Donnerstag, 6. November 2014

Borussia Dortmund gegen Galatasaray Istanbul


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So informiert die Polizei –


(…) Noch vor Anpfiff der Begegnung sammelten sich circa 1.000 Gästefans auf dem Dortmunder Friedensplatz. Schon dort zündeten Unbelehrbare pyrotechnische Gegenstände. Gegen 18.00 Uhr setzte sich diese Gruppe zu Fuß in Richtung Stadion in Bewegung. Der Aufzug erreichte in der Spitze circa 1.400 Teilnehmer.



Zwischen Friedensplatz und Strobelallee kam es zeitweise zu einem starken Einsatz von Pyrotechnik. Zwei Polizeibeamte verletzten sich dabei. Die Polizei nahm mehrere Personen in Gewahrsam. Zu direkten körperlichen Auseinandersetzungen kam es im Vorfeld des Fußballspiels nicht.



Auch innerhalb des Stadions setzten Unverbesserliche Straftäter im Fanblock von Galatasaray von Beginn an bis nach Spielende massiv Böller, Bengalos und Nebeltöpfe ein. Immer wieder kam es zu körperlichen Auseinandersetzung unter den Fußballanhängern im Gästefanblock. Pyrotechnik und herausgerissene Sitzschalen wurden dabei auch in Sitzplatzbereiche der Heimfans und anderer Unbeteiligter geworfen. Diese Vorkommnisse führten schließlich zu einer kurzzeitigen Spielunterbrechung.



Aufgrund der massiven Straftaten hat die Polizei die Personalien aller im Fanblock von Galatasaray Istanbul befindlichen Personen festgestellt. Unter anderem wurden Ermittlungen wegen versuchten Totschlags, Landfriedensbruchs, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und des Versammlungsgesetzes eingeleitet. In diesem Zusammenhang nahm die Polizei bereits erste identifizierte Straftäter fest.



Nach dem Spiel durften erst die Heimfans das Stadion verlassen. Diese Abmarschphase nutzten Straftäter der örtlichen Heimfanszene aus. Sie überrannten Ordner und Polizeisperrlinien, um einen Angriff auf die Galatasaray-Fankurve zu starten. Nur durch den Einsatz starker Polizeikräfte und Ordner konnte eine direkte körperliche Auseinandersetzung zwischen beiden Lagern verhindert werden (…)



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13.57 Uhr: Der Andrang im Polizeipräsidium ist groß. Mehrere Fernsehteams warten. auf den Beginn. Die Polizei stellt eine Auswahl an sichergestellten Beweisen aus, darunter ein Messer, ein Schlagring, Masken und andere Gegenstände, die für Vermummungen geeignet sind. Gleich werden Filme zu sehen sei, die das Ausmaß der Gewalt dokumentieren.


14.10 Uhr: Die Pressekonferenz hat begonnen. Polizeisprecher Oliver Peiler: „Die Ereignisse waren nicht normal, sie passen nicht zum Fußball.“ Polizeipräsident Gregor Lange fügt hinzu: "Beim Spiel ist es zu massiver Randale vor allem von Gala-Anhängern gekommen, aber auch BVB-Fans waren negativ aufgefallen. Solche Chaoten und Kriminelle, die den Namen 'Fan' nicht verdienen, liefern all denen Argumente, die Gästefans ausschließen wollen."



