Dienstag, 5. Februar 2013

Österreich und die internationale Wettmafia




Drecksarbeit: 18 Monate wühlte die Europol im Wettsumpf des internationalen Fußballs und wurde dabei auch in Österreich fündig.
 

Wettskandal: Höchstsumme floss nach Österreich. Laut Europol wurden 700 Fußballspiele manipuliert. 140.000 Euro bekam ein Verdächtiger in Österreich.

 

Die Ermittlungen liefen über 18 Monate. Diskret und parallel in mehreren Ländern, wie es bei Europol üblich ist. Für den öffentlichen Paukenschlag suchte das Europäische Polizeiamt in Den Haag den 4. Februar 2013 aus.

Gut möglich, dass dieses Datum später als Beginn der ernsthaften Bekämpfung von Wettmanipulation genannt werden wird. Die am Montag veröffentlichten Zahlen sind auf jeden Fall erschreckend: Zwischen 2008 und 2011 wurden europaweit mehr als 380 offensichtlich manipulierte Spiele im Profi-Fußball aufgespürt. Alleine im vergangenen Jahr kamen rund 300 neue Fälle, meist in Asien, Zentral- und Südamerika sowie Afrika, hinzu.

Europol-Chef Rob Wainwright geht demnach von zumindest 700 Fällen aus: „Die Manipulation von Spielen ist auf einem noch nie dagewesenen Niveau. Wir sehen dabei aber erst die Spitze des Eisbergs.“ Nach der Auswertung von 13.000 Mails stellt Wainwright fest: „Erstmals haben wir substanzielle Beweise dafür, dass die organisierte Kriminalität nun auch im Fußballs agiert.“

425 Verdächtige

Die drei am stärksten betroffenen Nationen im Wettskandal sind die Türkei mit 79, Deutschland mit 70 und die Schweiz mit 41 verdächtigen Spielen. In England wurde mit Schrecken vernommen, dass eine der beiden mutmaßlich verschobenen Champions-League-Partien im Mutterland des Fußballs stattgefunden hat. Auch die Nationalteams hat das Problem bereits erfasst: Zwei Partien der WM- und eine der EM-Qualifikation sollen betroffen sein.

Europol konnte 425 Tatverdächtige in 15 Ländern ermitteln – darunter Spieler, Schiedsrichter und Funktionäre. Namen wurden aus ermittlungstechnischen Gründen nicht genannt. Die (nur selten erwischten) Drahtzieher sitzen zumeist in Asien, als Zentrum gilt Singapur.

Österreich im Fokus

Eine zentrale Rolle nimmt – wie nach den vergangenen Ereignissen zu befürchten war – auch Österreich ein: Die bisher höchste Zahlung an eine Einzelperson für die Hilfe bei einer Wettmanipulation ging laut Europol mit rund 140.000 Euro nach Österreich. Außerdem soll der europaweit höchste Profit durch Wettbetrug mit 700.000 Euro bei einer Partie zwischen den Red Bull Juniors und Hartberg abgefallen sein.

Staatsanwaltssprecher Hansjörg Bacher bestätigt lediglich, „dass Betrugsverfahren gegen 20 Personen im Zusammenhang mit manipulierten Spielen und den Wetten darauf bzw. wegen des Verdachts der Geldwäsche laufen. Aber nicht nur gegen Spieler.“ Bundesliga und ÖFB beteuerten, „nichts Neues“ zu wissen. Der letzte Antrag auf Akteneinsicht wurde (noch) nicht gewährt.

2012 wurde in Österreich für den Kampf gegen Wettbetrug der „Verein zur Wahrung der Integrität im Sport“ gegründet. Ex-Teamspieler Günter Kaltenbrunner steht dem Verein als Präsident vor und wurde vor zwei Wochen von Interpol zu einer Tagung nach Rom eingeladen. Der frühere Rapid-Präsident sagt zum KURIER: „Dieses Problem kann den Sport zerstören. Auch wenn jetzt alle wichtigen Organisationen erkannt haben, dass sie aktiv werden müssen, wird uns dieses Thema leider noch viele Jahre beschäftigen.“ Insider sprechen sogar davon, dass Wettmanipulation mittlerweile zum beliebtesten Betätigungsfeld für Geldwäscher geworden ist. Noch vor dem Drogenhandel und der Prostitution.