Dienstag, 21. Oktober 2014

Anmerkungen zum Spielfilm „Landauer – Der Präsident“ (ausgestrahlt am 15.10.2014 in der ARD)


Zunächst eines vorweg: Der Film war sehr gelungen, da er die innerliche Zerissenheit eines jüdischen Rückkehrers ins Nachkriegs-Deutschland zeigt, die zwischen seiner Liebe zur Heimat und seiner Reaktion auf die weiterhin antisemitische Haltung von Teilen seiner Landsleute schwankt. Dieses Hauptthema wird im Film gut herausgearbeitet.
Einzelne Teile der Handlung sind dagegen – wie bei solchen Filmen üblich – frei erfunden. Hierzu möchte ich einiges richtig stellen, um bei den Zuschauern ein falsches Bild von manchen Ereignissen der Münchner Sporthistorie zu verhindern.
Es ist richtig, dass der FC Bayern beim Wiederaufbau des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße („Sechzger-Stadion“) mehrmals mitgeholfen hat, vor allem durch Geld- und Materialspenden. Der im Film dargestellte Wiederaufbau durch Mitglieder und Spieler des FC Bayern und des TSV 1860 fand allerdings so nicht statt. Derartige Mithilfe der Vereine wurde von der Stadt zwar mehrfach gefordert, die Vereine kamen dieser Bitte aber nur äußerst spärlich nach. Im Stadion befand sich 1947 auch kein privater Gemüsegarten. Vielmehr wurde dort bereits seit Herbst 1945 wieder der Ligaspielbetrieb durchgeführt.
Auch das im Film von Landauer initiierte Lokalderby, bei dem beide Vereinspräsidenten verhaftet werden, ist reine Fiktion. Ebenso das Angebot Landauers an den OB, das Stadion selbst wieder aufzubauen und im Gegenzug ins Eigentum des Vereins übernehmen zu wollen. Aktenkundig dokumentiert ist ein ähnlicher Vorschlag bereits im Juli 1945 (also vor Landauers Rückkehr), der von beiden Vereinen gemeinsam vorgebracht wurde, bei dem allerdings als Gegenleistung der Stadt nur geringere Pachtzahlungen gefordert wurden.
Die Rolle des TSV 1860 und seines Präsidenten Radschuweit ist überzeichnet dargestellt und bedient Klischees (Tenor: „Die Löwen waren schon immer zu blöd“), die in den Nachkriegsjahren so wohl nicht vorhanden waren. Schließlich hatte 1860 nur rund zwanzig Jahre zuvor in Eigenregie dafür gesorgt, dass in München überhaupt ein Stadion gebaut wurde. Die im Film ebenfalls thematisierte tiefe Verstrickung des TSV 1860 im braunen Sumpf der NS-Zeit entspricht dagegen den Tatsachen.
Experten der Historie des FC Bayern werden vielleicht weitere historische Unstimmigkeiten in der Filmhandlung finden. Der Buchautor Dietrich Schulze-Marmeling hat in der im Anschluss an den Film im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlten Talk-Runde bereits die Film-Sequenz bemängelt, in der Trainer Heitkamp Landauer zum Rücktritt auffordert, da dieser als dauerndes „schlechtes Gewissen“ für den Verein untragbar sei.
Trotz mancher historischer Ungenauigkeiten: es handelt sich um einen großartigen Film und – bei aller sportlichen Rivalität zwischen Blauen und Roten – gebührt den Fangruppen Schickeria und Club Nr. 12 großer Respekt dafür, dass sie das Gedenken an einen großen Mann des Münchner Fußballs nach langen Jahren des Vergessens wiederbelebt haben.

Roman Beer
Autor des Buches „Kultstätte an der Grünwalder Straße“