Die Polizeikräfte hätten in dieser aufgeheizten Atmosphäre besonnen und klug reagiert und dafür gesorgt, dass die Lage in der Innenstadt nicht weiter eskaliert sei, sagt Lange: "Die Polizei hat deutlich gemacht, was wir alle unter konsequenter Strafverfolgung verstehen." Bis in die Nacht wurden 700 Personalien festgestellt. Lange spricht von „Kriminellen“ und „Schwerkriminellen": "Wir müssen uns damit auseinandersetzen, ob der Polizei in schwierigen Situationen der nötige Respekt gezollt wird." Und: „Es wurden Menschenleben gefährdet.“



14.23 Uhr: Die zentralen Aussagen von Einsatzleiter Edzard Freyhoff: Die Lage begann am frühen Nachmittag mit bis zu 800 Gala-Fans in der Innenstadt. Auf dem Friedensplatz wurde Pyrotechnik zunächst nur in Einzelfällen abgebrannt, dort gab es bereits drei Festnahmen. "Unsere Lautsprecherdurchsagen wurden mit Gelächter quittiert." Die Polizei kassierte Regenponchos ein, um Tarnungen zu verhindern. Immer wieder wurden die Fans dazu aufgefordert, die U-Bahn zu nutzen oder in Kleingruppen zum Stadion zu gehen – "der Bitte ist man nicht nachgekommen."



Die Fans wollten einen Fanmarsch, darauf stellte die Polizei sich dann ein. Die Polizei musste für 17 Minuten die B1 sperren, um während des Marschs den Verkehr nicht zu gefährden. Es gab während der Marsch zehn Identitätsfeststellungen. Zwei Polizisten wurden verletzt.



Freyhoff: Ich habe mich gefragt, ob man die Fans ins Stadion lassen kann. Ich habe mich entschieden, eine Deeskalation zu bewirken. Alles, was auf dem Weg zum Stadion abgebrannt wurde, hätte dann im Stadion nicht mehr zur Verfügung gestanden. Mit Spielbeginn mussten wir feststellen, dass die Pyrotechnik im unteren Blockbereich fortgesetzt wurde. Es gab unmittelbar auch Festnahmen.



Es gab daraufhin eine Blocksperre. Das Ziel: friedliche Fans schützen, in dem die Gala-Fans auf dem Block in Gewahrsam genommen wurden. Während der Sperre gab es massive Ausschreitungen. Toilettentüren und Eisenstangen wurden auf Polizisten und Ordner geworfen. Polizei wehrte die Angriffe mit Pfefferspray und Schlagstöcken ab.



Es gibt Ermittlungen gegen etwa 700 türkische Fans. Während der Sperre sind BVB-Fans maskiert in die Osttribüne eingedrungen, um Galatasaray-Fans anzugreifen. Ordner und Polizei hielten die Fans ab, es kam jedoch zu einem zweiten Angriffsversuch und Provokationen gegen die Gala-Fans. Freyhoff: "Kein Fan ist verletzt worden. Wir müssen von Glück sprechen." Anschließend wurde der leere Fanblock durchsucht. Es wurden 55 Pyro-Gegenstände sichergestellt. Insgesamt gab es 21 Festnahmen.



14.34 Uhr: BVB-Organisationschef Hockenjos nimmt auch Stellung zu den Krawallen: "Wir sind höchst erschrocken. Speziell meine ich die Taten, die keinen Respekt vor der Unversehrtheit anderer Menschen haben. Ich wünsche mir, dass wir diese Menschen identifizieren und verantwortlich machen können."



Laut Rotem Kreuz gab es im Stadion zehn Verletzte. Das sei vergleichsweise wenig, so Hockenjos. Die Verletzungen reichen vom blauen Auge bis zu Prellungen. "Ich bin froh darüber, dass auf den anderen Tribünen nichts geschehen ist." Für BVB-Angreifer gab es ein "Tageshausverbot". Galatasaray-Anhänger waren auch in anderen Stadionbereichen – "da war es aber ruhig". Man könne nicht alle Galatasaray-Anhänger in einen Topf werfen, "aber es waren deutlich zu viele, die in diesen Topf gehören."



Er erinnert an CL-Spiel gegen Juventus Turin. "Uns war bewusst, dass dieses Spiel eine andere Qualität hat, auch anders als das Derby. Diese Begegnung war anders gelagert." Ordner konnten 35 Pyro-Gegenstände entdecken – "das ist eine sehr hohe Zahl."



