Montag, 31. Juli 2017

EM Fieber

Österreich ist im Semifinale einer Fussball-EM. Was für ein Satz. Der größte Erfolg des Fussballsportes in der Moderne, eigentlich seit Austragung von Europameisterschaften, ist seit Sonntagabend Wirklichkeit. Und ja, es waren die Frauen, die dies schafften, was die überbezahlten Herrn Kicker bisher nicht auf die Reihe brachten. Was da an Einsatz, Taktik, Siegeswille und Teamgeist gezeigt wurde, ist nicht hoch genug einzuschätzen.

Frauenfussball ist in Österreich ja immer noch eine mehr als nur belächelte Sportart, werden die „Damen“ hierzulande nicht für voll genommen und dementsprechend nicht gefördert, aber nun haben sie, die Mädels der Nationalmannschaft es allen gezeigt. Seit 1972 wird unter der Schirmherrschaft des ÖFB eine Meisterschaft ausgetragen, deren erster Meister übrigens der Favoritner AC war – peinlicherweise existieren aus dieser Zeit keine Fotos, die mir zur Verfügung stehen – und gibt es schon etwa 50.000 Fussballerinnen in etwa 500 Vereinen, so ganz hat der Frauenfussball (man müsste dieses Wort eigentlich verbieten, denn Fussball ist Fussball) noch immer keinen Namen und geniesst leider immer noch einen Exotenstatus. Verglichen mit den Männern fristen sie finanziell ein geradezu karges Leben, werden kaum Profimannschaften (mir fallen derzeit nur die Mädels vom SKN Sankt Pölten dazu ein, was meiner zugegebenen Wissensschwäche geschuldet ist) finanziert und ist der Meisterschaftsbetrieb für die Vereine abenteuerlich.

Das liegt daran, dass eine österreichweite Bundesliga (oder sogar zwei wie bei den Herren) nicht oder nur knapp zu stemmen ist, die Sponsoren bisher eher geflohen als gekommen sind und auch die grossen Vereine wenig Interesse daran zeigen. Weder die beiden grossen Wiener Vereine Austria und Rapid, noch Sturm oder gar das Produkt aus Siezenheim haben eine eigene Mannschaft und die beiden Wiener Vereine mit einer Frauensektion, Sportclub und Vienna sind nicht gerade die finanzkräftigsten wie man weiß. Ausserdem ist es für Amateurinnen etwas schwierig, jedes Wochenende quer durchs Land zu reisen.

Guten Fussballerinnen bleibt nichts anderes übrig, als ins Ausland zu gehen um dort mit ihrer Kunst/ihrem Sport (denn Fussball ist sehr wohl eine Kunst die nicht jedem gegeben ist – sollten sich die Männer auf die Fahnen schreiben) nachgehen und davon leben zu können. Auch viele unserer Mädels sind im Ausland erfolgreich tätig und haben so dieses Sommermärchen möglich gemacht, eine der aktuell vier besten Mannschaften des europäischen Kontinents zu sein.

Es liegt jetzt am ÖFB und seinen Vereinen, den Frauen auch jenen Respekt zu erweisen, der ihnen nach diesem Semifinaleinzug gegen teils viel professioneller aufgestellte Nationalmannschaften (man schaue sich nur an, woher die Spanierinnern kamen, nämlich von den grossen Vereinen des Landes) zusteht. Sie haben auch die Pflicht, jene Vereine zu unterstützen, die mit ihrer langjährigen Arbeit diesen Erfolg – egal wie das Semifinale ausgehen mag – möglich machten, indem sie gegen alle Widerstände (sei es bei der Platzfindung, sei es beim Finden von interessierten Spielerinnen oder einfach in der Behandlung, die ihnen in den Verbänden zuteil wird) nicht aufgaben und jetzt eine Generation von Spielerinnen hervorbrachten, auf die man stolz sein kann. Und stolz simma jetzt alle, gell meine Herren ?

Und auch den Fussball, den sie spielen muss man respektieren. Gut, die Schnelligkeit ist vielleicht nicht immer so gegeben wie bei den Männern aber das liegt an der unterschiedlichen Konstitution der Geschlechter, aber in Punkto Kampfgeist, Taktik und Technik sind sie schon lange auf einem Level wie die Männer. Immerhin schaut auch Frau im Fernsehen Fussball und nimmt dort etwas mit.

Was ist zu tun ?

