Sonntag, 15. April 2018

SOLO ULTRA´ !

Ist „ULTRA´“ denn weiblich ?
 
Kurz gesagt: NEIN.  In einer Fussballzeitschrift wird in seiner neuesten Ausgabe dieses Thema beackert. Mensch hatte sich ein halbes Dutzend Frauen, die zum Fussball gehen, ausgesucht und sie um ihre Meinung dazu gefragt. Grundtenor: sie sind noch immer Exoten ! Und das wird auch so bleiben, denn die ULTRA´-Kultur, die sich Ende der 60er Jahre südlich des Brenners entwickelt hat, ist und bleibt eine männliche Domäne. Frauen sind dort nur Beiwerk.
Einer dieser Gründe, warum das auch immer so bleiben wird ist das unterschiedliche Selbstverständnis der Geschlechter, welches sich im Laufe der Evolution entwickelt hat und nicht in einigen Jahren revidiert werden kann. Männerfreundschaften – und ULTRA´ ist so etwas – haben eine ganz andere Charakteristik als Frauenfreundschaften. Dazu kommt natürlich, daß Fussball ein Männersport ist – vermutlich die einzige, die man so noch nennen kann die massentauglich ist. Will man in diese Domäne einbrechen, kommt es automatisch zu Problemen.
Die ULTRA´ Kultur, nach einer Definition eine Erfindung der Presse (sie nannten damals Torinofans, die einen Schiedsrichter nach eklatanten Fehlentscheidungen bis zum Flughafen verfolgten, ULTRAS) hat sich aus den politischen und sozialen Gegebenheiten der damaligen Zeit entwickelt. Von Stammtischen und kleinen Tavernen aus folgten junge Männer plötzlich ihrer Mannschaft überall hin und verteidigten sie gegen die Fans der anderen Mannschaften. Der in Italien ausgeprägte „Campanilissimo“, ebenfalls eine gewachsene Struktur spielt hier ebenso eine Rolle wie auch das Aufbegehren junger Männer gegen das herrschende System. Die politische Situation der damaligen Zeit schwappte ins Stadion hinüber, dort konnte man sich noch so äußern, wie sonst nirgendwo.
Gruppen junger Männer gaben sich einen eigenen Namen, fabrizierten die ersten Transparente und verwendeten neue Stilmittel zur Unterstützung. Der eigene Verein geht über alles, die anderen sind „stronzo“. Es entwickelte sich eine männertypische Subkultur, die sich nicht nur auf den Fussball an sich sondern auch auf andere Ebenen – Musik, Kultur, Gesellschaft – ausdehnte. Die Protestbewegung der Jugend stand (und steht bis heute) bald im Gegensatz zur Mehrheitsgesellschaft.
ULTRA´ entwickelte sich zum Gegenmodell der Gesellschaft, man grenzte sich ab, erfand eigene Regeln und spielte diese Woche für Woche durch. Ob das bei Treffen, Spielen, Auswärtsfahrten oder beim Einkaufen war – man gehörte der Gruppe und dem Verein an. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr.
 
Und wo finden sich da die Frauen ? Richtig – nirgends.
 
Erst in der heutigen Zeit nach 2000 kommen Frauen vermehrt ins Stadion, zu den Gruppen und wollen sich dort selbst verwirklichen. Meist ohne zu begreifen, was ULTRA´ eigentlich ist. Nämlich nicht, ein tolles Transparent aufzuhängen, eine Fahne zu schwingen, Bengalen abzubrennen oder tolle Pickerln zu verkleben. Auch die Graffittikultur, welche Mitte der 90er Jahre mit hinein genommen wurde, hat nichts mit ULTRA´ zu tun, wie es viele verstehen. ULTRA´ ist man, wenn man immer seiner Gruppe, seinem Verein, seinem Ort verbunden ist und dies auch zeigt.
Das Problem vieler sogenannter ULTRA´ der 2000er Jahre (und damit auch der Frauen) ist, daß sie meinen, sich immer und überall äussern zu müssen, daß Politik (egal welcher Richtung) immer wichtig ist und sogar so wichtig, daß sie das überlagert, was man zu leben vorgibt, nämlich ULTRA´.
Es gibt mittlerweile viele Bücher und Studien furchtbar gescheiter Menschen die nur einen Fehler haben: sie sind und waren nie Teil dieser Kultur, dieser Szene. Sie analysieren lediglich von aussen. Damit haben sie aber nicht jenen Einblick, die jemand hat, der in dieser Szene und mit diesem Bewußtsein aufgewachsen ist. Es ist ein bischen so, als ob ein satter Mensch zu erklären versucht, wie Hunger ist.
 
Abschliessend bleibt nur noch eines zu sagen: natürlich dürfen Frauen auch ULTRA´ sein, sie können in die Gruppen kommen und mitmachen – nur ist das kein Freizeitvergnügen und kein Halbtagsjob, den man unter der Woche an den Nagel hängt, sondern mehr. Und daran scheitern sie.  Uniti Legneremo Tutti i Rossoblu A Sangue !