Nähe der Wolfsschanze waren wurde sie von einem Offizier, angeblich Oberleutnant des Begleitkommandos laut britischen Angaben nach Berlin geschickt, wo sie im Führerbunker (angeblich) dieselben Arbeiten verrichtete. Die deutschen Quellen berichteten nur davon, dass sie in Berlin war, dort allerdings versteckt bei einem Arzt. Auch dieser Teil ist zu hinterfragen, war doch die Wehrmacht nach dem 20. Juli 1944 de facto entmachtet und die SS in der unmittelbaren Umgebung Hitlers tonangebend. Bei der damals herrschenden Paranoia und Kontrollwut ist es kaum vorstellbar, dass eine – laut Eigenangaben – Vorkosterin Hitlers so ohne weiteres flüchten konnte bzw. nicht nach ihr gefahndet wurde. Schon gar nicht mit dem „Goebbelszug“, der sicher massiv kontrolliert wurde.

 

Bei Kriegsende fiel sie in die Hände von Soldaten der Roten Armee, die sie tagelang vergewaltigten und misshandelten, sodass sie unfruchtbar wurde. Dabei sind ihr aber auch einige Daten durcheinandergeraten, da zu dem Zeitpunkt (Ende April – die Kämpfe in Berlin endeten am 1. Mai 1945), wo sie von den Sowjets misshandelt wurde, die Schlacht um Berlin schon lange zu Ende war. Auch die Zeitspanne zwischen Ende April/Anfang Mai und den im Sommer 1945, genauer gesagt ab dem 4. Juli 1945 eingetroffenen britischen und amerikanischen Westalliierten (die Franzosen folgten erst am 12. August 1945, da ihnen die Sowjets keine eigene Zone zugestanden haben) ist zu lange.

 

Entweder sie hat die Daten falsch in Erinnerung (was bei derartigen Verbrechen öfters vorkam) oder hat auch in dieser Hinsicht etwas dazuerfunden. Ihre Rettung bzw. Pflege durch britsche Soldaten kann so nicht stimmen. Auch der Bericht, dass sie sich in ihren Retter verliebte ist anzuzweifeln, da es sehr selten vorkam dass sexuell derart traumatisierte Frauen jemals wieder richtig lieben, geschweige denn eine intime Beziehung aufnehmen konnten. Die Fotos die sie in dem Film herzeigt sprechen jedoch eine andere Sprache denn sie zeigen eine lebenslustige, hübsche Frau der man wohl kaum die erlittenen Schmerzen ansah. Irgendwas stimmt da nicht. Sicher ist nur, dass sie überlebte und 1947 mit ihrem aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Mann Kurt 34 Jahre lang zusammenlebte. Dann folgte die Trennung des Paares. Kurt Wölk starb 1990.

 
Soweit ihr Bericht der wohl in groben Zügen, vor allem was das Kriegsende betraf stimmen mag. Die Tatsache, dass Hitler – wie oben bereits beschrieben – zwei spezielle Köchinnen hatte und damit definitiv keine Vorkosterinnen braucht schwächt die Aussage Margot Wölks erheblich, womit auch der Rest ihrer Geschichte zweifelhaft wirkt. Würde sie allerdings stimmen so wäre Wölk die bzw. eine der letzten lebenden Zeitzeuginnen aus dem Inneren Kreis des Führers.