Freitag, 18. Januar 2013

Wieder gibt eine Gruppe auf

 

Gruppeninfo 2013

+++Kurzer Hinweis+++

Wir weisen hiermit ausdrücklich darauf hin, dass die Entscheidung für eine nun vorgenommenen Auszeit zu diesem Zeitpunkt nicht in Konflikten innerhalb der Fanszene zu suchen ist, sondern in  internen und strukturellen Gründen! Wir bitten darum, auf weitere Spekulationen und Mutmaßungen zu verzichten und die von uns eingeforderte Ruhe rund um unsere Gruppe und insbesondere um unseren ehemaligen Vorsänger zu respektieren. Auch seine Schaffenspause ist eine vorläufig persönliche und wir sind alle froh, dass er immer noch im Umfeld unserer Gruppe bei uns steht.

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Wir haben als Gruppe die Winterpause genutzt, um die gesamte Hinrunde der laufenden Spielzeit aus unserer Sicht zu reflektieren. Wir wollen euch hiermit über die daraus entstehenden Konsequenzen frühzeitig informieren und euch diese kurz mit ein paar offenen Worten erläutern. Bei den verschiedenen Treffen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir derzeit leider die an uns selber gesetzten Maßstäbe an eine funktionierende Gruppe weder intern noch in Hinblick auf unser Engagement erfüllen können. Der rasante Aufstieg unseres Vereins von der Oberliga bis in die Bundesliga und die daraus resultierenden veränderten Rahmenbedingungen wie die massiv gestiegenen Zuschauerzahlen haben uns als Gruppe klar an unsere Grenzen gebracht. Die Bewältigung des Alltagsgeschäfts ‘Bundesliga’ und der damit entstehende Druck auf unsere Gruppe hat uns immer weniger Zeit dafür gelassen, dringend notwendige strukturelle Veränderungen anzupacken und interne Unstimmigkeiten zu regeln. Das alles ist allerdings notwendig, um unserer Fortuna die Unterstützung liefern zu können, die sie verdient und um uns den Spaß an der Sache endlich wiederzubringen. Daher haben wir beschlossen bis auf weiteres unsere organisierten Gruppenaktivitäten im Stadion einzustellen, um mehr Kraft und Zeit für diese Aufgaben zu erhalten. Dies ist ausdrücklich keine Fortsetzung des 12:12-Boykotts, da wir dahingehend auf lokaler Ebene bisher nur positive Signale erhalten haben. Im Gegenteil: Selbstverständlich werden wir als Einzelpersonen und Fortunafans die Spiele unserer Mannschaft weiterhin besuchen und diese auch wieder bestmöglich – allerdings ohne Vorsänger – unterstützen. Zusätzlich wird bei Heimspielen anstelle des Ultras-Banners die große ‘Fortuna-Fans’ Fahne hängen. Wir hoffen, dass wir gestärkt aus unserer Schaffenspause hervorgehen und dass wir alle unser Team im wichtigen Spiel gegen Augsburg zum Sieg schreien können.

Ultras Düsseldorf 2000 im Januar 2013


17.01.2013
Rückkehr der Hooligans – Ultras Düsseldorf ziehen sich zurück

Comeback der Gewalt

Die Ultras Düsseldorf nehmen sich eine Auszeit. Hintergrund des Rückziehers ist ein Machtkampf mit Hooligangruppen, die von einem Dutzend Neonazis umworben werden. Der Vorsänger der Ultras wurde von einem Hooligan niedergeschlagen, etliche rechte Straftaten sind dokumentiert.
Text:
Johannes Malzcaks
Bild:
Imago

Diese Stellungnahme ließ Ultra-Gruppen von Hamburg bis Freiburg aufhorchen: Nur drei Tage nachdem die »Aachen Ultras« ihre Kapitulation im Kampf gegen rechte Ultras und Nazis bekannt gaben, vermeldeten auch die »Ultras Düsseldorf« (UD) eine Auszeit. Nach zwölf Jahren wollen sie »organisierte Gruppenaktivitäten im Stadion einstellen«. Offiziell erklärt »UD« den Schritt mit dem durch den raschen Aufstieg von Fortuna Düsseldorf gewachsenen Druck auf die Gruppe und mit dem Vorhaben, »interne Unstimmigkeiten zu regeln«.

