Dienstag, 19. September 2017

SGE

Zaunfahnenverlust: Ultràgruppen geben Auslösung bekannt

Die Gruppen Ultra' Bande Karl-Marx-Stadt und Contra Cultura Chemnitz haben am Samstagabend die Auflösung ihrer Gruppen bekannt gegeben, nachdem die Zaunfahnen der Gruppen am Freitagabend bei einem Überfall in die Hände gegnerischer Fans gelangten.
„Dass Niederlagen zum Leben gehören, wissen wir als Fans der Chemnitzer FC nur zu gut. Doch solch eine Niederlage wie gestern mussten wir noch nie einstecken. Eine Auflösung der Ultragruppe ist beim Verlust einer eigenen Gruppenfahne, laut einem ungeschriebenen Gesetz, unumgänglich. Diesen Weg gehen wir nun konsequent. Jedoch nicht ohne zu betonen, dass wir weiterhin, auch wenn es ein paar Tage und Wochen dauern wird, alles für diese Stadt, die wir lieben, geben werden!“, lautet der Wortlaut der Auflösungserklärung der Ultra' Bande Karl-Marx-Stadt. „Höhen und Tiefen, so läuft das Spiel. Mit dem Verlust unserer Auswärtsfahne, einem Herzstück unserer Gruppe, endet unser Weg als Contra Cultura. Unseren Freunden und Feinden bleiben wir erhalten“, erklärt hingegen die Gruppe Contra Cultura zum bitteren Verlust der eigenen Zaunfahne.
Gerüchten zufolge sollen Fans von Eintracht Frankfurt hinter dem Überfall stecken und die Zaunfahnen erbeutet haben. Der Angriff auf den Chemnitzer Kleinbus soll sich gestern Abend auf dem Rückweg vom Auswärtsspiel des Chemnitzer FC beim SV Wehen Wiesbaden auf einem Rastplatz ereignet haben. Der Weg von Wiesbaden in Richtung Chemnitz führt an Frankfurt vorbei. Ein Foto zeigt die entwendeten Ultra' Bande Karl-Marx-Stadt, Contra Cultura Chemnitz und Sektions Spielsucht Zaunfahnen.
​Die Ultra' Bande Karl-Marx-Stadt existierte seit dem 23. Januar 2016 und entstand aus einer Fusion der Gruppen Gate Six Chemnitz, Southside Supporters und Tradition stirbt nie. Die Gruppe Contra Cultura, gründete sich im Sommer 2013 und verstand sich bei Gründung nicht explizit als Ultràgruppe, auch wenn Contra Cultura auf Elemente der Ultràkultur setzte. Die Gruppe Ultras Chemnitz existiert auch nach der Auflösung der beiden anderen Gruppen weiter.(Faszination Fankurve, 17.09.2017)
Die geklauten Chemnitzer Zaunfahnen in fremden Händen.<br />
 
Chemnitzer Ultras erhalten Drohungen nach Materialverlust!
 
Dass in Chemnitz aktuell die gesamte Szene Kopf steht, dürfte aufgrund den kürzlichen Ereignissen mitsamt Materialverlust am Freitagabend kaum verwundern. Die betroffenen Gruppen »Ultra' Bande Karl-Marx-Stadt« und »Contra Cultura Chemnitz« lösten sich im Zuge der Verluste dreier Zaunfahnen am Samstagabend auf. Dafür verloren die Ultràgruppen nur wenige Worte und bezogen sich auf Treue, Werte und sich einzugestehende Niederlagen.
 
Für einige normale Fans des Chemnitzer FC und Außenstehende ist dieser durchaus konsequente Schritt kaum nachzuvollziehen. Es wird von »versuchtem Mord« gesprochen, wenn »der Reifendruck absichtlich gesenkt« wurde. Aus diesem Grund sei der Angriff auf die CFC-Ultras nach dem Auswärtsspiel in Wiesbaden »nicht fair abgelaufen«, weshalb diverse Beobachter keine Beweggründe für die Gruppen sehen, sich trotz verlorener Auswärtszaunfahnen aufzulösen.
 
Dennoch lösten sich »Contra Cultura« und die »Ultra' Bande« auf, was womöglich auch aufgrund gewissem Nachdruck aus der eigenen Hooliganszene geschehen ist. So erreichte uns ein Schreiben aus dem Lager der Sportlichen Fraktion des Drittligisten, dass an die Ultràszene des CFC gerichtet war. In diesem werden umfassende Veränderungen gefordert, die mit einem ausreichenden Trainingsraum für die Fanszene beginnen sollen. Darin soll zukünftig mindestens dreimal die Woche trainiert werden, damit sich auch die Ultras sportlich fit machen können.
 
Darüber hinaus soll von der Einzelperson aus dem Spektrum der Chemnitzer Hooligans die Auflösung der beiden abgezogenen Gruppen gefordert worden sein, die wie bereits erwähnt am Samstag von den Gruppen selbst mitgeteilt wurde. Für den Boxraum sollen die »Ultra' Bande«, »Contra Cultura«, aber auch die »Kamenzia Sons« und »Ultras Chemnitz« maximal einen Monat Zeit haben. Ansonsten wird gedroht, dass sich die Machtverhältnisse an der Gellertstraße wieder grundlegend ändern und sich der gemeinsame Weg von Ultras und Hools trennen würde.
 
Auf sportlicher Ebene fielen rund um den Chemnitzer FC in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bevorzugt die Gruppen »HooNaRa« und die »NS-Boys« auf. Die »Hooligans Nazis Rassisten« verstanden sich als klare Ackertruppe, politisch klar rechts eingestellt und verschwanden mit den Jahren immer mehr von der Bildfläche. Die deutlich jüngere »New Society« agierte dagegen etwas unauffälliger, ist nach wie vor regelmäßig, wenn auch dezimiert, im Stadion zugegen und ebenfalls erlebnisorientiert.
 
Die abgekürzt genannten »NS-Boys« entspringen ursprünglich dem Nachwuchs der »Ultras Chemnitz 99«, welche die Gruppe aufgrund zunehmender rechter Gesinnung auflöste. Kurz darauf gründete sich die Gruppe allerdings neu und verwendet einen Jungen aus der Hitlerjugend von einem Propagandaplakat aus dem Jahre 1933 als Gruppenlogo.
 
Trotz dem aktuellen Dasein in der dritten Liga galt die Hooliganszene des Chemnitzer FC bzw. des FC Karl-Marx-Stadt als eine der standhaftesten in Deutschland und konnte sich des öfteren über die Landesgrenzen hinaus erfolgreich behaupten. Man darf deshalb gespannt sein, wie sich die Fanszene der Himmelblauen entwickeln wird, welch großen Einfluss der schwere Schlag für die Ultràszene auf die Stimmung auf der Fischerwiese nimmt und ob es tatsächlich zu einer deutlichen Machtverschiebung in Chemnitz kommen wird.