Dienstag, 20. August 2013

Hallygally in Dortmund

Liebe BVB-Fans,
aufgrund der Vorkommnisse rund um das letzte Heimspiel möchten wir die Sachlage etwas aufklären und unsere Sicht der Dinge darlegen:
Wir möchten zu Beginn direkt klarstellen, dass wir uns alle sehr auf dieses erste Heimspiel nach der Sommerpause gefreut haben. Leider ist es im Vorfeld des Spieles und während des Einlasses zu untragbaren Zuständen gekommen, die ein normales Heimspiel begleitet von einer stimmungsvollen Südtribüne verhindert haben.
“Wir werden den intensiven Dialog mit allen Netzwerkpartnern und den Fangruppierungen auch in dieser Saison fortsetzen und wollen auch damit einen wichtigen Beitrag für ein sicheres Fußballerlebnis leisten. [...] Wir differenzieren aber deutlich zwischen friedlichen Fans und Gewalttätern. Gegen Gewalttäter wird die Dortmunder Polizei konsequent einschreiten.” – Dieses Zitat stammt vom Dortmunder Polizeipräsidenten aus einer Stellungnahme zum Vorgehen der Polizei in der jetzt angefangenen Saison vom letzten Freitag, 16.08.2013.

Nur zwei Tage nach dieser scheinheiligen und in der Retrospektive höhnischen Ankündigung hatte sich die Polizei vorgenommen, etliche Besucher des vergangenen Heimspiels außerhalb des Stadions umfassend zu filzen und jegliches Material wie Fahnen und Spruchbänder pauschal zu überprüfen. Die drei Ultragruppen sollten hierzu auf dem Vorplatz des Stadions eingekesselt und erst wieder freigelassen werden, nachdem alle Materialien überprüft worden wären. Zusätzlich fanden an den Einlässen erhöhte Kontrollen statt, um auch alle übrigen Zuschauer überprüfen zu können. Viele Fans mussten sich an den Einlässen dieser Maßnahme beugen. Eine Begründung, hier unverhältnismäßig in den Aufgabenbereich des Ordnungsdienstes einzugreifen, gibt es nicht. Eine Begründung für die pauschale Kriminalisierung von Fans oder ganzer Gruppen ebenso nicht. Die angepriesene Dialogbereitschaft wurde nicht einmal gegenüber der BVB-Fanbetreuung und dem Fanprojekt gelebt, die vor und während der Maßnahmen vehement die Art und Weise der Überprüfung kritisiert haben.
Während sich THE UNITY am Mittag noch in der Stadt befand und die JUBOS ihrerseits im Fanprojekt zur Saisoneröffnung geladen hatten, bereiteten sich die DESPERADOS darauf vor, zusammen mit der Fanabteilung für das Franz-Jacobi-Filmprojekt Becher und Spenden zu sammeln. Hierbei wurden sie von der Polizei vor der Roten Erde aufgegriffen und dem o.g. unwürdigen Prozedere unterzogen. Die DESPERADOS wollten sich dieses Prozedere eigentlich ersparen, doch auch der Weg zurück in ihre Räumlichkeiten wurde ihnen verboten. Mittlerweile sickerte durch, dass es darum ging, mögliche Spruchbänder und Banner mit strafrechtlich relevantem Inhalt zu entdecken und zu konfiszieren. Einen konkreten Anlass oder Verdacht hat es für diese unverhältnismäßige Maßnahme nicht gegeben. Es wurde natürlich nichts gefunden oder gar konfisziert. Zudem sei angemerkt, dass Dietmar Hopp nicht der Mäzen von Eintracht Braunschweig ist und außerdem die angesprochene Abkürzung „ACAB“ in Nordrhein-Westfalen höchstrichterlich strafrechtlich nicht relevant ist. Vielmehr sollte augenscheinlich versucht werden, eine kritische Masse wiederholt einzuschüchtern und mundtot zu machen.
THE UNITY und die JUBOS wurden auf der Strobellallee vor die Wahl gestellt, eingehend gefilzt zu werden und alle Materialien von der Polizei kontrollieren zu lassen – oder das Stadion nicht betreten zu dürfen. Somit entschieden sich die beiden Gruppen vorerst den Rückweg anzutreten und später in kleinen Gruppen ohne jegliches Material das Westfalenstadion zu betreten. Die Aussage der Polizei, nur die DESPERADOS hätten sich der Überprüfung unterziehen müssen, ist falsch. Mehrere Fanclubs mussten sich derselben Prozedur unterziehen. Die Argumentation “Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten” ist hierbei die Rechtfertigung der Narren und klingt vor den aktuell laufenden Abhör- und Datensammlungsskandalen wie blanker Hohn.
Hier drängt sich die Frage auf, ob Grundrechte auch für Fußballfans gelten. Wenn man sich jetzt vor Augen führt, dass der Gegner am Sonntag Braunschweig hieß, will man sich gar nicht erst ausmalen, welche Maßnahmen die Polizei bei womöglich brisanteren Spielen ergreifen wird. Die Polizei hat es aber bereits beim ersten Heimspiel geschafft, das ohnehin sehr angespannte Verhältnis zwischen Fans und Polizei vollends zu zerstören. Und wofür? Angeblich (!) wurde eine Sturmhaube konfisziert.
Wir sehen uns in der Verantwortung Motor der Südtribüne zu sein, aber in der gestrigen Situation war ein gleichgültiges ”weiter so” einfach nicht mehr möglich. Vielmehr war der Support-Verzicht das einzige Mittel, um auf diese skandalösen Missstände öffentlich aufmerksam zu machen. Die Entscheidung ist uns alles andere als leicht gefallen, schließlich traf dieser Protest den BVB und die Mannschaft. Dennoch entschieden wir uns für einen Protest, der auch eine größere Außenwirkung hat als Spruchbänder. Wie auch die Proteste gegen hohe Eintrittspreise so ist ein Protest gegen den übertriebenen Sicherheits- und Kontrollwahn für uns ein sehr wichtiges Thema.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickeln wird. Wir fordern die Polizei auf, dem stetig wachsenden Kontrollwahn einen Riegel vorzuschieben und verhältnismäßig zu agieren. Wir hoffen beim Heimspiel gegen Bremen auf ein Flutlichtspiel ohne Schikanen und wollen gerne das nachholen, was wir gegen Braunschweig leider nicht erfüllen konnten: Das Westfalenstadion zum Beben zu bringen!
 
THE UNITY 2001
DESPERADOS DORTMUND 1999
JUBOS DORTMUND