Gewalt gegen den Capo und DJ »Opa«

Tatsächlich setzt ihnen auch ein Rechtsruck im heterogenen Düsseldorfer Hooliganmilieu zu. Die Schläger sind laut Zentraler Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) Anlaufpunkt für ein Dutzend Neonazis. Für die in Teilen linksalternativ geprägte Fanszene hat die kleine Offensive von Rechtsaußen weitreichende Folgen: Antirassistisch Engagierte werden unterdrückt, im veränderten Klima der Kurve kam es zu jüngst zu etlichen rechten Straftaten. Der ehemalige »Capo« der Fortuna-Ultras, Niko Offert, wurde öffentlich bedroht und von einem Hooligan niedergeschlagen. Kurz vor Weihnachten attackierten Rechtsradikale auch noch den beliebten Stadion-DJ »Opa«.

Die seit etwa drei Jahren schwelenden Konflikte unter den Fortuna-Fans mögen mit denen in Dortmund, Aachen oder Braunschweig zwar nicht vergleichbar sein. In den drei Nazi-Hochburgen sind die organisierte Rechte, Nazi-Hools und -Ultras eng verflochten; etliche Gewalttaten gegen Linke und anders denkende Fans sind dokumentiert. In Düsseldorf dagegen gibt es laut Staatsschutz und Antifa keine etablierten Neonazi-Strukturen. Und die Anhängerschaft der 1895er war durch die Rückkehr nach Flingern geprägt von der urbanen Subkultur des Viertels.

In der Vergangenheit waren sogar Hooligans der »Bushwhackers Düsseldorf« an der Vertreibung brauner Eindringlinge im Paul-Janes-Stadion beteiligt. Die Bande, die sich in den Achtzigern stark an den berüchtigten Schlägern des FC Millwall orientierte, gilt der Antifa bis heute als »multikulturelle Truppe«. Und in ihrem bunten Block bezogen Ultra-Gruppierungen seit ihren Anfangstagen offensiv Stellung gegen Rassismus, Homophobie und alle Formen der Diskriminierung. Solche öffentlichen Meinungsäußerungen waren zuletzt allerdings nicht ohne Risiko. Der Grund: der Einsatz mehrerer Gewaltbereiter für eine von braunen Eindringlingen angestiftete, vorgeschobene Entpolitisierung vermeintlich linker Fans.

»Maximal zwölf Personen mit rechter Gesinnung«

Die Empörung unter den Anhängern des Vereins war entsprechend groß, als das WDR-Fernsehmagazin »Westpol« Ende September einen internen Bericht der ZIS über personelle Überschneidungen zwischen gewaltbereiten Fans und der rechtsextremen Szene veröffentlichte: Darin wurde Düsseldorf in einem Atemzug mit Aachen, Dortmund, Mönchengladbach, Duisburg, Paderborn, Bielefeld und Oberhausen genannt. Ein Sprecher der Polizei Düsseldorf berichtete später auf Anfrage von »maximal zwölf Personen mit rechter Gesinnung«. Sie seien nicht vernetzt und stünden unter Beobachtung.

Im vergangenen Halbjahr zeigen etliche Straftaten die Stadionbesuche Rechtsradikaler und ein neues Klima in der Fortuna-Szene auf.

Nach dem 2:2 gegen Schalke am 6. Spieltag beschwerten sich Zuschauer über eine Gruppe von etwa 25 Männern, die im Oberrang aggressiv aufgetreten waren und gemeinschaftlich den Hitler-Gruß gezeigt haben sollen. Ordner meldeten den Vorfall im Block 159. Das bestätigte der Verein ebenso wie »unterschiedliche Beschwerden« über aggressive Zuschauer in den Blöcken 160 und 161. Die eingegangenen Klagen, so Fortuna unter Berufung auf Gespräche mit den Organisatoren der selbst verwalteten Blöcke, richteten sich »nach jetzigem Stand wohl auf Gruppen außerhalb der organisierten Fußballfanszene«.