Immer wieder diese eine Frage: Wie konnten die Fans so viel Pyro ins Stadion bringen? "Wir können das zu 100 Prozent nicht verhindern.“ Fans schmuggeln die Gegenstände in Körperöffnungen, in BHs und in Unterhosen ein." Im Stadion seien 250 Sitzelemente im Nordblock zerstört worden, dazu kommen weitere Schäden. Kosten: bis zu 30.000 Euro.



Die Uefa werde den BVB zu einer Stellungnahme auffordern. Hockenjos: "Ich hoffe, dass wir mindestens 200 Hauptakteure identifzieren können."



14.42 Uhr: Nun spricht die leitende Oberstaatsanwältin Birgit Cirullies: Das Ganze sei traurig für die Fankultur. Schlimm, wie sich der Hass hier Bahn gebrochen habe. Am Dienstag sei die Eskalation immer weiter vorangeschritten. Daher habe die Staatsanwaltschaft entschieden, die 700 Fans festzusetzen und ihre Personalien aufzunehmen.



Sie schildert einen "unsäglichen Fall": Aus dem Oberrang sei eine Sitzkonstruktion mit 3,6 Kilo Gewicht 10 bis 11 Meter tief einfach in die Menge geworfen worden. "Es hätte einen Toten geben können." Nun sei die Kapitalabteilung, im Gefolge die Mordkommission eingeschaltet worden. Den Tatort habe man abgesperrt und Spuren gesichert. Wenn herauszufinden ist, wo die Werfer saßen, besteht die Möglichkeit, dass es zu einer Identifizierung kommt.



Die Staatsanwältin zählt weitere Vorwürfe auf: Pyrotechnik in voll besetzte Ränge (gefährliche Körperverletzung), Verletzte wurden billigend in Kauf genommen. Verstöße gegen Vermummungsverbot, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Landfriedensbruch, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz. Es gab Fälle von Gefangenenbefreiung.



14.54 Uhr: Nun läuft die Fragerunde der Journalisten.



Frage: Was wäre passiert, wenn die Polizei anders gearbeitet hätte? Polizei-Chef Lange: "Das ist immer eine Risikoabwägung im Einzelfall. Was wäre passiert, wenn die Fans losgezogen und auf andere Fans getroffen wären?"



Frage: Warum wurden die Fans nicht festgesetzt? Einsatzleiter Freyhoff: "Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Eine Horde von 1400 Fans hätte man anhalten können – aber die Frage war: Was wäre dann passiert? Denn zeitgleich gab es den Anmarsch der BVB-Fans." Die Fans hätten von der Festsetzung bei Facebook und Twitter gelesen und wären dorthin gegangen. "Ich will mir nicht ausmalen, was dann passiert wäre. Den Marsch zuzulassen war alternativlos. Das Wort benutze ich nur ungern. Aber was auf dem Marsch abgebrannt wurde, wurde nicht im Stadion abgebrannt."



15.02 Uhr: Kritik am BVB kommt von der Leitenden Obertstaatsanwältin Cirullies: "Man muss in Zukunft auch einmal früher ansetzen und einiges tun, dass solche Situationen nicht auftreten. Diese Pyrotechnik-Arsenale waren nicht so klein, dass man sie in Körperhöhlen verstecken konnte. Die Sicherheit der Allgemeinheit geht vor. Dann müssen die Fans sich auch mal vier Stunden vorher kontrollieren lassen. Der Verein muss sich da nach Kräften bemühen und zum Beispiel ein weiteres Tor einrichten, damit die Fans besser getrennt werden können. Wir haben das in einer Sicherheitskonferenz erörtert. Das ist nicht umgesetzt worden, warum, hat sich mir nicht erschlossen.“



BVB-Organisationschef Dr. Christian Hockenjos erwidert auf die Kritik, dass keine unrealistischen Forderungen aufgestellt werden dürften. Teilweise würde das Baurecht gegen weitere Veränderungen am Bau sprechen.