Nach einem Facebook-Beitrag von Heinz-Christian Strache hat ein DJ diesen mit Adolf Hitler verglichen. Zulässig, sagt vorerst ein Richter
Wien – Arash R. müsste für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eigentlich der Traum von einem Migranten sein. Im Alter von zwei Jahren ist der 33-Jährige aus dem Iran nach Österreich gekommen, seit rund zehn Jahren ist er Staatsbürger. Unbescholten, nach der Matura selbstständig und erfolgreich: Als DJ folgen R. auf Facebook über 450.000 Fans.
Vor Richter Stefan Romstorfer hat R. allerdings nicht dieses Konto im sozialen Netzwerk, sondern sein privates, das rund 3000 Freunde sehen können, gebracht. Denn auf dieser Seite hat er unter der Schlagzeile "Kein Respekt für Volkshetzer" eine Fotocollage veröffentlicht, auf der oben Strache und unten Adolf Hitler zu sehen ist.
Ein Vergleich, den der FPÖ-Politiker gar nicht goutiert – daher hat er eine Privatanklage wegen Beleidigung eingebracht. Strache wolle auch medienrechtlich Entschädigung, erklärt dessen Anwalt Niki Haas.
Strache-Posting nach Amokfahrt
R., vertreten durch Verteidiger Michael Pilz, bekennt sich nicht schuldig. Und erklärt, wie es zu seinem Posting gekommen ist. "Unmittelbar nach der Amokfahrt in Graz hat Strache einen Eintrag geschrieben", erinnert sich der Angeklagte.
In diesem erwähnte der Politiker die bosnische Staatsbürgerschaft des mutmaßlichen Täters und stellte in den Raum, dass ein terroristischer Hintergrund nicht ausgeschlossen sei.
R.s Wut steigerte sich, als er die Reaktionen von Straches Fans auf diese Aussagen las. "Tötet diese Drecksau sofort", war beispielsweise zu lesen, oder die Aufforderung, den Mann mit Schweinefleisch vollzustopfen und mit Wodka volllaufen zu lassen.
Das ärgerte den nun Angeklagten so sehr, dass er die Collage anfertigte und auf seine private Facebook-Seite stellte. "Ich hätte ja auch die Chance gehabt, das über 450.000 Leuten zu zeigen", erklärt er. Aber: "Als DJ mache ich keine politischen Statements."
Legitimer Hetzvergleich
Richter Romstorfer interessiert, was R. eigentlich ausdrücken wollte. "Wenn man auf Minderheiten losgeht, um Stimmen zu gewinnen, ist es ein legitimer Vergleich. Beide hetzen", hört er.
Es sei "ein krasser Vergleich", gibt R. zu, aber er beziehe sich nur auf diese eine Eigenschaft. "Ich habe ja nicht geschrieben, er vergast in seiner Freizeit Leute!", stellt er klar. Aber er habe nun einmal keinen Respekt für Hetzer übrig.
Straches Rechtsvertreter hält es sogar für möglich, dass die Reaktionen auf das Posting des Politikers den Angeklagten in Rage versetzt haben. "Aber Sie verfügen über eine gute Schulbildung und wissen, dass Adolf Hitler einer der größten Verbrecher aller Zeiten ist. Und ein Vergleich eine Beleidigung", argumentiert er.
Verteidiger Pilz kontert in seinem Schlusswort: "Herr Strache ist ungeniert im Austeilen und angerührt im Einstecken", sagt er. Natürlich habe der Politiker mit seinem Beitrag eine antiislamische Saite bei seinen Lesern in Schwingung versetzen wollen, ist er überzeugt.
Flammenwerfer statt Wasser
Und genau so habe auch Hitler immer wieder agiert, plädiert er für einen Freispruch. Denn: "Wir leben in einer Zeit, in der öffentlich junge Menschen Flammenwerfer statt Wasser für Flüchtlingskinder fordern. Und dieses Klima hat Herr Strache maßgeblich mitgeprägt!"
Der Richter folgt dieser Argumentation und spricht R., nicht rechtskräftig, frei. In seiner Begründung wird Romstorfer recht deutlich. Einerseits habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon schlimmere Dinge als im Rahmen der freien Meinungsäußerung befindlich eingeordnet.
Aber vor allem: "Sie haben das wohlüberlegt formuliert", gesteht er R. zu – habe er doch Volkshetzer und nicht den strafrechtlich relevanten Begriff Volksverhetzer verwendet. Der Volkshetzer "sei aber praktisch notorisch, um nicht zu sagen: Herr Strache liefert dafür laufend ein Tatsachensubstrat", stellt der Richter fest. Und merkt noch an: "Das muss sich Herr Strache gefallen lassen." (Michael Möseneder, 31.8.2015)