Donnerstag, 7. Juni 2012

Eine kurze Geschichte über den SPFC und die Stadtmeisterschaft


Sao Paulo FC

Gegründet wurde der Verein am 27. Januar (manche Quellen sprechen auch vom 25. Januar) 1930 in Sao Paulo gegründet, er entstand aus der Vereinigung der beiden Vereine Club Athletico Paulistano (gegründet am 29. Dezember 1900) und Associação Atlética das Palmeiras (gegründet am 9. November 1902 und nicht zu verwechseln mit dem aktuellen Palmeiras). Der neue Verein übernahm die Farben der beiden Vorgängervereine, nämlich Rot, Weiss und Schwarz. Diese sind auch zugleich die Stadtfarben von Sao Paulo. Der Verein spielt im Estadio Morumbi, welches etwa 80.000 Plätze umfasst. Der SPFC ist auch einer der erfolgreichsten Vereine Brasiliens, insgesamt 22 Stadtmeisterschaften stehen zu Buche, gleich in seiner zweiten Saison 1931 wurde diese das erste Mal errungen (1930 wurde man Zweiter), auch die anderen Erfolge lassen sich sehen: sechs brasilianische Meisterschaften (zuletzt 2008), dreimal das Torneo Sao Paulo, drei Copa Libertadores, ein Torneo Rio-Sao Paulo, ein Supercopa Sudamerica, ein Copa Conmebol und drei Weltpokale stehen ausserdem noch zu Buche. Dazu ist noch zu sagen, dass es erst seit 1971 eine einheitliche brasilianische Meisterschaft gibt, davor spielten die Sieger der Städecups den Meister aus. Grund dafür sind die grossen Entfernungen zwischen den einzelnen Städten, so wurde die Strassenverbindung zwischen Sao Paulo und Santos (rund 500 Kilometer) erst 1975 fertiggestellt, auch die Flugverbindungen waren notdürftig und sehr teuer. Bis dahin gab es die berühmten Torenos zwischen den einzelnen Städten wie den Torneo Rio-Sao Paulo (seit 1933) und andere. Der Gewinn der Stadtmeisterschaften zählt in Brasilien also mehr als der nationale Titel, der seit 1971 zwischen Mai und Dezember ausgespielt wird.  2010 wurden auch die Gewinner der ersten zwischen 1959 und 1970 abgehaltenen nationalen Wettbewerbe, der Taça Brasil und des auch als Taça de Prata bekannten Torneio Roberto Gomes Pedrosa, offiziell als Meister von Brasilien anerkannt. Rekordmeister der nationalen Meisterschaft sindn übrigens FC Santos und Palmeiras, beide aus Sao Paulo, aktueller Titelträger Corinthians Sao Paulo. Mit insgesamt 28 Titel halten Vereine aus Sao Paulo gegenüber den 14 Titeln der Rio-Vereine eine eindeutige Mehrheit. Der SPFC ist mit sechs Titeln der dritterfolgreichste Verein in dieser Statistik.

Die „Goldenen Zeiten“ des SPFC waren die 80er Jahre wo er die Fussballszene in Brasilien dominierte und an zehn Finals teilnahm, dabei wurde er 1980, 1981, 1985, 1987 und 1989 Meister von São Paulo (Vize 1982 und 1983) und 1986 brasilianischer Meister (Vize 1981 und 1989). Interessant ist auch, dass das Vereinsleibchen (weiss mit drei horizontalen Streifen) laut Vereinssatzungen nicht verändert werden darf, lediglich für das Auswärtsleibchen können andere Designs verwendet werden. Somit unterscheiden sich die einzelnen Dressen nur in Details von den Vorjahresdressen, wenn überhaupt. Ein wesentlicher Bestandteil der Identifikation weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus und eine Herausforderung für alle Produzenten die „gezwungen“ werden, keine futuristischen Designs herzustellen. Knallbunte – wie in Europa übliche – Dressen oder andere Scheuslichkeiten haben so überhaupt keine Chance in Brasilien.