Eine Woche nach den »Führer«-Grüßen auf der Südtribüne erstattete ein Polizist Anzeige gegen einen Fortuna-Fan, der auf der Anreise zum Auswärtsspiel in Mainz den »Kühnen«-Gruß zeigte. Beim Pokalaus in Offenbach setzte der Ordnungsdienst einen Düsseldorfer fest, der ebenfalls durch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgefallen war. Zu solchen Vorfällen war es bei Fortuna jahrelang seltener als bei den meisten anderen großen Clubs gekommen. 1895 galt vielen als »zweites St. Pauli«. Dieser Ruf gefällt den im internen ZIS-Bericht erwähnten Rechtsradikalen ebenso wenig wie einigen mit ihnen paktierenden, rechtsoffenen Hooligans.

»Fußball bleibt Fußball, Politik bleibt Politik«?

Die rechten Anstifter gehen gezielt vor. Die bewährte Masche ist die angebliche Entpolitisierung des Stadions, wie sie die vom Bremer Verfassungsschutz als »gewaltbereite Rechtsextremisten« eingestufte Hooliganband »Kategorie C – Hungrige Wölfe« besingt: »Fußball bleibt Fußball, Politik bleibt Politik«. Unter Berufung auf die Parole wollen die Rechtsextremen, zu denen führende Aktivisten der ehemaligen Kameradschaft »Nationale Front Düsseldorf LDU« (die Anfangsbuchstaben der Stadtteile Lichtenbroich, Düsseltal, Unterrath) zählen, antirassistische und antifaschistische Botschaften unterbinden.

Durchsetzungsvermögen verleiht ihnen dabei das Gewaltmonopol der organisierten Hooligans. Diese haben zwar größtenteils politisch gleichgültige Boxsportler in ihren Reihen, darunter bei Fortuna-Fans anerkannte »Sympathieträger«. Ideologien sind diesen egal, ihr Weltbild gründet auf dem Recht des Stärkeren. Nach Rangkämpfen in ihren Reihen aber sind die Gewaltsuchenden nun offenbar anfälliger für das Gedankengut rechter Einflüsterer. Ausdruck dessen ist auch eine Freundschaft mit den Ultras von Atlético Madrid: Die Gruppe »Frente« gilt als ähnlich offen faschistisch und rassistisch wie die Ultras von Lazio Rom.

Ein T-Shirt mit dem Aufdruck »Ultras gegen rechts«? Im Düsseldorfer Block verboten

Zwei Beispiele für die rechte Zensur gegen linke Düsseldorfer Fans: Nach übereinstimmenden Zeugenberichten verbot eine Gruppe am ersten Spieltag in Augsburg einem Fan, ein T-Shirt mit dem Aufdruck »Ultras gegen rechts« im Stadion zu tragen. Bei mehreren Heimspielen sollen Hooligans den Verkaufsstand der Ultras hinter Block 42 kontrolliert haben. Beschwerden über solch eine Einschränkung freier Meinungsäußerung unter Androhung von Gewalt verteidigt im offiziellen Vereinsforum »95er-Forum« der Nutzer »Schwelmer2« öffentlich: Er gibt sich dort mehrfach als Mitglied der Hooligan-Gruppe »Bushwhackers« zu erkennen und pocht auf die »Vereinbarung mit den Ultras (…) sämtliche Politik aus dem Stadion rauszuhalten«.

Das unübersichtliche, aber allgemein zugängliche Forum vermittelt einen Eindruck von der Präsenz der rechten Eindringlinge.

»In Stuttgart waren locker 15 Personen eindeutig rechtsextrem, wobei diese in verschiedenen Gruppen unterwegs waren«, wirft Fortunas Fanbeauftragter, Dominik Hoffmeyer, in die Diskussion zum Thema »Fortuna gegen Nazis« ein. An anderer Stelle bestätigt er Nutzern rechte Parolen und »Nazi-Sichtungen« bei fast jedem Hinrundenspiel.