Erstens einmal muss Respekt gezollt werden. Die Leistung unserer Mädels ist anzuerkennen, weil sie unter ungleich schwereren Bedingungen erbracht wurde, als die Burschen sie vorfinden. Aus diesem Respekt heraus muss der ÖFB für die Frauen dieselben Ressourcen bereitstellen, die sie für die Männer hat. Das fängt mit dem Geld an und geht über Sponsoring, TV-Gelder und mediales Pushen bis hin zur Einrichtung von Nachwuchszentren die diesen Namen auch verdienen.

Die Vereine müssen ihren Teil der Verantwortung übernehmen und Frauenfussball genauso ernst nehmen wie den Männerfussball. Immerhin sind sie auf Nationalteamebene erfolgreicher als die hochbezahlten Profis, die ihren Preis meist nicht wert sind. Ein Zugang zu den vereinseigenen Akademien wäre ein erster Schritt. Siehe bei der Austria: sie hat mittlerweile vier Spielstätten für ihren Nachwuchs – Ergebnis: ein mageres 0-0 gegen den „Knallergegner“ AEL Limassol und ein vollkommener Fehlstart in die Meisterschaft. Rapid hat es erst gar nicht in die internationalen Bewerben geschafft, obwohl sie ja angeblich die besten sind. Als selbsternannter Arbeiterverein wäre eine Frauenmannschaft eigentlich Pflicht.

Errichten von modernen Spielstätten. Was für einen österreichischen Dritt- oder Landeslegisten gut und billig ist, muss für die Frauen erst recht gut sein. Mit Tradition, meist eh nur das Nachtrauern vergangener Zeiten, kann man sich nichts kaufen, sie ist schön, spielt aber keinen Fussball. Menschen schon.

Aufstellen von Sponsoren. Ein richtiges, ernstgemeintes Sponsoring tut not. Der Erfolg ist offensichtlich und auch Frauen sind Konsumenten.

Mediale Beachtung. Es ist ja ganz schön und nett, wenn einige Massenblätter anlässlich der EM ein paar, mangels Fachkenntnis meist grottenschlechte Artikel veröffentlichen und der ORF sich dazu bequemt, die Spiele zu übertragen, ABER: warum gibt es kein Livespiel der Woche ? Warum gibt es keine Doppelseite in der auflagenstärksten Zeitung wie sie jeden Montag über das Wiener Unterhaus üblich ist ?

Anerkennung durch die Zivilgesellschaft. Ja, sicher, Fussball ist Männerdominiert und wird es wohl auch immer sein, trotzdem muss der durchschnittliche Fussballfan an mehr als an dem berüchtigten Leiberltausch interessiert sein, blöde Witze aus der Mottenkiste sind hier nicht angebracht. Fussball ist Hochleistungssport und kaum einer der oft unsportlichen, übergewichtigen Experten würde auch nur eine Halbzeit gegen diese Mannschaft bestehen können. Gut das klingt jetzt polemisch aber mir fällt kein besserer Vergleich ein und ihr wisst, was ich damit meine. Frauen, die an Fussball interessiert sind (aktiv oder passiv) dürfen nicht mehr nur als Anhängsel ihrer Männer betrachtet werden, dürfen nicht als „Tussis auf Männerfang“ angesehen werden und ihre Kleidung Diskussionsstoff untervögelter Männer sein, wenn sie ins Stadion gehen und die Vereine sollten bitte endlich damit aufhören, eigene plüschrosa Merchandisinglinien für weibliche Fussballfans zu entwerfen um ihr Budget zu erhöhen. Jeder Verein hat seine eigenen Farben und in Österreich kenne ich wenige, die Pink/Rosa als Hauptfarbe haben. Frauen, die zum Fussball gehen, gehen dorthin, weil sie diesen oder jenen Verein toll finden und tragen auch dessen Farben. Ganz ohne das depperte Rosa.

Da sind wir wieder beim ersten Punkt: Respekt !


Ja und nochwas: es gibt gar nichts blöd zu lachen wenn man eigenartige Namen für einen Fussballverein hört. Groß-Schweinbarth ist leider ein Ort dieses Namens und die dortigen Fusballerinnen sind halt stolz darauf für ihn zu spielen. Deswegen wird der Ort seinen Namen nicht ändern, wie zum Beispiel Unterstinkenbrunn, die jetzt Untersiebenbrunn heissen. Ich bin mir ausserdem sicher, dass Fucking auch einen (Männer)Fussballverein hat. Die kennt halt nur keiner weil sie irgendwo in der Kraut-und-Rüben-Liga spielen. Groß-Schweinbarth spielt dagegen Bundesliga.