Freitag, 12. Juni 2015

Jetzt zerbröselts auch die FPÖ ?

„Was ist das für ein Mensch?“

Der von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aus der FPÖ ausgeschlossene Salzburger FPÖ-Klubobmann Karl Schnell will sich nicht geschlagen geben. Er kritisierte Strache in einem ORF-Interview hart. Strache sei ein „Diktator“, und sein Verhalten widerspreche den Parteistatuten, so Schnell am Mittwochabend.

Eifersucht als Motiv?

Strache könne offenbar nicht erreichen, dass er auch so geschätzt wird. „Jetzt ist er eifersüchtig, dreht durch und muss Leute, die ihm Konkurrenz machen, offensichtlich aus der Partei entfernen.“ Schnell sagte in Richtung Wien, die FPÖ in Salzburg sei auch aus rechtlicher Sicht eine autonome Landesgruppe. „Wir sind eigenständig. Die Statuten sehen auch nicht vor, dass der Bundesparteiobmann bei uns das Sagen hat. Auch nicht irgendein Geschäftsführer wie der Herr Kickl, der sich hier nun auslässt“, sagte Schnell - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Kickl reagierte in einer Aussendung auf Schnells Aussagen: „Das politische Denken von Karl Schnell ist ganz offenbar von Gerüchten und Verschwörungstheorien statt vom nüchternen Blick auf Tatsachen bestimmt. Er zimmert sich seine eigene Welt zusammen und behauptet Dinge, die kein Tatsachensubstrat haben, um sich zum Opfer zu machen.“

Strache: „Hinterfotziges“ Verhalten

FPÖ-Chef Strache war am Dienstagabend überraschend bei der Sitzung der Salzburger Landespartei aufgetaucht und hatte - angeblich per Schreiduell - die gesamte Salzburger Parteispitze entmachtet. Am Mittwochvormittag hatte er an der Seite seines neuen Vertrauten, des bisherigen Vizelandeschefs Andreas Schöppl, sein Vorgehen verteidigt.
Die bisherige Salzburger FPÖ-Führung habe eine „Partei in der Partei, auch gegen die Bundespartei“, geschaffen, so Strache. Der abgesetzte Landesklubchef Schnell und Landesparteiobmann Rupert Doppler seien „gegen die Bundespartei und mich“ gewesen, meinte der Parteichef. Dieses „hinterfotzige“ Verhalten habe beendet werden müssen. „Undemokratisch“ waren aus Straches Sicht nicht die Parteiausschlüsse von Schnell und Doppler, sondern das Vorgehen der bisherigen Landespartei, von der nicht mehr viel übrig bleiben dürfte.

Schnell wollte nicht „spazieren fahren“

Wenn Schnells Aussagen stimmen, dass er weiterhin - mit einer Ausnahme - den Rückhalt seiner bisherigen Abgeordneten hat, gibt es nun im Salzburger Landtag nur noch eine „echte“ FPÖ-Abgeordnete, dafür aber fünf neue „wilde“ Mandatare. Das entmachtete FPÖ-Urgestein Schnell hatte jedenfalls schon vor Straches Pressekonferenz gemeint, Strache habe „sich und der Partei nichts Gutes getan“: Die FPÖ sei zur Partei geworden, in der Statuten nichts mehr gelten.
Der Konflikt zwischen Bundes- und Landespartei sowie innerhalb der Salzburger Freiheitlichen selbst war seit Monaten einer Eskalation entgegengegangen. Ausschlaggebender Moment für Strache dürfte wohl gewesen sein, dass Schnell am Dienstag nicht zum Rapport zu Strache kommen wollte, weil er laut eigener Aussage „Wichtigeres zu tun“ hatte, als nach Wien „spazieren zu fahren“. Strache drehte daraufhin den Spieß um und tauchte unangekündigt bei der Salzburger Parteisitzung auf.

Schreiduelle und wilde Gerüchte

Die Sitzung der Landespartei dürfte turbulent gewesen sein. Laut Schnell wollte Strache nicht reden, sondern hatte die „fertig unterschriebenen Parteiausschlüsse“ im Gepäck. Als mit Schnell auch dessen Sympathisanten im Landesvorstand die Sitzung verließen, habe Strache diesen durch die offene Tür „dann noch nachgeschrien, dass sie auch alle weg sind“. Offen aufgebrochen war der Konflikt innerhalb der Salzburger Freiheitlichen Mitte Mai mit einem Streit über Gerüchte, wonach Schnell FPÖ-intern wegen vertuschter Drogendelikte seines Sohnes erpresst worden sei.
Schnell sprach gegenüber der APA von einem „massiven Putsch“, der von langer Hand vorbereitet gewesen sein dürfte. Da zahlreiche Teilnehmer der Sitzung mit ihm den Raum verlassen haben, rechnet er mit einem tiefen Riss in der Partei. De facto gebe es die FPÖ - außer den Klub in der Stadt Salzburg - nicht mehr. Eine Ansicht, die man auf Bundesseite so nicht teilt: „Ich bin überzeugt, gestern hat sich ein Ventil geöffnet. Viele, die mit rausgegangen sind, werden schnell den Weg zurück in die Partei finden“, so FPÖ-Generalsekretär Kickl, der ebenfalls nach Salzburg gereist war. Strache kündigte Gespräche mit den anderen Abgeordneten an.

FPÖ „kanzlerfit“ machen

Dass die bisherige Landesparteiführung nach dem Wunsch Straches über Nacht Geschichte geworden ist, trifft offenbar nur bedingt auf Sympathien. Demonstrativen Rückhalt für diesen Schritt erhielt Strache per Aussendung aus den FPÖ-Landesparteigruppen von Niederösterreich, dem Burgenland, Oberösterreich - dort sieht man darin einen Schritt, die FPÖ „kanzlerfit“ zu machen -, naturgemäß aus Wien, wo Bundesparteiobmann Strache auch FPÖ-Landesparteiobmann ist, und dem Parlamentsklub, dessen Obmann er ebenfalls ist.

ÖVP sieht Landespartei „zerrüttet“

Auf Anfrage der APA stellten sich schließlich auch die Landesparteien von Tirol und Kärnten hinter Strache. Die steirischen Freiheitlichen verweigerten aber jeglichen Kommentar zur Causa, die Vorarlberger waren für eine Reaktion nicht verfügbar. Angesichts eines innenpolitisch auch sonst turbulenten Tages - Stichwort Steiermark - hielten sich Kommentare der politischen Mitbewerber in Grenzen. Die ÖVP sah die Salzburger FPÖ aber „zerbröseln“. Die Folge von Straches Aktion sei: „Zurück bleibt eine zerrüttete Landespartei.“
Unmittelbare Konsequenz der Querelen ist auf Bundesebene jedenfalls, dass auch aus drei bisherigen FPÖ-Mandataren im Parlament nun wohl „wilde“ Abgeordnete werden: Der abgesetzte Parteichef Doppler und Mandatar Gerhard Schmid sitzen im Nationalrat, Dietmar Schmittner im Bundesrat. Die Wiener FPÖ sprach bereits von „Mandatsraub“. Obsolet sind damit vorerst auch Überlegungen, dass sich durch allfällige weitere Team-Stronach-Abtrünnige bald eine schwarz-blaue Mehrheit im Parlament ergeben könnte.