Montag, 12. November 2012

Feuer am Dach


 

Die Fans von Rapid protestierten gegen den WAC wiedereinmal. Was war passiert ? Rapid hat daheim ein Ligaspiel mit 0-2 verloren, dabei viele junge Spieler – teilweise von den Amateuren geholt – am Feld stehen gehabt. In der grünweissen Szene gärt es, auf www.abseits.at gab es einen Artikel der sich durchaus gut und kritisch mit der Vergangenheit und der derzeitigen Situation beschäftigt. Den Fans im Block West ist das nicht genug. Sie sind (wiedereinmal) auf Hundertachtzig. Wie schlecht ist Rapid denn eigentlich wirklich ? Sie sind derzeit Dritter in der Tabelle. Hört man den Fans zu möchte man glauben, Rapid steht auf einem Abstiegsplatz. Die Proteste sind eine weitere Selbstinszenierung einer Szene die schon lange den Blick für Realitäten verloren hat und sich, ihren Verein und die Spieler die zur Verfügung stehen nicht mehr einschätzen können. Die Fans verlangen mehr und bessere Spieler. Blenden wir einmal ein wenig zurück: Platzsturm gegen die Austria – Randale in Saloniki. Beides hat dem Verein insgesamt eine sechsstellige Summe gekostet. Pyrotechnik verbotenerweise angezunden und dafür bestraft kostete ebenfalls einen fünfstelligen Betrag. Soll heissen: Der Block West (und auch die Ostkurve) von Rapid haben den Verein direkt eine Menge Geld gekostet. Dazu noch der erhöhte Sicherheitsaufwand, die neue Sicherheitstechnik – alles Dinge die kosten. Und zwar dem Verein. Ich stelle hier mal die provokante Frage was passiert wäre, wenn dieses Geld in Spieler oder Verbesserung der Infrastruktur geflossen wäre.

Der Verein hat viele finanzielle Altlasten. Jahrelang wurden offenbar Vorgriffe auf Sponsorgelder gemacht, die auch irgendwann mal zurückgezahlt werden mussten – und teilweise wohl noch immer müssen. Damit hat Rapid ein Binkerl zu tragen welches nur schrittweise kleiner wird. Da helfen keine ausverkauften Spiele im Happel oder die eine oder andere tolle Choreographie, welche man dann medienwirksam ins Bild setzen kann, da würde nur eine Selbstdiziplin für den Verein, den man liebt und für den mal „sterben würde“ eine Hilfe.

Rapid ist, der österreichische Fussball gesamt gesehen ist nicht besser als das was Woche für Woche auf den Fussballplätzen gezeigt wird. Wir sind international genau SO gut wie wir derzeit auftreten. Ob das jetzt Rapid oder Red Bull ist ist vollkommen egal. Und daran sind nicht die Spieler oder die einzelnen Vereine direkt schuld sondern die Versäumnisse der Vergangenheit. Frank Stronach, die Reizfigur des österreichischen Fussballs musste kommen um die erste Akademie zu eröffnen – etwa 35 Jahre nachdem die „holländische Schule“ damit begonnen hat. Er war es auch der den Verband „entstauben“ und dort Experten hinsetzen wollte um die Professionalität zu gewährleisten die notwendig ist, um den Fussball national und international zu einem Erfolgsmodell zu machen.

Denn die Funktionäre – meiste ehemalige Politiker oder Möchtegernegeschäftsleute – sind mit schuld daran, dass sich keiner mehr als Funktionär hergeben will (und die jenigen die es tun machen es, weil es „ja irgendwer tun muss“) was natürlich auch auf die Qualität drückt.

Wenn man den Wiener Fussballverband anschaut wo 70+jährige für den Nachwuchsbetrieb verantwortlich sind wird einem übel. Nicht das diese Leute keine Verdienste haben aber was will ein Funktionär, der – überspitzt gesagt – noch den Sinderlar kicken sah einem 15jährigen erklären, geschweige ihn überhaupt verstehen.

Bei Rapid gibt es drei starke Männer: Edlinger, Kuhn, Ebner. Ohne sie gäbe es Rapid in der Form wahrscheinlich nicht mehr. Behaupte ich mal ! – Aber sie haben den Absprung verpasst. Die Austria macht es derzeit vor wie es gehen könnte ohne dass man die finanziellen Mittel von Red Bull hat, auch Sturm Graz wirft jedes Jahr toll ausgebildete Jungkicker ins Spiel, die sich durchsetzen. Warum gelingt das beim Verein mit dem grössten Potential österreichweit nicht ?

Rapid hat – und das wurde auch sorgsam gepflegt – noch immer den Ruf des Arbeitervereines. Damit assoziiert die Wirtschaft aber auch das Proletentum – etwas das Geschäftsleute gar nicht leiden können. Die vielen Vorkommnisse der letzten Jahre (Kapfenberg, Derby, Westbahnhof, Saloniki, letztes Derby) sind nicht gerade dazu angetan, dieses Misstrauen zu verringern oder gar zu zerstören. Im Gegenteil.

