Freitag, 2. Dezember 2011

Dr Schwyzer isch andersch......

Communique der Zürcher Südkurve


Es ist klar, dass die Entwicklungen der letzten Wochen nicht einfach spurlos an Kurve und Verein vorbei gegangen sind. Es gilt für uns nun, aus dem Vorgefallenem die richtigen Schlüsse zu ziehen und gemeinsam mit dem FCZ die Zukunft zu gestalten.

Die Zürcher Südkurve ist, seit es sie in ihrer heutigen Form gibt, selbstbestimmt und vom Verein finanziell und organisatorisch unabhängig. Wir betrachten uns aber als Teil des FCZ und sind uns bewusst, dass wir nicht einfach ein abgeschottetes Gebilde darstellen, sondern insbesondere auch auf die Interessen des Vereins Rücksicht nehmen müssen. Ohne FCZ keine Südkurve – aufgrund dieser banalen Erkenntnis war es uns stets ein Anliegen, unseren Weg gmeinsam unufhaltsam mit dem FCZ zu gehen. Als Kurve tragen wir eine nicht zu unterschätzende Mitverantwortung für das Wohl unseres Vereins. Nach den jüngsten Ereignissen, die zumindest im Fall des abgebrochenen Derbys den Ursprung in unserer Kurve hatten, steht unser Verein unter massivem politischen und vor allem finanziellen Druck. Wir wollen deshalb unsere Verantwortung wahrnehmen und unseren Einfluss nutzen, um in nächster Zeit eine spürbare Zurückhaltung beim Einsatz von Pyrotechnik walten zu lassen. Wir rufen an dieser Stelle auch noch einmal mit aller Deutlichkeit die von sämtlichen Gruppierungen der Zürcher Südkurve mitgetragenen Leitlinien in Erinnerung,die wir schon im Jahr 2007 an die Kurvengänger richteten:

- kein unkontrolliertes und unkontrollierbares Feuerwerk (insbesondere keine Knaller und kein Werfen von Fackeln)

- keine Randale

- kein nicht vertretbarer Alkohol oder Drogenkonsum (fehlende Selbstkontrolle)

- kein Werfen von Gegenständen aller Art auf das Spielfeld (Bürli, Feuerzeuge, Stylos, Heuler, Knallpetarden usw.)

- keine Event-/Partymentalität


Wir pochen weiterhin auf diese Regeln der Selbstregulierung und rufen in Erinnerung, dass die Selbstregulierung in den letzten Jahren im überwältigenden Teil der Fälle griff. Genauso, wie aber die „scharfen Hooligangesetze“ (das damals als Allheilmittel gepriesene BWIS bzw. das Konkordat ist seit dem Jahr 2007 in Kraft!) offensichtlich kein Mehr an Sicherheit bieten, genauso wenig kann das Instrument der Selbstregulierung sämtliche Vorfälle verhindern. Die totale Sicherheit gibt es nicht bzw. ist sie in den Stadien nur zu einem Preis zu haben, den wir Kurvengänger und wohl auch die Vereine nicht zu bezahlen bereit sind. Wir wollen jedoch keine fatalistische Haltung einnehmen, sondern arbeiten selbstverständlich daran, unsere Selbstregulierung stetig zu verbessern. Selbstregulierung bedeutet aber nicht, möglichst dem Fan-Idealbild von Journalisten, Behörden oder Sponsoren zu entsprechen!

Wie oben erwähnt, haben wir Fans auf die Interessen unseres Vereins Rücksicht zu nehmen. Dasselbe soll aber auch im umgekehrten Fall gelten: Bis nach der Jahrtausendwende war der zweckgemässe Einsatz von Pyrotechnik in der Schweiz kein Problem bzw. wurde gar als Symbol „traumhafter Stimmung“ gewertet. Es ist nicht der Einsatz von Pyrotechnik, sondern dessen Missbrauch, der den Vereinen schadet. Unsere den Vereinsinteressen geschuldete uns selbst auferlegte Zurückhaltung ändert nichts an unserer bisherigen Auffassung, wonach wir den Einsatz von Pyrotechnik weiterhin als integralen Bestandteil unserer Fankultur erachten. Wir differenzieren weiterhin klar zwischen dem Einsatz von Pyrotechnik (Rauch, Fackeln) und dem von uns seit vielen Jahren unerwünschten Einsatz von Knallern und dem zweckentfremdeten Werfen von Fackeln, auch wenn eine solche Differenzierung zum jetzigen Zeitpunkt bei vielen Stellen auf taube Ohren stossen dürfte. Wir erachten es als wichtig, auch unsere Vereinsführung darauf hinzuweisen, nicht dem Zeitgeist zu verfallen und sich nicht von der Hysterie von Leuten anstecken zu lassen, die noch nie in ihrem Leben an Fussballspielen waren bzw. die Stimmung aus den Kurven jeweils vor dem TV oder von den VIP-Logen aus konsumieren. Genau so, wie wir in der Südkurve niemand anderem etwas beweisen müssen und in erster Linie auf das Wohl unseres Vereins Rücksicht nehmen sollten, genauso soll sich unser Verein in erster Linie seinen Mitgliedern, Fans, Spielern und Partnern und nicht irgendwelchen Medienkonzernen verpflichtet fühlen.