An die Öffentlichkeit gelangt waren Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Hooligans sowie Rechtsradikalen einer- und Ultra-Mitgliedern andererseits erstmals 2010: Beim Heimspiel gegen Hertha wollten Provokateure das Banner der »Ultras Düsseldorf« während des Spiels entfernen. Im Stadion konnte die Polizei eine Auseinandersetzung verhindern, dafür flogen nach dem Spiel an der Kneipe »Kastanie« die Fäuste zwischen einzelnen Hooligans und Ultras. »Bushwhackers«-Mitglieder beklagten später, sie würden zu Unrecht als Neonazis dargestellt.

Bei einem Düsseldorfer Fan-Turnier läuft ein Spieler mit einem »Thor Steinar«-Shirt auf

Dass der Versuch eines friedlichen Nebeneinanders gescheitert war, zeigte sich Altweiber 2011: Bei einem Angriff junger Hooligans in der Altstadt wurden zwei Ultra-Mitglieder schwer verletzt und wohl auch ein Mitarbeiter des Fanprojektes attackiert. Der Verein, die Dachverbände Supporters-Club Düsseldorf (SCD) und Arbeitskreis Fortuna gründeten mit Fortuna-Fans danach die »Arbeitsgemeinschaft Anti-Diskriminierung«.

Eine erneute Verschärfung des Konflikts deutete sich Anfang 2012 an, als der Fanclub »Metzkausen Hypers« aus dem Supporters Club Düsseldorf (SCD) austrat. Der Dachverband hatte für den Geschmack der Hypers falsch auf einen Vorfall bei einem SCD-Fußballturnier reagiert: Ein Spieler der «Bushwhackers Düsseldorf« war laut Hypers-Mitteilung in einem T-Shirt der Marke »Thor Steinar« angetreten.

Diese dient Neonazis als Erkennungszeichen. Im Stadion ist sie darum seit Jahren ebenso verboten wie im Bundestag. »Wir spielen nicht mit Nazis«, reklamierten nach dem Turnier auch die »Fortuna Metalheads« öffentlich.

Die rechte Parole »Politik aus dem Stadion« kennt der vielfach ausgezeichnete Sportjournalist Ronny Blaschke aus vielen großen Fanszenen. »Die Gleichsetzung von Rechten und Linken nach dieser Devise ist eine kolossale Verharmlosung Rechtsextremer«, sagt er. »Es ist eben ein Unterschied, ob Fans im Stadion menschenverachtendes Gedankengut verbreiten oder sich für Menschenrechte einsetzen.«

»Selbstreinigungskräfte in den Fanszenen wird überschätzt«

Blaschke besucht mit seinem Buch »Angriff von Rechtsaußen« Fanprojekte und -initiativen in ganz Deutschland. Was er bei fast allen Clubs erlebte, bestärkt ihn in der Überzeugung, dass die immer wieder bemühten »Selbstreinigungskräfte in den Fanszenen« überschätzt werden: »Nach fast jeder Diskussion kommen Zuhörer, die berichten, dass auch ihr Stadion entgegen der Mehrheitsmeinung nicht frei von Diskriminierungen durch Rechtsextreme ist.« Vor diesem Hintergrund appelliert er: »Es ist sehr wichtig, die ahnungslose oder schweigende Mehrheit über solche Versuche aufzuklären.«

An die Öffentlichkeit gelangten bislang auch die Schlägereien nicht, zu denen sich die von den Rechtsextremisten umworbenen »Bushwhackers« mit anderen Hooligans verabredeten. Auch das war in der Bundesliga-Hinrunde anders, weil sie in der Altstadt randalierten.

Nach dem Spiel gegen den HSV attackierten sie gewaltbereite Hamburger vor der Andreaskirche. Eine Woche später, nach dem Kantersieg über Eintracht Frankfurt, suchten gewaltbereite Fortuna-Fans in der Altstadt die Konfrontation mit der Polizei. 33 kamen in Gewahrsam. Beim Gastspiel der Eintracht im Februar 2012 wäre eine Auseinandersetzung beinahe sogar im Stadion eskaliert: Minutenlang versuchte eine große Gruppe Düsseldorfer Schläger vor den Augen überforderter Ordner ungehindert, den Gästeblock zu stürmen.

