Donnerstag, 19. November 2015

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Fingerabdrücke bestätigten Tod

Der als mutmaßlicher Drahtzieher der Anschläge von Paris gesuchte Abdelhamid Abaaoud ist bei der Polizeiaktion nördlich der französischen Hauptstadt am Mittwoch getötet worden. Das teilte die Pariser Staatsanwaltschaft am Donnerstag nach der Untersuchung der Leiche mit.
Der Tod Abaaouds bei der Razzia in einem Wohnhaus im Pariser Stadtteil Saint-Denis wurde laut Staatsanwaltschaft durch Fingerabdrücke bestätigt. „Es war die Leiche, die wir in dem Gebäude gefunden haben“, hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. Sie sei von Kugeln durchsiebt gewesen.

Hinweise auf Aufenthalt in Pariser Vorort

Der 28-jährige Belgier aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek wird verdächtigt, die Anschläge organisiert zu haben, bei denen am Freitag 129 Menschen getötet wurden. Er hatte marokkanische Wurzeln und soll für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien gekämpft haben. Eigentlich war vermutet worden, dass sich Abaaoud in Syrien aufhält.
Staatsanwalt Francois Molins sagte, Auslöser des Einsatzes in dem Pariser Vorort sei ein Hinweis gewesen, dem zufolge sich Abaaoud in Saint-Denis aufhalte. Am Mittwoch hatte die Polizei in Saint-Denis nach Angaben der französischen Staatsanwaltschaft ein terroristisches „Kommando“ zerschlagen. Der Einsatz hatte Abaaoud gegolten.
Spezialkräfte hatten bei dem dramatischen siebenstündigen Zugriff acht Menschen festgenommen. Dabei gab es noch einen weiteren Toten. Vermutlich sprengte sich eine Frau mit einer Sprengstoffweste selbst in die Luft - die Obduktion wird darüber noch Klarheit schaffen müssen. Seit der Mordserie, zu der sich der IS bekannte, gab es in Frankreich 414 Hausdurchsuchungen. 64 Menschen wurden vorläufig festgenommen, 60 kamen in Polizeigewahrsam. 118 Menschen wurden unter Hausarrest gestellt.

Polizei gab 5.000 Schüsse ab

Der Einsatz am Mittwoch begann gegen 4.20 Uhr in der Innenstadt von Saint-Denis. Die Bewohner des Apartments lieferten dem Einsatzkommando der Elitepolizeieinheit RAID einen rund siebenstündigen Nervenkrieg. Laut Staatsanwalt wurden dabei alleine von der Polizei 5.000 Schüsse abgegeben. Den ganzen Vormittag über waren Explosionen zu hören. Anrainer wurden teilweise im Pyjama aus ihren Wohnungen geholt und in Sicherheit gebracht. Insgesamt waren 110 Elitepolizisten an dem Einsatz beteiligt, sechs von ihnen wurden leicht verletzt.
Nach der Erstürmung der Wohnung wurden zwei Verdächtige sofort festgenommen. Zwei weitere wurden gefasst, nachdem sie sich laut Staatsanwalt Molins „unter dem Schutt“ der bei der Erstürmung teilweise zerstörten Wohnung versteckt hatten. Und noch zwei weitere Verdächtige wurden in der Umgebung festgenommen, darunter der Mann, dem die Wohnung gehörte. Kurz bevor ihm Handschellen angelegt wurden, sagte er der Nachrichtenagentur AFP, er habe lediglich einem Freund helfen wollen, der ihn gebeten habe, Bekannte bei sich aufzunehmen.

Valls: „Gehirn der Anschläge“

Premierminister Manuel Valls würdigte kurz nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod Abaaouds die „außergewöhnliche Arbeit unserer Geheimdienste und der Polizei“. Damit sei „einer der Drahtzieher“ der Anschläge tot. „Wir wissen heute, dass sich Abaaoud, das Gehirn dieser Anschläge - eines der Gehirne, denn wir müssen besonders vorsichtig sein und kennen die Bedrohungen -, unter den Toten befand“, sagte Valls am Donnerstag.
Präsident Francois Hollande hatte am Mittwoch gesagt, der Einsatz in Saint-Denis zeige erneut, dass sich Frankreich „im Krieg befinde“ - „einem Krieg gegen den Terrorismus, der gegen uns Krieg führt“. Hollande dankte den involvierten Sicherheitskräften nach deren Einsatz. Frankreich sei stolz auf seine mächtigen Streitkräfte. Hollande beschwor einmal mehr die Einigkeit der Franzosen.
Der Anti-Terror-Einsatz ereignete sich fünf Tage nach den Anschlägen von Paris. Nach neuen Erkenntnissen bildeten die Attentäter drei Kommandos mit je drei Mitgliedern. Ein Kommando sollte das Stade de France angreifen, eines tötete in der Konzerthalle Bataclan 89 Menschen, ein drittes schoss vor Cafes und Restaurants wahllos auf Menschen. Sieben Attentäter starben bei den Anschlägen. Der IS bekannte sich zu den Anschlägen.

Suche nach weiterem Verdächtigen

Die Polizei sucht unter Hochdruck mindestens einen weiteren Verdächtigen, Videoaufnahmen deuten auf die Existenz eines neunten Attentäters hin. Dabei handelt es sich um den 26-jährigen Salah Abdeslam, dessen Bruder Brahim unter den getöteten Attentätern ist. Die belgische Generalstaatsanwaltschaft räumte am Mittwoch ein, dass die beiden in Belgien lebenden Brüder vor den Anschlägen in Paris von belgischen Ermittlern verhört worden waren. Sie seien aber nicht weiter beobachtet worden, weil „keine Anzeichen einer möglichen Bedrohung“ vorgelegen hätten, hieß es.
Salah Abdeslam hielt sich laut Angaben des österreichischen Innenministeriums im September auch in Österreich auf. Bisher wurden vier der sieben getöteten Attentäter identifiziert. Bei allen handelt es sich um Franzosen, drei von ihnen kämpften in Syrien. Bei einem fünften wurde ein syrischer Pass gefunden, der aber womöglich gefälscht ist.

Alle Opfer der Anschläge identifiziert

Unterdessen teilte die Regierung mit, dass alle 129 Opfer der Anschläge identifiziert wurden. Die Polizei setzte in der Nacht auf Mittwoch zudem ihre Razzien im islamistischen Milieu fort. So wurden in Toulouse und in der Gegend des Dorfes Artigat mehrere Wohnungen durchsucht, wie aus Ermittlerkreisen verlautete. Fabien Clain, der am Dienstag als Sprecher der Bekennerbotschaft des IS identifiziert wurde, stammte aus Toulouse und gehörte zu einer Islamistengruppe in Artigat.