Freitag, 19. Juli 2013

Aus dem heutigen Kurier


Letztes Update am 19.07.2013, 09:19
Barisic: „Ein Schimpanse soll mich ersetzen“.Trainer Zoran Barisic im Interview über Ehrlichkeit, Rassismus und seinen möglichen Nachfolger.
 
Mit der erfolgreichen Europacup-Qualifikation hat sich Zoran Barisic, 43, von der Interimslösung zum Rapid-Trainer hochgearbeitet. In dieser Saison wird es für die stark verjüngten Hütteldorfer noch schwieriger.KURIER: Laut der KURIER-Prognose wird Rapid nur Vierter. Warum liegen wir falsch und es reicht doch für den Europacup?
Zoran Barisic:
Wir stehen am Beginn einer Entwicklung. Unser Ziel ist natürlich das Erreichen eines internationalen Bewerbs. Auch wenn das Ausscheiden im Cup bitter ist, bin ich überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind.
Sie wurden vor drei Monaten Trainer. Was hat Sie überrascht?
Gar nichts. Es war sehr schwer, und das ist es immer noch, weil viel Unruhe rund um den Verein herrscht.
Welche Bedeutung hat es, dass die Fans die Mannschaft wieder unterstützen?
Das ist für diese junge Mannschaft ganz, ganz wichtig. Die Fans müssen spüren, dass wir immer alles geben. Und das wird auch so sein.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit Sportdirektor Schulte?
Sehr gut. Er ist sehr intelligent, erfahren und haut sich voll für uns rein. Über mögliche neue Spieler diskutieren wir gemeinsam mit dem Trainerstab. Bei Thanos Petsos waren wir uns alle sehr schnell einig.
Wird Rapid anders wahrgenommen, seit Sie mit Schulte öffentlich erklärt haben, wie dramatisch die Finanzsituation ist?
Ich war dafür, dem Fan offen und ehrlich gegenüberzutreten. Wenn allen klar ist, wie die Situation wirklich ist, kann man auch darum bitten, dass alle zusammenhalten. Daraus ergibt sich jetzt die Möglichkeit, eine junge Mannschaft zu entwickeln. Dieser Weg ist der richtige.
Wie wichtig sind Ihnen das Outfit und der Auftritt Ihrer Spieler?
Ein einheitlicher Auftritt ist mir ganz wichtig. Es geht nicht, dass ein Spieler aus dem Mannschaftsbus mit Kapperl und Kopfhörer aussteigt. Wir haben unserer Arbeit nachzugehen. Cool sein können sie auch noch in der Freizeit.
Gibt es Verbote?
Es gibt gewisse Regeln. Zum Beispiel ist es im Kabinentrakt verboten, zu telefonieren oder SMS zu schreiben. Das ist wichtig, um die Kommunikation in der Gruppe zu verbessern.
In der Sommerpause gibt es für Sie keinen Familienurlaub, weil Ihre Kinder die Schule besuchen. Wie erholen Sie sich?
Ernst Happel hat gesagt, ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag. So lebe ich auch. Ich bin vom Fußball besessen, und meine Familie steht da hinter mir. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mich dieser Beruf eines Tages auslaugt.
Können Sie nach Spielen gut schlafen?
Nein, eher schlecht. Und ganz ehrlich: Nach dem LASK-Spiel hab ich ganz, ganz schlecht geschlafen.
Vier der zehn Bundesliga-Trainer haben Wurzeln am Balkan. Warum ist das kein Zufall?
Kroatien ist ein kleines Land, aber Vierter in der Weltrangliste. Das sagt schon viel aus. Generell wissen die Teams vom Balkan, dass nur mit einem starken Gemeinschaftsgefühl Erfolg möglich ist. Bei Rapid gehört dieser verstärkte Teamspirit zu den Voraussetzungen, um Erfolg haben zu können.
Haben Sie als Einwandererkind in Wien Rassismus erlebt?
Mein Vater ist kroatischer Bosnier, meine Mutter ist Serbin. Ich bin in Wien geboren und damit der klassische Ex-Jugo-Wiener. Aber als Kind war ich ständig mit Rassismus konfrontiert.
Wann ist es besser geworden?
Ich habe gelernt, mich dagegen zu wehren – sowohl psychisch als auch physisch. Ich hatte mit den Jahren auch meine Emotionen besser im Griff. Der Rassismus hat aber auch aufgehört, weil weder mein Aussehen noch mein Dialekt an meine Herkunft erinnern.
Warum werden Sie eigentlich Zoki genannt?
Zoki ist der übliche Spitzname von Zoran – so wie Michi von Michael.
Sie waren der erste Migrant im Nationalteam. Hat das für Sie noch eine Bedeutung?
Überhaupt nicht. Ich hab dadurch ja nichts gewonnen. Außerdem war ich enttäuscht vom Nationalteam, weil wir damals bei Tirol die Besten waren, aber im Team kaum eine Chance bekommen haben.
Was hat Sie angetrieben?
Ich wollte mich am Ende der Saison immer verneigen können, um eine Medaille umgehängt zu bekommen. Es ist mir um Titel gegangen.
Wann wird es einen Titel mit Rapid geben?
Den wird es geben. Ganz sicher. Ich kann nur noch nicht sagen, wann. Aber wir werden etwas schaffen, das in Erinnerung bleibt.
Was wollen Sie bei Rapid sonst noch erreichen?
Das Wichtigste ist, dass Rapid den Leuten wieder gefällt. Das Werk’l muss ins Laufen kommen. Mein Traum wäre: Ein Schimpanse soll mich auf der Trainerbank ersetzen – und es darf kurzfristig keinen Unterschied ausmachen, weil ohnehin jeder weiß, was zu tun ist. Das wäre der perfekte Zustand.