Donnerstag, 29. Mai 2014

Heysel


 
 










Die Katastrophe von Heysel war eine Massenpanik im Rahmen des Endspiels des Fußball-Europapokals der Landesmeister 1984/85. Sie ereignete sich am 29. Mai 1985 vor der Begegnung zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin im Heysel-Stadion in Brüssel. Als Anhänger Liverpools in den neutralen Sektor stürmten, brach Panik aus und eine Wand stürzte ein. 39 Menschen wurden getötet, 454 verletzt.
Am Mittag des Tages hatten alkoholisierte Fans in der Stadt randaliert. Bereits eine Stunde vor Anpfiff begannen die Anhänger von Juventus im Stadion mit Steinen und Leuchtraketen zu werfen. Die Anhänger des FC Liverpool antworteten mit Schmähgesängen und bengalischen Feuern. Zwei Juventus-Fans stürmten auf den Rasen. Um 19:45 Uhr versuchten mehrere hundert Fans des FC Liverpool, den benachbarten Block zu stürmen. Im Block Z standen vor allem italienische Fans. Die flüchtenden Juventus-Fans gerieten in Panik. Viele von ihnen wurden gegen eine Mauer gedrückt, die Minuten später zusammenfiel und einen Teil der 39 Todesopfer unter sich begrub.
Die italienischen Fans hatten die Eintrittskarten für Block Z von einem italienischen Reisebüro erhalten, das diese wiederum von einem korrupten UEFA-Offiziellen bezogen hatte. Die Fans hätten eigentlich nicht in Block Z stehen dürfen, dort hätten sich nur neutrale Zuschauer befinden sollen. Das Stadion erfüllte die Anforderungen der UEFA für ein Europapokal-Endspiel nicht. Zudem war Block Z nur unzureichend gesichert. Es gab als Abgrenzung lediglich einen schwachen Maschendrahtzaun, den man ohne größeren Kraftaufwand problemlos niederdrücken konnte. Die später eingestürzte Mauer war brüchig. Polizisten waren im Block Z nicht anwesend.
Die Partie wurde vom Schweizer Schiedsrichter André Daina mit einer Stunde und 27 Minuten Verspätung angepfiffen. Der Europäische Fußballverband UEFA, der Bürgermeister von Brüssel und die Polizeileitung hatten sich aus Sicherheitsgründen zu einer Durchführung des Spiels entschlossen. Dies geschah allerdings gegen den Willen der meisten Akteure. Das Spiel endete 1:0 für Juventus. Michel Platini verwandelte einen Strafstoß. Viele TV-Stationen, darunter das ZDF, brachen ihre Direktübertragung mit Spielbeginn ab.
Die Mehrzahl der Toten waren Italiener (32). Des Weiteren starben vier Belgier, zwei Franzosen und ein Nordire. Von insgesamt 26 an Belgien ausgelieferten Hooligans wurden 14 zu Haftstrafen bis zu drei Jahren verurteilt. Belgien zahlte den Hinterbliebenen umgerechnet rund 1,25 Millionen Euro Entschädigung.
Alle englischen Fußballklubs wurden für fünf Jahre von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen, der FC Liverpool sogar für sieben Jahre. Auch Juventus Turin und der belgische Fußballverband wurden mit Strafen der UEFA belegt.
Nach der Heysel-Katastrophe wurde das Brüsseler Stadion kaum noch für Fußballspiele genutzt, ab 1994 fast komplett neu gebaut und am 23. August 1995 mit dem Spiel Belgien-Deutschland (1:2) als König-Baudouin-Stadion wiedereröffnet.[1] Auf der Tribünen-Rückseite erinnert eine Gedenktafel an die Tragödie. Genau zwanzig Jahre nach der Katastrophe wurde eine 60 Quadratmeter große Sonnenuhr-Skulptur zum Gedenken der Opfer der Stadionkatastrophe von 1985 eingeweiht. Der Designer des Objekts, der Franzose Patrick Rimoux, erklärte, dass italienische und belgische Steine sowie ein englisches Gedicht verwendet würden, um das Bedauern der drei betroffenen Nationen zum Ausdruck zu bringen.
Diese Katastrophe führte einerseits auch zu baulichen Veränderungen in anderen Stadien, besonders in Ländern, in denen große Turniere oder bedeutende Spiele (UEFA Champions League, UEFA-Pokal) stattfinden, und andererseits zu einer geänderten Kartenvergabe, insbesondere bei der WM 2006. So verschwanden aus den Stadien die Zäune, die zuvor die Zuschauer daran hindern sollten, auf das Spielfeld zu gelangen, mit der Konsequenz, dass z. B. gelegentlich Flitzer auf das Spielfeld gelangen. Ferner dürfen bei nahezu allen internationalen Spielen nur noch Sitzplätze angeboten werden, was von vielen Fans abgelehnt wird. Durch die bei großen Turnieren vorgenommene Personalisierung der Eintrittskarten soll zudem verhindert werden, dass bekannte Hooligans ins Stadion gelangen. Weiterhin soll durch eine gesteigerte Attraktivität der Stadien eine neue Klientel (Frauen, Familien) gewonnen werden. Bei besonderen Spielen, z. B. während der Weltmeisterschaften, zu denen viele ausländische Fans anreisen, kommt es auch verstärkt zur Zusammenarbeit der jeweiligen Polizeibehörden, die soweit geht, dass Polizisten die Fans aus ihrem Land bis in das jeweilige Land, in dem die Spiele stattfinden, begleiten und an neuralgischen Punkten präsent sind.
Infolge dieser Maßnahmen verlagerten sich die Auseinandersetzungen zwischen den Hooligans teilweise in die Innenstädte (s. Lens bzw. Daniel Nivel) oder in osteuropäische Stadien, in denen die Sicherheitsvorkehrungen noch nicht in gleicher Weise umgesetzt wurden.