Auf der Online-Plattform »Gewalttäter Sport« der international vernetzten Hooligan-Szene dokumentieren die Düsseldorfer mit einem »Mannschaftsfoto« ihres Großaufgebots neue Stärke. Auf etwa 200 Mann schätzen Beobachter die Gruppe und ihr Umfeld mittlerweile. Alt-Hooligans ziehen jüngere Gewaltbereite an und schüchtern Andersdenkende allein durch ihre Präsenz ein. Die »Bushwhackers« rekrutieren für ihre verabredeten Kämpfe mit Schlägertruppen anderer Städte sogar gezielt (ehemalige) Ultras.

Nach außen demonstrieren die Hooligans allen aufmerksamen Zuschauern zuletzt Einigkeit mit gehorsam »unpolitischen« beziehungsweise eingeschüchterten Ultras: Vor dem Angriff auf HSV-Fans scharrten sie nach Informationen der Rheinischen Post in der Düsseldorfer Altstadt Fortuna-Ultras um sich. Im »95erforum« gibt das bekennende »Bushwhackers«-Mitglied »Schwelmer2« die Devise »united« aus: »Düsseldorf United: BWD, Block 160 und UD!«. Ein öffentliches Zeichen für die feindliche Übernahme: Beim letzten Hinrunden-Heimspiel gegen Frankfurt präsentierten die Hooligans ihr großes rot-weißes Banner im Oberrang – das zweite Mal 2012 und direkt neben dem der »Ultras Düsseldorf«.

Die Hooligan-Gruppen wachsen, den Ultras rennen die Mitglieder weg

Die Zahl der UD-Mitglieder soll sich zeitgleich zum Aufschwung der »Bushwhackers« auf etwa 70 halbiert haben. Der Schwund und die Abspaltungen mehrerer Gruppen haben zuweilen persönliche, meist aber politische Gründe. Die deutliche Abgrenzung nach rechts, die UD-Mitglieder noch 2011 im Magazin »Blickfang Ultra« bestätigten, fällt auf Druck der körperlich überlegenen Hooligans zunehmend unter den Tisch. Die Folgen bekamen auch alle anderen Zuschauer im Stadion zu hören: Schlachtrufe wie »Dietmar Hopp, Du Sohn einer Hure« (gegen Hoffenheim) und »Veh, Du Fotze« (gegen Frankfurt) waren früher wegen des antisexistischen Engagements der Düsseldorfer Ultra-Gruppen tabu (Motto: »Hate sexism, love Fortuna«).

Einer, der solche Gesänge während seiner langjährigen Funktion als Capo – als Vorsänger der Ultras – nie angestimmt hatte, gab zuletzt gegen den FC Bayern den Ton im Block 42 an.

Niko Offert. Der Abgang des »Capos« war wochenlang Gesprächsthema Nummer eins unter Fortuna-Fans. Offerts jüngere Nachfolger am Megaphon sind mit Leidenschaft bei der Sache, oft erreichten die von ihnen initiierten Gesänge aus der Support-Area aber nicht mehr die Geraden der Arena. So lag über der Südtribüne häufiger ein Gesangswirrwarr.

Bis heute beschäftigt Offerts plötzlicher Rückzug die Fans, zumal er eine Erklärung schuldig blieb und schweigt. Trotz hundertfacher Sympathiebekundungen allein im Netz äußerte er sich nur nichtssagend auf Facebook. Er könne sich »nichts Schöneres vorstellen« als »weiterhin Gänsehaut zu bekommen, wenn wir gemeinsam mit tausenden von Leuten den Gegner aus der Kurve brüllen«. Trotzdem wolle er »kürzer treten«, weil seine »Person zu stark polarisiert«. Wenn ein Vorsänger so defensiv auftritt, der dem ZDF einmal erklärte, eine Profilneurose habe ihn ans Capo-Mikro geführt, verwundert das Außenstehende. Zumal sich sein früheres Sendungsbewusstsein und das neue Klima im Fortuna-Block beißen: So sagte er gegenüber stadionwelt.de vor Jahren einmal, dass »Antirassismus und Antifaschismus einfach zu einem gesunden Menschenverstand gehören«. Das vertrat er – offensiv.

