Am 9. Dezember startet die Elektronische Gesundheitsakte in Wien und der Steiermark
Seit Jahren wird über Elga heftigst debattiert, Anfang Dezember geht die Elektronische Gesundheitsakte in den ersten Spitälern in Echtbetrieb. Die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Start:
Die Elektronische Gesundheitsakte ist ein Informationssystem, das Patienten und ihren behandelnden Ärzten, Spitälern, Pflegeeinrichtungen und Apotheken einfachen, orts- und zeitunabhängigen Zugang zu Gesundheitsdaten ermöglicht. Die verwendeten Daten und Befunde werden dafür nicht zentral gespeichert, sondern mittels Elga vernetzt. Als Schlüssel zu den Daten dient die E-Card.
- Wann und wo startet Elga?
Den ersten Schritt machen öffentliche Spitäler in der Steiermark und Wien am 9. Dezember. Während in der Steiermark mit der Teilnahme aller Landeskrankenhäuser der Krankenanstaltengesellschaft und anderen Einrichtungen mehr als 90 Prozent der stationären Fälle abgedeckt werden können, geht man die Sache in Wien zaghafter an. Zum Stichtag werden lediglich fünf Abteilungen des Spitals Hietzing mit Elga arbeiten. Anfang 2016 sollen die anderen Spitäler und Abteilungen des Krankenanstaltenverbunds folgen. Im AKH Wien startet Elga im Frühjahr 2016. Für die schrittweise Einführung hat man sich entschieden, weil damit etwaige technische Probleme leichter zu lösen seien. Die anderen Spitäler und Bundesländer sollen dann im Laufe des nächsten Jahres an Elga angeschlossen werden. Für niedergelassene Ärzte gilt: Ab Mitte 2016 freiwillig, ab Mitte 2017 ist Elga für sie verpflichtend!
- Um welche Daten und Befunde geht es?
Anfangs werden ärztliche und pflegerische Entlassungsbriefe, Labor- und Radiologiebefunde aus den teilnehmenden Spitälern abrufbar sein. Es werden nur neue Befunde aufgenommen. Weitere Befundarten sollen folgen, beispielsweise Röntgenbilder.
Das ist jener Teil von Elga, der via Datenbank jene
Medikamente speichert, die dem Patienten vom Arzt verordnet wurden. Auch die von Apotheken abgegebenen rezeptfreien
Arzneimittel werden hier gespeichert. Eine automatische Wechselwirkungsprüfung gibt es jetzt zwar nicht, Ärzte können aber anhand der für den Patienten einsehbaren Liste Wechselwirkungen überprüfen und Doppelverschreibungen vermeiden. Die E-Medikation geht im zweiten Quartal 2016 in der steirischen Region Deutschlandberg in Probebetrieb.
- Wer hat welche Rechte bei Elga?
Erstmals sind die eigenen Gesundheitsdaten über das Elga-Gesundheitsportal –
www.gesundheit.gv.at – abrufbar. Hier kann die Elga-Teilnahme auch widerrufen werden (opt out). Es gibt zudem die Möglichkeit, bestimmte Dokumente einzeln "auszublenden". Grundsätzlich hat aber ohnehin nur jener Gesundheitsanbieter Einsicht in die Gesundheitsakte eines Patienten, mit dem ein Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis vorliegt. Die Zugriffsberechtigung für Ärzte, Krankenanstalten oder Pflegeeinrichtungen bleibt ab Stecken der E-Card für 28 Tage aufrecht (etwa für das Einspielen noch ausständiger Befunde). Apotheken haben nur zwei Stunden auf die Medikationsdaten Zugriff. Behörden, Versicherungen oder Betriebsärzte haben keinen Zugriff. Wer Elga nicht ganz traut, kann sich auch nur teilweise von Elga abmelden, also von einzelnen Funktionen wie E-Medikation oder E-Befunde. Seit 2014 haben sich rund 225.000 Personen von Elga abgemeldet.
Bund, Länder und Sozialversicherung sagen ja. Die Ärztekammer zweifelt. Volker Schörghofer, als stellvertretender Generaldirektor zuständig für das Projekt, sagt: "Elga muss nach allen Regeln der Kunst sicher sein." Also habe man sogar Hackerangriffe von externen Firmen im Vorfeld simuliert. Beim KAV hält man einen Großangriff auf Elga-Daten auch deshalb für schwierig, weil keine großen Datenmengen an einem zentralen Platz gespeichert werden. Auch eine Betrugserkennungssoftware wird eingesetzt. Jeder Zugriff wird mitprotokolliert und kann vom Patienten eingesehen werden.
- Warum wehrt sich die Ärztekammer gegen das Projekt?
Nach zahlreichen Kampagnen gegen Elga spricht Ärztekammerpräsident Arthur Wechselberger jetzt, vor dem Start in Wien und der Steiermark, von einer "Nagelprobe, ob es funktioniert oder nicht". Wenn nämlich die Benutzerfreundlichkeit nicht ausreiche und der Einsatz des neuen Systems für die Ärzte nicht praktikabel sei, dann kann sich Wechselberger vorstellen, dass sich die Ärzte "wehren". Sie pochen auch auf eine Abgeltung der in den Ordinationen nötigen Investitionen, Verhandlungen dazu laufen noch.
- Welche Vorteile versprechen sich Befürworter von Elga?
Die Vernetzung der Daten soll einen besseren Informationsfluss zwischen den am Behandlungsprozess Beteiligten bewirken. Relevante Gesundheitsdaten werden zeit- und ortsunabhängig zur Verfügung gestellt, wovon man sich eine Verbesserung der Behandlungsqualität und eine Erhöhung der Patientensicherheit verspricht. Außerdem würden Patienten, neben dem Vorteil, die eigenen Befunde und Medikamentenübersicht via Internet abrufen zu können, Mehrfachuntersuchungen erspart.
- Und was kostet das alles?
Als Patient muss man für Elga nicht zusätzlich zahlen, kostenlos ist die Gesundheitsakte aber natürlich nicht. Bund, Länder und Sozialversicherung haben seit 2010 und noch bis 2017 rund 130 Millionen Euro in das System gesteckt. Die laufenden Kosten pro Jahr werden ab 2018 auf rund 18 Millionen Euro geschätzt. Gleichzeitig erwartet man sich ab 2017 eine Kostendämpfung von 129 Millionen Euro pro Jahr durch die Vermeidung von Mehrfachmedikationen oder Doppelbefundungen. Wenn Elga Anfang Dezember an den Start geht, sollen weitere 750.000 Euro in eine begleitende Infokampagne fließen. (red, APA, 15.11.2015)