Doch neben seinen vielen Erfolgen war der Verein auch immer ein „FC Hollywood“.  Zwar wurde er – wie schon geschrieben - in seiner ersten Meisterschaft (1930) Zweiter mit elf Verlustpunkten und einer Niederlage,  1931 gelang es dem SPFC sogar mit 20 Siegen, fünf Unentschieden und nur einer Niederlage die Meisterschaft von São Paulo zu gewinnen und uch 1932 und 1933 war der SPFC einer der erfolgreichsten Klubs in São Paulo. Doch dieser Erfolg stieg den Verantwortlichen zu Kopf, denn im Jahre 1934 wurde ein allzu teurer Sitz für den Klub gekauft, wodurch sich sich große finanzielle Schwierigkeiten ergaben, die dazu führten, dass am 14. Mai 1935 der Klub faktisch aufgelöst wurde. Dank des Einsatzes vieler Anhänger und einiger einflussreicher Personen, wurde der SPFC am 16. Dezember 1935 erneut gegründet. Anfänglich hatte der neue Klub wenige Erfolge vorzuweisen, aber 1938 wurde der SPFC wieder Vize-Meister. Sie lernten daraus aber nur bedingt, denn 1942 kaufte der SPFC den Spieler Leônidas da Silva, bekannt als der "Schwarze Diamant", für die größte bis zu jenem Zeitpunkt in Brasilien bezahlte Transfersumme. Bei seinem ersten Spiel, am 24. Mai 1942, mit dem SPFC war das Estádio do Pacaembu (1940 gebaut) mit der Rekordzahl von 70281 Zuschauern belegt, was für dieses Stadion bis heute der Rekord geblieben ist. Im folgenden Jahr (1943) wurde der SPFC endlich wieder Meister. Von da an verbesserte sich das Niveau des Klubs beträchtlich und er wurde auch 1945, 1946, 1948 und 1949 Meister. Ermutigt durch diese Erfolge wurde beschlossen, dass der Verein ein grösseres Stadion benötigte, der Grundstein für den Neubau, heute unter dem Namen Estadio de Morumbi wurde am 15. August 1952 gelegt. Bis heute ist es das grösste Fussballstadion, dass im Besitz eines Vereines ist. In Brasilien selbst gibt es nur mit dem Maracana in Rio ein grösseres Stadion, welches aber der Stadt gehört. Zur Finanzierung des neuen Stadions wurde eine Fussballakademie geschaffen, die bis heute viele gute Spieler herausbrachte. Bedingt durch den finanziellen Aufwand und die Notwendigkeit, gute Spieler an andere Vereine zu verkaufen konnte sich der FC Santos in den 60er Jahren zum unumstrittenen Stadtmeister krönen. Grossen Anteil daran hatte ein junger Spieler namens Edson Arantes do Nascimendo, den Leuten auch als Pele bekannt. Er spielte zeit seines Lebens nur bei zwei Vereinen: FC Santos 1956 – 74 und New York Cosmos 1975 – 77. Heute ist er der Fussballbotschafter Brasiliens und für drei Weltmeistertitel verantwortlich.

Doch alles hatte ein Ende und als das Stadion 1970 fertig war, begann für den SPFC auch wieder eine bessere Zeit: Das Eröffnungsspiel am 25. Januar 1970 gegen den FC Porto wollten 150.000 Zuschauer sehen (Endstand 1-1) war Beginn der erfolgreichen 70er. Gleich in den ersten zwei Jahren wurde man Stadtmeister und 1972 nahm man zum ersten Mal am Copa Libertadores teil, der südamerikanischen Champions League. Man erreichte damals das Halbfinale welches gegen CA Indepediente aus Buenos Aires verloren wurde. 1975 wurde man erneut Stadtmeister und 1977 endlich zum ersten Mal gesamtbrasilianischer Meister.

Wie schon oben beschrieben waren die 80er Jahre die besten des Vereines und auch in den 90ern konnte der SPFC noch einige spektakuläre Erfolge feiern und sich damit endgültig zu einem der ganz Grossen im Fussball machen. 1992 holte man sich das Triple: Stadtmeister von Sao Paulo, Sieger der Copa Libertadores und Weltpokalsieger (gegen den FC Barcelona) war wohl das Highlight dieser Zeit. 1933 wurde das Double (Copa Libertadores und Weltpokal geholt)  und 1994 der Copa Conmebol. Dieser ist quasi das Gegenstück zur Euroleage und der zweitwichtigste Pokal Südamerikas. Durch die Aufstockung des Copa Libertadores wird dieser Pokal seit 2000 allerdings nicht mehr ausgespielt. In der Statistik (1992 bis 1999) führen die Brasilianer mit 5-3 gegenüber den Argentiniern. Ein Rekord für die Ewigkeit.

Das neue Jahrtausend sah den SPFC wiederum ganz an der Spitze des Brasilianischen Fussballs: Stadtmeisterschaften wechselten sich mit nationalen Titeln ab und führten die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieg begonnenen Erfolgslaufsgeschichte weiter. 2005 wurde mit der Stadtmeisterschaft, dem Copa Libertadores und dem Weltpokal erneut das Triple geschafft, gefolgt von einem nationalen Meistertitel ein Jahr später. Dieser wurde 2007 und 2008 wiederholt, die letzten grossen Titel bisher.



