Für einen geneigten Favoritner Fussballfan, der in geordneten Bahnen seiner Leidenschaft nachgeht, ist es schwierig, sich in die Situation im Nahen Osten richtig hineinzuversetzen. Allzu gefiltert sind die hierorts zugänglichen Informationen über diese Weltgegend, welche seit mehr als einem Jahrhundert politisch unruhig ist, das auch zu einem Großteil auf die Kappe der Europäer geht, die nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Lineal willkürliche Grenzen über die Gebiete des ehemaligen osmanischen Reiches gezogen haben. Vor allem die Herren Sykes und Picot haben sich damit zweifelhaft-unsterblichen Ruhm erworben, sind doch viele Konflikte in dieser Region die Folge ihres „Linealziehens“ von Grenzen. Wenn man sich einen Atlas – ja so etwas gibt es noch in Papierform – ansieht, weiß man Bescheid. Das beginnt bei den Grenzziehungen, setzt sich über die politischen Gegebenheiten fort und endet dort, wo Volksgruppen über mehrere Länder verteilt worden sind. Dabei ist das von Präsident Wilson geforderte Selbstbestimmungsrecht der Völker elegant ignoriert worden. Das galt nur für Europa. Andernorts – wie im arabischen Raum – kam es nicht zur Anwendung.
Zu den kriegerischen und politischen
Auseinandersetzungen des letzten bzw. laufenden Jahrhunderts will ich mich
mangels echter Fachkenntnisse nicht weiter äußern, mir geht es um die
Leidenschaft Fussball. Dieser hat sich – mit einigen Ausnahmen – nach dem
Ersten Weltkrieg richtig etabliert, ebenfalls eine Folge des Kolonialismus der
Europäer, die das Spiel mitbrachten.
In diesem Beitrag will ich mich mit dem kurdischen
Fussball beschäftigen, da unser Trainer aus Erbil kommt. Er wird laufend
ergänzt bzw. Ungenauigkeiten korrigiert:
Sulaymani Peshmarga SC, gegründet 1999 ist ein relativ junger Verein
aus dem kurdischen Irak, welcher seit seinem Aufstieg 2010 in der Irakischen Premier
League spielt. Dieser Verein ist allerdings wenig erfolgreich und spielt meist gegen
den Abstieg. Die größte Rivalität im Fussball verbindet sie mit den Fans des Sulaymaniya
SC. Club: Peshmarga
(goalzz.com)
Ein namensähnlicher Verein ist Sulaymaniya SC, gegründet 1956, der in der zweiten bzw. dritten irakischen
Liga spielt. Nichtsdestotrotz gehört er zu den ältesten Vereinen im Land. Die
Vereinsfarben sind Rot-Weiß. Leider finden sich keine näheren Informationen zu
diesem Verein, da die clubeigene Homepage stillgelegt wurde. Außerdem ist mein
Kurdisch nicht vorhanden. Das Einzige, das ich herausfinden konnte ist, dass der
Verein ein neues Stadion plant: Nawroz
Sport Club to build new stadium in Sulaymaniyah - AIPS Media
Ein weiterer kurdisch-irakischer Verein ist Zakho SC, gegründet 1987. Seine Wurzeln reichen aber – glaubt man den
Berichten – bis in die 1920er Jahre zurück, wo überall wilde Fussballspiele
ausgetragen wurden. 1948 formierte sich dann ein Fussballteam in der Stadt,
welches vor allem von jungen Arbeitern getragen wurde. Der heutige Zakho SC ist
vermutlich aus diesem Verein entstanden, da sich die Spieler aus den Akteuren
des Zakho Jugendsportzentrums rekrutierten. Nach dem Gewinn der lokalen
Meisterschaften spielt der Verein heute in der Irakischen Premier League.
Letzte Saison wurde er 14. (von 20 Mannschaften). 2015 erhielt der Verein ein
neues Stadion. 25.000 Zuseher finden dort Platz. Die grössten sportlichen
Rivalen sind die Mannschaften von Duhok SC. Das Derby wird das „Bahdinian Derby“
genannt. Ein anderes Derby, das „Kurdische Derby“ wird zwischen Zakho SC und
dem Erbil SC ausgetragen.
