Die allerletzte Chance für „The Big U“
Das größte je in Amerika gebaute Passagierschiff befindet sich seit 2011 im Besitz einer Bürgerinitiative, die für eine Erhaltung des legendären Dampfers kämpft. Und auch wenn das längst nicht die erste Krise ist, in der die „United States“ steckt, sieht es diesmal wirklich ernst aus. Der einstige Luxusdampfer dümpelt seit Jahren in einem Hafenbecken in Philadelphia. Die Innenausstattung und Möbel wurden längst versteigert, das Schiff rostet dort vor sich hin.
60.000 Dollar im Monat
Doch selbst das Dahinrosten ist teuer. Sehr teuer sogar: Die Kosten für den Liegeplatz in Philadelphia betragen 60.000 Dollar (52.816,90 Euro) im Monat, trotz vieler Spenden aus den USA und der ganzen Welt sind sie nur schwer aufzubringen. Laut „New York Times“ („NYT“) haben die Eigentümer nun einen Schiffsmakler beauftragt, der einen möglichen Verkauf an ein Verschrottungsunternehmen untersuchen soll. Die Bürgerinitiative SS United States Conservancy ist zwar weiter um Investoren und Sponsoren bemüht, in einem Pressestatement gab sie allerdings als Deadline Ende Oktober bekannt.
Kreative Ideen, aber keine Investoren
Ideen für die Weiterverwendung gibt es viele. Darunter Hotels, Restaurants und Spas. Ein Konzept geht in eine ganz andere Richtung: Im Schiffsbauch könnte eine Serverfarm - mit praktischer Wasserkühlung - untergebracht werden. In den höher gelegenen Decks könnten sich dann IT-Firmen ansiedeln. Platz gibt es mit knapp 600.000 Quadratmetern jedenfalls genug. Die Gelder für diese Ideen fehlen allerdings. Susan Gibbs, Geschäftsführerin der Initiative, sagte, man sei nie näher dran an einer Rettung gewesen, und man sei noch nie näher dran gewesen, die „United States“ zu verlieren. Gibbs hat einen ganz persönlichen Bezug zu dem Riesendampfer. Es war ihr Großvater, William Francis Gibbs, der ihn designte.
Das 300 Meter lange Schiff machte seither eine wechselvolle Geschichte durch, die zu seiner Berühmtheit beitrug. Zu den Passagieren zählten Marilyn Monroe, Coco Chanel und Marlon Brando sowie vier US-Präsidenten. Sogar Leonardo da Vincis Mona Lisa kehrte auf dem Dampfer von einer Sonderausstellung in der National Gallery in Washington in den Louvre nach Paris zurück.
Technische Details lange geheim
„The Big U“, wie das Schiff wegen seiner Silhouette genannt wird, galt als Wunderwerk der Technik, mit dem es Passagieren für die damalige Zeit in Rekordgeschwindigkeit möglich war, den Atlantik zu überqueren. Die technischen Daten galten in Zeiten des Kalten Krieges lange Zeit als geheim. Einzigartig für ein Handelsschiff war etwa der Antrieb - er erfolgte mit Dampfturbinen, die eigentlich für den Einsatz in Flugzeugträgern gedacht sind. Über die exakte Höchstgeschwindigkeit gibt es unterschiedliche Angaben - fest steht aber, dass die Rekordzeit für die Strecke New York - Southampton von knapp vier Tagen bisher nicht gebrochen wurde.
15.000 Soldaten oder 2.000 Luxuspassagiere
Auch sonst hatte die „United States“ ausgeklügelte Technik zu bieten, die für Linienschiffe doch eher untypisch sind. Denn neben seiner Funktion als Passagierschiff, wurde der Dampfer auch für militärische Zwecke konzipiert. Beim Bau traf man Vorkehrungen, um das Schiff in kürzester Zeit zu einem Truppentransporter umrüsten zu können, die Regierung hatte das Schiff daher mitfinanziert. Bis zu 15.000 Soldaten hätten im Kriegsfall transportiert werden können. Dazu kam es allerdings bekanntlich nicht. Als Linienschiff bot die „United States“ Platz für 2.000 Passagiere und 1.000 Besatzungsmitglieder. An Bord befanden sich drei Orchester, ein Ballsaal, zwei Kinos, 20 Aufzüge und ein Schwimmbad.
Als das Fliegen immer günstiger wurde, waren die besten Zeiten des Schiffs aber vorbei. Im November 1969 wurde der Linienverkehr eingestellt. Seither wechselte es mehrfach den Eigentümer und entkam so schon einige Male der drohenden Verschrottung. Auch damals gab es immer wieder Ansätze, das Schiff anderweitig zu verwenden, etwa als Casino oder Kreuzfahrtschiff. Umgesetzt wurden sie aber nie.