Der gute Grusinier
Ein langes Politikerleben ist
gestern zu Ende gegangen. Edvard Schewardnadse starb im Alter von 86 Jahren in
Georgiens Hauptstadt Tiflis. Er war eine der schillerndsten Persönlichkeiten
des ausgehenden 20. Jahrhunderts und mit „mitschuld“ am
Ende der Sowjetunion und der Entstehung der Russischen Föderation und seiner
Nachfolgestaaten. Schewardnadse war ein gutes Parteimitglied welches nach der
üblichen Parteikarriere sehr schnell in die höchsten Gremien der Partei der
Georgischen SSR aufstieg. Zunächst Erster Sekretär, danach Innenminister
ereilte ihn bald der Ruf aus Moskau. Er wurde der Nachfolger Andrej Gromykos –
Mister „Njet“ – als Aussenminister der Sowjetunion, wo er gemeinsam mit Michail
Gorbatschow die Perestrojka einleitete. Einer seiner aussenpolitischen Coups
war die Deutsche Wiedervereinigung dessen Befürworter er immer war. Es kam das
offiziell als „Zwei-plus-Vier-Vertrag“
bezeichnete Dokument zustande, welches umgangssprachlich „Regelungsvertrag“ hiess und die Zusammenführung beider deutscher
Staaten sowie die Zustimmungsbedingungen der allierten Sieger von 1945
bestimmte. Am 12. September 1990 in Moskau unterzeichnet, bekam er seine
endgültige Bestätigung durch die letzte Ratifizierung eines Signatarstaates
(der Sowjetunion am 4. März) am 15. März 1991. Damit war die 1949 mit Gründung
der beiden deutschen Staaten rechtlich vollzogene Teilung (die es de facto seit
Kriegsende 1945 gab) beendet.
In gewisser Weise hat ein
Georgier diese von einem anderen Gorgier (Jossif Wissaronnowitsch
Dschugaschwilli, Kurzbezeichnung Stalin) gemachte weltpolitische Handlung
umgekehrt. Ob dies bewuss geschah – Schewardnadses Vater wurde während des
stalinisten Terrors Ende der 30er Jahre verhaftet, kam aber auf Intervention
einen Freundes wieder fei – ist nicht bekannt.
Nach dem – gescheiterten –
Putschversuch kommunistischer Generäle 1991 widmete er sich lieber wieder
seinem Land und führte es in die Demokratie. 1992 wurde er nach einem Putsch
der Nationalgarde gegen den amtierenden Präsidenten Gamsachurdia zum
Vorsitzenden des Staatsrates gebildet. Dieser hatte sein Amt nach dem Zerfall
der Sowjetunion behalten und regierte das Land zunehmend autoritär. Dagegen
putschte die Nationalgarde, Gamsachurdia versuchte 1993 von Tschetschenien aus
die Macht wiederzuerlangen, scheiterte dabei und kam aus bisher noch immer
nicht geklärten Umständen ums Leben.
Schewardnadse versuchte indes,
die politische Jugend im Lande zu unterstützen und ihnen Mitbestimmung zu
verschaffen, was ihn nicht bei allen Georgiern beliebt machte. Er überlebte
zwischen 1993 und 1998 drei Attentate, die ihn allerdings nicht davon
abhielten, weiterzumachen. Beharrlich verwirklichte er seinen Traum eines
demokratischen Georgiens und wurde sogar 1995 zum zweiten Präsidenten (dem
ersten demokratisch gewählten) des Landes gewählt. Dieses Amt hatte er bis 2003
inne. Bei diesen Wahlen wurde ihm und seiner Bewegung „Für ein neues Georgien“ jedoch massiver Wahlbetrug seitens Opposition und
Wahlbeobachtern vorgeworfen worauf Schewardnadse zurücktrat.
Ein Jahr später war er allerdings
mit der neuen Regierung wieder versöhnt und lobte sie ausdrücklich für ihre
demokratischen Fortschritte.
Gestern starb der „Sohn des
Falkens“ wie Schewardnadse
übersetzt heisst in Tiflis.