Die »Halsabschneider«-Geste für den Vorsänger

Kritiker sahen in ihm zwar einen sturen Alleinherrscher. Trotzdem nähren zwei Vorfälle den Verdacht, dass er nicht nur wegen Ultra-interner Meinungsverschiedenheiten verstummte. Es ist ein offenes Geheimnis auf der Südtribüne, dass Offert während des zweiten Bundesliga-Heimspiels von Männern im Oberrang mit der »Halsabschneider«-Geste bedroht wurde und vor dem Auswärtsspiel in Mainz von einem »Bushwhackers«-Mitglied zu Boden geschlagen wurde. Eine auf Offert geworfene Flasche verfehlte ihn in Mainz nur knapp und traf einen Unbeteiligten. Der musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Strafanzeigen liegen der Polizei zu den Attacken aber nicht vor. Das Wir-Gefühl ist eben eine der größten Stärken der Fankultur – und ihre größte Schwäche. Fortunen schwärzen keine Fortunen an.

So wurde ein weiterer Angriff auf einen prominenten Fan nur im »95erforum« bekannt. Dort postete der offizielle Musikbeauftragte der Fortuna, Stadion DJ Marcus »Opa« Haefs vor Weihnachten unter seinem Nickname »Cøshbarcløb« am 22. Dezember: »danke an die fans, die eben eingesprungen sind. am hbf [Hauptbahnhof, d. Red.] mit der rolltreppe nach oben gefahren, pafff, opa, du linke zecke, gab es links und rechts. gott sei dank haben sich ein paar leute eingemischt. danke dafür.«

Der Punk spielt im Stadion auch mal »Schrei nach Liebe«, den Anti-Nazi-Song der Ärzte. An die Adresse der Schläger schrieb er im Forum: »ne dicke nase ändert nichts an meiner musik, an meiner einstellung oder wie auch immer. ich gebe euch keinen zentimeter breit!!!!!« Dieser Ansage stimmten »90 registrierte Benutzer zu 1895% zu«.

Die überwältigende Mehrheit der Fortuna-Fans wird das genauso sehen.


An Grenzen gestoßen
Ultras Düsseldorf stellen Aktivitäten als Gruppe vorerst ein

Die Ultras Düsseldorf stellen ihre Gruppenaktivitäten vorerst ein.
Die Ultras Düsseldorf stellen ihre Gruppenaktivitäten vorerst ein.
Düsseldorf –  
Diese Meldung verbreitete sich in der aktiven Fanszene der Fortuna wie ein Lauffeuer: Die Ultras Düsseldorf wollen den Verein auch in der Rückrunde weiterhin bestmöglich unterstützen, stellen ihre Aktivitäten als Gruppe in der Kurve aber vorübergehend ein – dazu zählt auch, dass die Ultras auf einen Vorsänger verzichten!  Bei einer Analyse der Hinrunde sei die Gruppe zu dem Entschluss gekommen, „dass wir derzeit leider die an uns selber gesetzten Maßstäbe an eine funktionierende Gruppe weder intern noch in Hinblick auf unser Engagement erfüllen können“, teilten die Ultras per Stellungnahme auf ihrer Homepage mit. „Der rasante Aufstieg unseres Vereins von der Oberliga bis in die Bundesliga und die daraus resultierenden veränderten Rahmenbedingungen wie die massiv gestiegenen Zuschauerzahlen haben uns als Gruppe klar an unsere Grenzen gebracht“, heißt es weiter.  Es sei nun an der Zeit, „dringend notwendige strukturelle Veränderungen anzupacken und interne Unstimmigkeiten zu regeln“.  Bei Heimspielen werde in der Rückrunde anstatt des Ultras-Banners die große „Fortuna-Fans“-Fahne hängen.