"Blick"-Kampagne Schöne Trottel

Welches Kalkül hinter der Blick-Kampagne gegen Fußball-Fans steckt

Felix Bingesser, Sportchef beim Boulevardblatt Blick, setzte eine düstere Miene auf. Dann sprach er in die Kamera des Lokalsenders Tele Züri: »Man muss diese Leute an den Pranger stellen. Die sind mafiös organisiert, der eine deckt den anderen.« Bingesser meinte nicht Terroristen, Schwerkriminelle oder Kriegsverbrecher, sondern Fußballfans. Der Moderator nickte beflissen.
Was war passiert?
Ein paar Tage zuvor hatte sich ein Fan des FC Zürich bei einem Auswärtsspiel in Rom mit einer Knallpetarde drei Finger abgesprengt. Auch ein Balljunge sowie einige umstehende Fans kamen zu Schaden. Bereits Anfang Oktober hatten zwei FCZ-Anhänger Leuchtfackeln in den Fansektor des Stadtrivalen Grasshopper Club geworfen. Das Derby wurde abgebrochen, ein Novum in der Schweiz. Der Blick sprach vom »Krieg im Letzigrund« – und seine Journalisten entdeckten ihre wahre Berufung: Hilfssheriff spielen. Sie publizierten Fotos der mutmaßlichen Täter in der Zeitung und im Internet, was zur Verhaftung des einen Fackelwerfers führte. Der in Rom verletzte Fan wurde zum »Petarden-Trottel«, und in einer mehrtägigen Kampagne durchkämmten die Blick-Reporter sein privates Umfeld. Anrufe beim Arbeitgeber, Auflauern vor dem Elternhaus, unangekündigte Besuche in der Wohngemeinschaft. Statt von mutmaßlichen Tätern sprach man nur mehr von »kriminellen Elementen«. Einige Fans übten daraufhin Selbstjustiz. Unbekannte bedrohten fünf Blick-Journalisten mit SMS und Telefonanrufen, legten ihnen tote Fische in die Briefkästen. Auf Plakaten und Aufklebern wurden die Reporter als »(Ruf-)Mörder« und »Kinderschänder« beschimpft. Auge um Auge, Zahn um Zahn... Darauf entbrannte in den Fachmedien eine Ethikdebatte. Kolumnisten zitierten Heinrich Böll – »die Gewalt von Worten kann manchmal schlimmer sein als die von Ohrfeigen und Pistolen« –, Blogger gelangten mit einer Beschwerde an den Presserat oder riefen öffentlich zum Blick-Verzicht auf.
Aber niemand stellte die Frage nach den Beweggründen der Boulevardjournalisten. Wieso hetzen sie gegen Fußballfans – die gehören doch zu ihrer Stammleserschaft? Und wieso tun sie dies gerade jetzt? Tatsächlich nur aus Liebe zum Spiel – wie dies der Blick-Chefredaktor öffentlich bekundete? Kaum. Blättern wir im Medienarchiv einige Monate zurück. Zum diesjährigen Saisonstart, am Samstag, 16. Juli, erschien im Blick ein euphorischer Artikel über den neuen Fernseh- und Marketingvertrag der Schweizer Profiliga: »Bingo! Die Schweizer Fußballklubs haben den größten und besten Deal ihrer Geschichte abgeschlossen.« Autor war Felix Bingesser. Er feierte den neuen Liga-Titelsponsor, die Bank Raiffeisen, sowie Cinetrade, den neuen Besitzer der Übertragungsrechte. Auch erwähnte er, dass Ringier, das Verlagshaus, zu dem der Blick gehört, ebenfalls von diesem »warmen Geldsegen« profitiert.
Wie kommt das?
Im Februar 2010 sicherte sich das Medienhaus eine 50-Prozent-Beteiligung an Ticketcorner, dem schweizweit größten Ticketing-Unternehmen. Auch der Kartenverkauf für sieben der zehn Clubs der obersten Fußballliga organisiert die Firma. Wie der Sonntag berichtete, finanziert der neue Hauptsponsor Raiffeisen den Kauf dieser Beteiligung mit einem Kredit von 47 Millionen Franken. Mehr noch: Vermarktet wird die Liga von Infront/Ringier, die ebenfalls zur Hälfte dem Verlagshaus Ringier gehört. Zu sehen sind die Fußballspiele auf dem Bezahlsender Teleclub, an dem Ringier ein Drittel der Aktien hält.
Im Interview mit der ZEIT erklärte CEO Marc Walder sein Geschäftsmodell: »Wir überlegen, was wir für alle am Produkt Fußball Beteiligten tun können. Provokant vereinfacht: Unsere Medien sind journalistischer Verbreitungskanal, und unsere Werbeformen sind Kommunikationskanal.« Klar, dass da Petarden werfende Fans stören. Kein Sponsor mag, wenn sein Name mit Krawallen in Verbindung gebracht wird. Wie also muss man den Blick-Sportchef verstehen, wenn er sagt: »Es ist der Zeitpunkt gekommen, da es um die Existenz des Fußballs geht.« Steht die Zukunft des Sports oder jene des Businessmodells von Ringier auf dem Spiel? Bei Ringier reagiert man betupft: »Der Blick-Sportredaktion Geschäftsinteressen als Beweggrund zu unterstellen ist komplett absurd.« Trotzdem wird man den Verdacht nicht los: Die Blick-Kampagne will einen Kulturwandel in den Stadien erzwingen. Prolls raus, Familien und Wohlsituierte rein. So wie dies England nach den Katastrophen von Brüssel und Sheffield durchsetzte. Nur geht diese Rechnung in der Schweiz nicht auf. In den Stadien bleiben an jedem Spieltag Tausende Plätze frei. Die meisten Besucher sind jung, männlich, mittellos. Und auf dem Rasen herrscht oft biederes Mittelmaß. Mögen doch alle Beteiligten ihre Interessen offenlegen. Erst dann kann man nach Lösungen suchen. Und über die unangenehme Frage reden: Weshalb haben wir so verdammt Mühe im Umgang mit Gewalt?