Stadtmeisterschaft von Sao Paulo


Die Stadtmeisterschaft von Sao Paulo wird seit 1902 ausgespielt und gilt damit als ältester Bewerb Brasiliens. Mit über 11 Millionen Menschen ist der Grossraum Sao Paulo der grösste im Land, der gesamte Bundesstaat hat rund 42 Millionen, was etwa 22% der Gesamtbevölkerung Brasiliens ausmachte. Ironischerweise ist der Bundesstaat flächenmässig (mit 3,5% der Gesamtfläche Brasiliens) der kleinste. In der Anfangszeit nahmen nur fünf Vereine regelmässig an dieser Meisterschaft teil, darunter auch ein aus deutschstämmigen Einwohnern bestehender Verein namens FC Germania. Einer der Stars dort war (und da musste ich grinsen als ich das las): Hermann Friese. Bitte nicht zu verwechseln mit unserem langjährigen Obmann beim FAVAC aber interessant ist es allemal. 1899 von Deutschbrasilianern gegründet trägt er heute den Namen Esporte Clube Pinheiros, Vereinsfarben schwarz-blau. Diese Farben deshalb, weil einer seiner Gründer aus Hamburg kam, Hans Nobiling. Auch der HSV trug zu Beginn den Namen SC Germania. Am 5. März 1899 traten die Jungs des SC Germania Sao Paulo gegen den Athletic Club Sao Paulo zum ersten offiziellen Meisterschaftsspiel Brasiliens gegeneinander an, das Endergebnis hiess 0-0. Durch interne Streitigkeiten wurde der Verein aber schon bald in SC Internacional (Abstimmungsergebnis am 15.8.1899 war 15:5) umbenannt, der 1930 im heutigen SPFC aufging. 1907 und 1928 erlangte der SC Internacional (Germania) die Stadtmeisterschaft von Sao Paulo. Im übrigen – und auch das ist ein Schmankerl dass ich nicht vorenthalten will – hat besagter Hermann Friese im Jahre 1907 als einziger Brasilianer in Uruguay an einem internationalen Laufbewerb teilgenommen und sowohl über 800 Meter als auch über 1500 Meter gewonnen, über 400 Meter wurde er Zweiter. Dieser internationale Wettbewerb wurde „Internationale Olympische Spiele von Montevideo“ genannt. Friese entdeckte auch einen der besten brasilianischen Spieler, Arthur Friedenreich, ein Mulatte der zwei Saisonen lang beim SC Germania spielte. Dort wurde ihm zuliebe ein „Antidiskriminierungsparagraf“ erlassen.

Doch zurück zum eigentlichen Thema, der Stadtmeisterschaft. Mit den Corinthians als erfolgreichstem Verein, der die Meisterschaft insgesamt 26 Mal gewann können sich nur noch der SC Palmeiras mit 22, der Sao Paulo FC mit 21 und der durch Pele bekannte FC Santos mit 19 Titel (davon sechs in Serie) messen. Erster Meister war der Sao Paulo AC, gegründet am 13. Mai 1888 (das ist der Tag, an dem Prinzessin Isabel die Sklaverei in Brasilien abschaffte – Goldenes Gesetz) und damit ältester Fussballverein Sao Paulos, der die Meisterschaft insgesamt 4 Mal für sich entscheiden konnte. Dem Verein selber wurde die Einführung einiger bis dorthin unbekannter Sportarten in Brasilien zugeschrieben, dazu gehören Fussball, Rugby und Feldhockey. Die Titel der Stadtmeisterschaften datieren übrigens aus 1902, 1903, 1904 und 1911. In den ersten drei Jahren stellte die Mannschaft des SPAC auch den Torschützenkönig. Im Rugby ist der Verein übrigens 12facher Meister. Den ersten Titel konnte Corinthians, welcher am 1. September 1910 (und damit ein Monat später als der FAVAC) gegründet wurde, 1914 erringen, erst 1920 wurde der SE Palmeiras (nicht zu verwechseln mit dem AA de Palmeiras), gegründet am 26. August 1914 der erste Stadtmeistertiteln. Zum SPFC muss ich nichts mehr schreiben, steht ohnehin alles bereits in diesem Text. Von den ehemals fünf Vereinen (von denen es heute den SPAC als Fussballverein, den AA de Palmeiras und den FC Germania nicht mehr gibt) hat sich die Meisterschaft zu einer eigenen Liga entwickelt. In vier Divisionen spielen jetzt etwa 48 Vereine um die Meisterkrone. Letzter Meister ist der FC Santos (2011). 







Der SE Palmeiras hatte übrigens auch eine interessante Vorgeschichte: am 26. August 1914 wurde er von italienischen Einwanderern als Societa Palestra Italia (von der griechischen Bezeichnung der Ringerschulen =Palestra kommt offenbar auch das wienerische Ballesterer) gegründet und musste sich nach der Kriegserklärung Brasiliens 1942 – damals wurden Namen von Sportvereinen die „Kriegsgegnern“ zugeordnet werden könnten verboten – in SE Palmeiras umbenennen. Seiner Beliebtheit tat dies aber bis heute keinen Abbruch. Nur das Rot des Ursprungswappens wurde gestrichen, übrig blieben die anderen beiden Farben der italienischen Tricolore, Grün und Weiss. In Anlehnung an den ehemaligen Namen wurde auch das Heimstadion in Estadio Palestra Italia benannt. 




 

P.S.: falls sich jetzt jemand darüber aufregt, warum ich statt dem korrekten Begriff "Staatsmeisterschaften" immer Stadtmeisterschaft schreibe: Ganz einfach, weil die Meisterschaften in der Stadt selber ihren Ursprung haben, deshalb !