Damit kommen wir gleich zum Duhok SC, welcher
am 14. Dezember 1970 von Jugendlichen aus Duhok gegründet wurde. Auch er spielt
in der Irakischen Premier League, allerdings seit 2016 als Fahrstuhlmannschaft.
Schon seit Anbeginn ist der Verein darauf bedacht, die kurdische Identität herauszustreichen,
was dazu führte, dass er Mitte der 1970er Jahre den Spielbetrieb im Ligasystem
vorübergehend stilllegte. 1976 wurde er aber wieder in die dritte
Leistungsstufe eingereiht, von der sein Aufstieg bis in die höchste Spielklasse
erfolgte. 2010 schliesslich wurde er der zweite kurdisch-irakische Verein (nach
Erbil), der die Meisterschaft gewinnen konnte. Neben Erbil ist der Duhok SC der
grösste kurdisch-irakische Verein und die Rivalität zwischen den beiden
Mannschaften wird das „Kurdische Derby“, auch bekannt unter „Nordirakisches
Derby“ genannt. Der Spitzname ist „Gebirgsfalken“. Duhok SC - Wikipedia
Ein weiterer,
jüngerer Verein ist Newroz SC. Er wurde 1994 in Sulaymaniya gegründet und
spielt gegenwärtig ebenfalls seit 2020 in der Irakischen Premier League. Über
ihn habe ich wenig gefunden. Interessant ist nur, dass 2021 der Grundstein für
ein eigenes, 15.000 Zuseher fassendes Stadion gelegt wurde. Ob es
fertiggestellt wurde, kann ich nicht sagen.
Eine interessante Fussnote gibt es noch: In
Stockholm gibt es einen ähnlich benannten Verein namens Newroz FC.
Einen Verein, über den ich wenig mehr als
seinen Namen herausfinden konnte ist der Baban SC, gegründet 2019 in Sulaymaniya. Er nimmt an
der kurdischen Meisterschaft teil, obwohl man davon ausgehen kann, dass er kein
irakisch-kurdischer Verein ist. Sicher kann ich das aber nicht sagen, da
ich keine weiterführende Information finden konnte. Nicht einmal ein Klubwappen
ist verfügbar. Die Vereinsfarben dürften Blau-Weiss sein.
Ein weiterer Verein, von dem ich nicht genau
weiß, welcher Volksgruppe er zuzurechnen ist, ist Khanaqin SC, gegründet
1975. Er nimmt an der Kurdischen Meisterschaft teil.
Ebenfalls ziemlich dürftig sind die Informationen über den Khak SC, ein 1992 mit den Vereinsfarben Grün-Weiss gegründeter kurdisch-irakischer Fussballverein aus Kirkuk. Er spielt sowohl in der Kurdischen Meisterschaft als auch der gesamtirakischen Meisterschaft (Division 3) mit. Immerhin hat der Verein eine eigene Facebookseite Facebook
Das Gleiche gilt für den Ararat SC, welcher 1996 in Erbil gegründet wurde und sowohl in der
kurdischen als auch irakischen Meisterschaft mitspielt. Derzeit spielt er in
der Irakischen Division 2. Ararat SC - Wikipedia
Dieser Text wurde überarbeitet:
Der Erbil SC wurde im Jahr der irakischen Unabhängigkeit,
nämlich am 3. November 1958 unter dem Namen „Brusk“ gegründet, 1968 in Erbil SC
umbenannt und ist der erste Verein außerhalb Bagdads, der mehr als einen gesamtirakischen
Meistertitel erringen konnte. Er ist auch der erste irakische Verein, der
ausländische Spieler verpflichtete. Mit 4 nationalen Titeln ist er in den
2000er Jahren erfolgreich gewesen und erhielt damals den Spitznamen „Gelbe
Festung“. Ein anderer Name ist "Yaney Hewlêr", der kurdische
Name von Erbil. Er ist der
Verein der Irakisch-Kurdischen Volksgruppe und konnte sich in dieser
Eigenschaft, quasi als Aushängeschild sowohl für die AFC Champions League als
auch für den AFC Cup qualifizieren. Bei Letzterer erreichte man 2011 sogar das
Halbfinale. Die Heimstätte des Vereins ist das 40.000 Zuseher fassende
Franso-Hariri-Stadion.
