Dienstag, 1. August 2017

Noch ein Artikel dazu

Eine historische Einordnung

Am 12. Oktober 1902 fand in Wien das erste als offiziell gewertete Länderspiel Österreichs statt. Das Kaisertum Österreich bezwang Ungarn mit 5:0.
Am 12. November 1918 beschloss die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich das allgemeine Wahlrecht für Frauen – ein Meilenstein in der (nationalen) Frauenpolitik, bei welchem alleine es allerdings für viele Jahrzehnte bleiben wird. Erst 1975 – fast 60 Jahre später – wurden mit der Fristenlösung und der rechtlichen Möglichkeit auch ohne Zustimmung der (Ehe-)Männer Beruf, Wohnsitz und Familiennamen zu wählen zwei zentrale Themen frauenrechtlicher Selbstbestimmung legalisiert bzw. außer Strafe gestellt. Noch einmal 14 Jahre später, 1989, wird Vergewaltigung in der Partnerschaft strafbar.
Am 25. August 1990, 88 Jahre nach dem ersten Spiel der Männer, bestritt das österreichische Nationalteam der Frauen mit einer 5:1-Niederlage gegen die Schweiz sein erstes offizielles Länderspiel.
Wobei die Betonung hier auf offiziell liegen muss. Frauenfußball wurde in Österreich nämlich spätestens seit 1924 vereinsmäßig praktiziert: Die Wochenzeitung „Der Montag mit dem Sportmontag“ rief im Dezember 1923 zur Teilnahme an einem ersten Fußballtraining für Frauen auf, woraufhin sich rund 150 Interessierte beim „Wochenblatt“ meldeten. Dieses berichtete bereits am 24. Dezember 1923 vom großen Erfolg des Aufrufs und organisierte nun gemeinsam mit Ferdinand Swatosch, seinerzeit Stürmerstar der Wiener Amateure, einen zweiwöchigen Theoriekurs. Voraussetzung hierfür war das Bestehen eines ärztlichen Leistungstests, zu welchem sich im Februar 1924 rund 60 Interessierte einfanden. Für 43, die den Test positiv absolvieren konnten, begann am 13. April 1924 der Theoriekurs im Hotel Métropole am Wiener Morzinplatz in dessen Zuge auch der erste Damenfußballclub Österreichs gegründet wurde – der 1.DFC Diana. Trainer wurde Swatosch.
Der österreichische Frauenfußball erlebte – trotz des massiven Widerstands des ÖFB, welcher seinen zugehörigen Mannschaften verbot, ihre Plätze an Frauenteams zu vermieten und somit eine Richtlinie des Weltverbands FIFA umsetzte – einen vorläufigen Höhepunkt. Mehrere tausend Fans verfolgten regelmäßig die Spiele des DFC Diana.
Mit einem abrupten Ende der Berichterstattung im „Wochenblatt“ – Druck vonseiten des Verbands ist hier zwar naheliegend, lässt sich heute allerdings nicht mehr belegen und bleibt somit Spekulation – und den strukturellen Schwierigkeiten, vor welche die Spielerinnen vonseiten des ÖFB gestellt wurden, ebbte der Frauenfußball kurzfristig ab bis 1935 auf Initiative von Alice Maibaum und Ella Zirner-Zwieback die Österreichische Damenfußball-Union gegründet wurde. Aus der DFU heraus entstanden erste Vereine und bereits 1936 konnte die erste Meisterschaft mit sieben Teams ausgetragen werden.
Auch wenn der Frauenfußball bereits zur Zeit der Ersten Republik und im darauf folgenden Austrofaschismus auf immer breiter werdenden gesellschaftlichen Widerstand traf, wurde er erst 1938 mit der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich endgültig verboten.

Nachkriegsjahre und „wilde“ Spiele

Die verheerenden Auswirkungen des Krieges und die demographischen Strukturen der Nachkriegsjahre verunmöglichten in den ersten Jahren nach Kriegsende eine Wiederaufnahme des Fußballbetriebs nahezu vollends. Zwar fanden bereits 1948 wieder Frauenfußballspiele in Wien statt, das offizielle Verbot zur Gründung von Frauenabteilungen aus der NS-Zeit blieb allerdings aufrecht. Die kritische Akzeptanz des Frauenfußballs zu Zeiten der Ersten Republik, wie auch noch im österreichischen Ständestaat, wurde von gesellschaftlicher Verachtung abgelöst: die mediale Berichterstattung stellte sich nun ausnahmslos negativ dar und Spielerinnen wurden öffentlich angefeindet.
Der Frauenfußball organisierte sich zu diesem Zeitpunkt ausschließlich „wild“, das heißt autonom und abseits der nationalen und von der FIFA anerkannten Verbände. Im Sommer 1957 wurden Vereine, welche sich nicht an die Verbote des ÖFB hielten, mit hohen Geldstrafen belegt, was wohl mit ein Grund war, warum sich die österreichischen Spielerinnen der im August geründeten International Ladies Football Association als eines der vier Gründungsmitglieder (AUT, BRD, ENG und NED) anschlossen. Noch im Herbst desselben Jahres organisierte die ILFA ein als Europameisterschaft tituliertes Turnier in Berlin, welches England mit 4:0 gegen Westdeutschland gewann. Österreich ging gegen die Niederlande im Spiel um Platz 3 mit 8:1 unter.
https://www.unsere-zeitung.at/2017/07/18/das-patriarchat-im-oesterreichischen-fussball/