In dem Artikel von www.abseits.at wird auch auf die patscherten Verhandlungstaktiken eines Herrn Kuhn Bezug genommen, wo Termine verschwitzt wurden oder er zu spät kam – ist sicher auch ein Problem, die Frage ist nur, warum er die Termine nicht oder zu spät wahrgenommen hat. Einem Profi wie ihm mit jahrzehntelanger Erfahrung passiert so etwas sicher nicht zufällig.

Ebenso  wenig zufällig geistern jetzt wieder Gerüchte über einen Neubau als Ersatz für das – bereits seit eh und je marode – Hanappistadion durch die Medien. Dieser Bau war ja von Anfang an eine bauliche Katastrophe, erst wurde der ursprüngliche Plan des Architekten um 90° gedreht und der Bau so zum zugigen „Vogelhäusel“ gemacht, dann waren die Betonfundamente nicht stark genug (was sich stets darin manifestierte dass die Ost- und Westtribüne bewegten wenn einige hundert Fans hüpften) und dann musste ja der Bau gleich nach der Eröffnung nachgebessert werden, weswegen die Grünweissen noch einige Male auf die Pfarrwiese ausweichen durften. Mit der Überdachung der Hintertortribünen gab es auch eine Reduzierung um fast 2.200 Plätze was Rapid heute auch aufs Dach fällt, müsste man doch eigentlich für jedes grosse Spiel ins Happelstadion ausweichen, was verständlicherweise niemand will.

Eine Renovierung des Hanappi würde zu teuer kommen und ausserdem vom Wohlwollen der Stadt Wien abhängen, die ja noch immer Eigentümer des Platzes ist. Ein Neubau kann daher nur an einem anderen Ort stattfinden, in Auhof etwa womit Rapid dann ironischerweise fast genau dort eine Heimstätte finden könnte wo ihr Erzrivale die ersten 20 Jahre zuhause war.

Oder man geht ins Happelstadion.

Ich argwöhne ja ein bischen, das dass der Plan von Renate Brauner, Rudolf Edlinger & Co ist um das grösste Stadion Österreichs auch zu bedienen. Mit der Austria geht das nicht, sie ist erstens ein echter Stadtverein mit entsprechend begrenztem Anhang und zweitens finanziell bestens abgesichert was eine Umsiedlung aus der eben erst vergrösserten Generali Arena erschwert. Dort sind auch die politischen Verflechtungen nicht so schlagend wie bei Rapid welches seit seinem Beinahebankrott von der rot dominierten Gewerkschaft, der Bank Austria und dem Roten Wien abhängig ist wie nur irgendwer.

Auch will die U 2 ausgelastet und ausfinanziert werden, denn bis die Seestadt Aspern irgendwann mal so um 2022 fertig ist fliesst noch viel Wasser die Donau hinunter und wäre das Stadioncenter wohl schon lange pleite.

Das ist ja auch so ein Treppenwitz dass „offiziell“ für die EM 2008 eine Untergrundbahn zum Stadion (und damit ins bauliche Niemandsland) errichtet wurde, im bevölkerungsreichsten Bezirk Wiens, Favoriten die Untergrundbahn aber quasi mitten im Zehnten aufhört und rund 60.000 Menschen ohne adäquate Verkehrsanbindung auskommen müssen. „Dafür is das Bruckerl über die Donau aber sehr, sehr schön worden“.

Aber zurück zum Fussball, zurück zu Rapid.

Was kann getan werden ? Ein Wechsel in der Führung bietet sich zwar an nur wer soll das Schiff wieder auf Kurs führen, wer könnte das denn ? Die Fans die hier kritisch hinterfragen und teilweise sogar den offenen Aufstand üben ? Neu geholte Fussball- und Marketingexperten ? Renate Brauner herself ?

Diese Frage kann mir keiner beantworten, weshalb zu erwarten steht, dass sich nichts verändern wird und wir die Komödie im Westen Wiens noch länger geniessen dürfen. Hoffentlich ohne tragisches Ende.

Derzeit müsste jemand ein Machtwort sprechen. Und Leute entlassen. Als erstes – obwohl er an der Sache wohl die wenigste Schuld hat – den Trainer. Sicher man wirft ihm vor dass er als Sportdirektor die Spieler zu verantworten hat die jetzt keine Leistung bringen, ABER: wenn du kein Geld hast kannst du auch nicht weit hüpfen. Und das Geld müssen andere aufstellen. Er muss die Situation sportlich ausbaden. Und ist der Buhmann der sich immer vor die Mikrofone stellt.

Das zweite Bauernopfer in dieser Causa (und nur in dieser) ist Andi Marek der auch entmachtet wurde. Als Leiter des Clubservice hat er gute Arbeit für tausende Fans gemacht, einzig beim Umgang mit dem harten Kern hat er versagt bzw. sich vor deren Karren spannen lassen. In einem Profiverein unmöglich. Das kann man in einer Hirschenliga machen wo lauter Amateure am Werk sind aber nicht hier.

Oder Halt !

Andere Frage: Wie gross ist der Unterschied zwischen einem Amateurverein und Rapid eigentlich wenn man Vergleiche zieht ?

Hm.