Benannt ist es nach dem assyrischen Politiker Franso Hariri, welcher eine herausragende Persönlichkeit in der kurdischen KDP war. 2001 wurde er von Mitgliedern der kurdisch-islamischen Ansar-al-Islam Bewegung ermordet. Diese „Helfer des Islam“ hatten gute Kontakte zur Al Kaida und waren für einige Selbstmordattentate verantwortlich. Mit der US-Intervention verschwand die Gruppe im Untergrund.
Zurück zum Verein: 2016 folgte der Abstieg in die zweite Liga, nachdem sie sich aus dem laufenden Spielbetrieb zurückgezogen haben. Eine Saison später gelang allerdings wieder der Aufstieg in die Premier League, in der man aktuell beheimatet ist. Die Saison 2022-23 beendete man als Sechster. Die Vereinsfarben sind Gelb-Weiß.
Ein weiterer Verein ist der 1984
gegründete Brayati SC (Bruderschaft)
aus Erbil, kurdischer Spitzname „Yaney Bryati“, welcher in der irakischen
Division Eins zuhause ist. Sein Klublogo enthält die historische Zitadelle und
den Turm von Mudhafaria. Er gewann 2020-21 die Kurdische Premier League. Er
betreibt neben Fussball noch andere Sportarten. Facebook
Ebenfalls in Erbil ansässig ist der 1994 gegründete Aso SC,
über den es leider kaum Informationen im Netz gibt. Er spielt sowohl in der
irakischen Division Drei als auch in der kurdischen Premier League.
Ein weiterer Verein aus Erbil ist der Handren SC,
welcher 2003 gegründet wurde und damit zu den jüngeren Vereinen im
kurdisch-irakischen Fussball gehört. Er spielt in der irakischen Division Zwei
und der kurdischen Premier League. Auf der Facebookseite gibt es übrigens
einige interessante Fotos aus alten Zeiten. Facebook
Der Naft-Al-Shamal FC ist ein in Kirkuk beheimateter Verein, der in der
irakischen Division Drei und der kurdischen Premier League spielt. Der
Ursprungsverein wurde 1948 gegründet, änderte aber mehrfach den Namen und wurde
1977 unter dem derzeitigen Namen, der soviel wie Nördliche Ölgesellschaft bedeutet,
wiedergegründet. Seit einige Jahren hat Naft-Al-Shamal ein recht erfolgreiches
Frauenteam, welche 2020-21 die Liga gewinnen konnte.
In Sulaymaniya ist der New Sirwan SC beheimatet,
welcher 1970 gegründet wurden. Sein Name bedeutet auf Kurdisch so etwas wie „Brüllende
See“. Sie spielen in der kurdischen Premier League.
Ein weiterer Verein, der eine bunte Vergangenheit hat,
ist der in Duhok beheimatete, 1996 gegründete Peris SC. Bis 2010 spielte er in der kurdischen Premier
League, musste dann aber seinen Rückzug bekanntgeben. Die Spieler des Vereines
gründeten kurzerhand im Jahr 2011 einen neuen Verein und nannten sich Zeravani SC. Der neue Verein gewann 2013 die
kurdische Meisterschaft, seine Frauenmannschaft gewann die irakische
Meisterschaft 2016.
Der Simele SC ist ein in Dohuk ansässiger, 1991 gegründeter Verein, der derzeit in der irakischen Division Zwei und der kurdischen Premier League spielt. Er hat auch vier Teilnahmen am irakischen FA Cup zu verzeichnen. Näheres konnte ich nicht herausfinden, die Klubfarben sind Rot und Weiß. Interessantes Detail: 2012-13 war mit Marian Mihail ein ehemaliger rumänische Nationalspieler, Nachwuchstrainer und Teammanager beim Simele SC tätig. Nach einer Verpflichtung als Technischer Direktor des rumänischen Nationalteams war er 2016 beim kurdischen Verein Zakho tätig. Derzeit ist er beim indonesischen Verein PSS Sleman. Facebook
To be continued.....