Fünf «Blick»-Journalisten an Leib und Leben bedroht – Kritik an Kampagne

In der Nacht auf Freitag sind fünf Journalisten des «Blicks» massiv bedroht worden. Unbekannte hatten tote Fische in ihren Briefkästen deponiert und auf dem Schulweg ihrer Kinder Hetzflyer verteilt.

In der Nacht auf Freitag haben Unbekannte eine Hetzkampagne gegen Blick-Journalisten veranstaltet, wie sie das Medienhaus Ringier «in der Härte und Breite noch nie erlebt hat», wie Sprecher Edi Estermann auf Anfrage sagt. Betroffen sind fünf Journalisten. «Sie fanden heute Morgen einen toten Fisch in ihrem Briefkasten», sagt Estermann. Während der Nacht seien sie «via SMS und Telefonanrufen mit massiven Drohungen gegen Leib und Leben terrorisiert worden», sagt Estermann. Darüber hinaus wurden in der Stadt Zürich und an den Wohnorten Hetzflyer gestreut. «Sogar auf dem Schulweg und auf den Schulhöfen der Kinder sind die Flyer verteilt worden», sagt Estermann.
Private Telefonnummern veröffentlicht
Drei der Betroffenen sind auf einem Plakat zu sehen, das beim Stauffacher aufgehängt wurde. Beim flüchtigen Hinsehen werden sie darauf als «Mörder» bezeichnet. Erst beim näheren Betrachten liest man «(Ruf)Mörder». Auf dem Plakat sind zwei Sportjournalisten und ein Gerichtsreporter zu sehen. Darunter befinden sich private Telefonnummern der Betroffenen.  Eine solche Aktion gegen Ringier-Mitarbeiter habe es laut Estermann noch nie gegeben. Die Urheber der Hetze sind derzeit nicht bekannt. Bei Ringier geht man davon aus, dass die Hetzkampagne in Zusammenhang mit der Berichterstattung über den schwer verletzten Petarden-Werfer von Rom steht. Diesen hatte der Blick als «Petarden-Trottel» bezeichnet und während Tagen über ihn berichtet.
FCB-Fans sorgen sich um Image
«Wir werden Strafanzeige einreichen und hoffen, dass man den Tätern auf die Spur kommt», sagt Estermann. Laut dem Ringier-Sprecher habe es sich um eine «harte, aber faire Berichterstattung» gehandelt. Aus der «Blick»-Redaktion hiess es jedoch bereits Anfang Woche, man habe Drohungen erhalten. Das wollte Estermann nicht bestätigen.  Es habe zwar negative Reaktionen gegeben, doch daran sei man gewöhnt. Kritik an der Blick-Berichterstattung gibt es jedoch nicht nur aus FCZ-Fankreisen (s. Box links). Die Situation beschäftigt nicht nur Zürcher Fussball-Fans, sondern auch jene aus Basel. Im FCB-Forum wird nicht nur darüber gestritten, ob der Blick korrekt berichtete oder nicht. Einige Teilnehmer sorgen sich allgemein um das Image der Fussballfans in den Medien. «Man sollte Paroli bieten. In den Farben getrennt, in der Sache vereint», fordert ein Forumschreiber deshalb.