Montag, 23. November 2015

Neuigkeiten

Schusswechsel in Molenbeek

Kurz nach dem Großeinsatz in der Brüsseler Innenstadt und in anderen belgischen Städten vom Sonntagabend ist die Staatsanwaltschaft in der Nacht an die Öffentlichkeit getreten. Der Erklärung zufolge wurden allein in Brüssel 19 Häuser durchsucht, 16 Menschen wurden im Zuge der Razzien festgenommen. Der gesuchte Salah Abdeslam war nicht dabei.
Es seien bei dem Einsatz weder Waffen noch Explosivstoffe gefunden worden. In dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek gab es auf der Straße einen Schusswechsel. Laut Staatsanwaltschaft gab die Polizei Schüsse auf ein Auto ab. Es habe einen Verletzten gegeben. Es sei aber unklar, ob die Insassen eine Verbindung zu den Gesuchten hätten. Drei Hausdurchsuchungen gab es laut Staatsanwaltschaft auch in Charleroi, rund 70 Kilometer südlich von Brüssel.
Weitere Details wollte die Staatsanwaltschaft mit Rücksicht auf laufende Ermittlungen nicht bekanntgeben. Der Anti-Terror-Einsatz in Brüssel hatte sich Medienberichten zufolge etwa auf das Zentrum rund um den Grande Place konzentriert. Auch im EU-Viertel Etterbeek soll es dem belgischen Rundfunk RTBF zufolge Einsätze gegeben haben.

Mit BMW Richtung Deutschland?

Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Abdeslam, der Bruder eines der Selbstmordattentäter von Paris, ist jedenfalls nicht unter den Verhafteten. Abdeslam steht im Verdacht, eine Sprengstoffweste bei sich zu haben. Der 26-Jährige wohnte zuvor im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, soll an den Anschlägen mit 130 Toten beteiligt gewesen sein. Die Ermittler vermuten, dass er dem Attentäter-Kommando angehörte, das Dutzende Menschen vor Restaurants und Cafes erschoss.
Ob er sich in der belgischen Hauptstadt aufhält, bleibt unklar. Nach einem Bericht der Zeitung „La Libre Belgique“ entdeckten Sicherheitskräfte einen Verdächtigen in der Region der ostbelgischen Stadt Lüttich. Es könnte sich um Salah Abdeslam gehandelt haben. Der Mann soll mit einem BMW auf der Autobahn in Richtung Deutschland geflüchtet sein, so die Zeitung. Die Autobahn verbindet Lüttich mit Aachen. Dazu machte die Staatsanwaltschaft allerdings keine Angaben.
Erst am Sonntag forderte Salahs anderer Bruder diesen öffentlich auf, zur Polizei zu gehen. „Wir wollen, dass Salah sich stellt“, sagte Mohammed Abdeslam am Sonntag dem belgischen Rundfunk RTBF. „Damit er uns, seiner Familie und den Familien der Opfer und all den anderen Menschen (...) die Antworten geben kann, auf die wir warten.“ Zu der intensiven Fahndung der Polizei nach seinem Bruder sagte Mohammed Abdeslam: „Wir ziehen es vor, Salah im Gefängnis zu sehen und nicht auf dem Friedhof.“

U-Bahnen fahren auch am Montag nicht

Am frühen Sonntagabend hatte der nationale Sicherheitsrat, bestehend aus Vertretern von Regierung, Polizei und Sicherheitskräften, entschieden die höchste Terrorwarnstufe 4 für die Brüssel zu verlängern. Nach Angaben des Premiers Charles Michel sollen auch am Montag keine U-Bahnen fahren. Schulen und Universitäten in Brüssel bleiben geschlossen.
Die Behörden befürchteten laut Michel weiterhin einen Anschlag wie in Paris. Mögliche Ziele seien Geschäftsviertel, Einkaufszentren und der öffentliche Nahverkehr. Bei Stufe 4 besteht laut Regierung eine „ernste und unmittelbare“ Bedrohung. Sie gilt nun weiterhin für den Großraum Brüssel. Für den Rest Belgiens gilt Terrorwarnstufe 3. Das Krisenzentrum empfiehlt, belebte Orte wie Bahnhöfe und Flughäfen zu meiden sowie Konzerte und Großereignisse abzusagen.

Neubewertung am Montag

Montagnachmittag will Belgien die Lage neu bewerten. Das Ziel sei, so schnell wie möglich zu einem normalen Leben zurückzukehren. Michel rief die Bevölkerung auf, ruhig zu bleiben: „Wir sind nicht glücklich über diese Situation, aber wir müssen die Verantwortung übernehmen.“ Es ist nicht das erste Mal, dass in Belgien die höchste Terrorwarnstufe gilt. Nach Angaben des Radiosenders RTBF wurde sie zuletzt im Mai 2014 nach dem Attentat auf das jüdische Museum, bei dem ein Islamist vier Menschen erschoss, für jüdische Einrichtungen ausgerufen. Allerdings seien die derzeitigen Sicherheitsmaßnahmen so noch nie dagewesen, berichteten belgische Medien.

Geschäfte waren geschlossen

Die Behörden vermuteten mehrere Terrorverdächtige in Brüssel. Daher war die Sicherheitswarnstufe erhöht worden. Schon am Wochenende war das öffentliche Leben in Brüssel daher weitgehend stillgestanden. Seit Samstag fuhr keine U-Bahn mehr. Einkaufszentren, Geschäfte und Museen blieben geschlossen. Auch das Atomium, Wahrzeichen der Stadt, öffnete seine Türen nicht für Besucher. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg blieben auch die Synagogen geschlossen. Das Musikfestival Soundcheck und ein Konzert des Sängers Johnny Hallyday wurden am Samstag ebenso abgesagt wie zahlreiche Fußballspiele. Soldaten patrouillierten durch die Stadt.
Die französische Polizei startete indes am Sonntag einen Zeugenaufruf zu dem dritten Selbstmordattentäter von der Fußballarena Stade de France und verbreitete ein Foto des Attentäters. Dieses zeigt den Mann, der sich am 13. November am Eingang H des Stadions in die Luft sprengte. Die Polizei erhofft sich dadurch Hinweise auf die Identität des Mannes. Aufgrund der Fingerabdrücke steht derzeit nur fest, dass der Selbstmordattentäter Anfang Oktober auf der griechischen Insel Leros registriert worden war

http://orf.at/stories/2310992/2310993/