Freitag, 17. Juli 2020

Ipatjew Haus

Heute vor 112 Jahren wurde die russische Zarenfamilie in Jekaterinburg ermordet. Warum ich das schreibe ? Weil nach landläufiger Forschung damals ein junger Mann dabei war, der 1956 Geschichte schrieb: Imre Nagy, der Kopf des ungarischen Volksaufstandes. Er soll sich nach allgemeiner Forschung in der betreffenden Nacht im Ipatjewkeller aufgehalten haben, allerdings nicht direkt an der Exekution beteiligt gewesen sein. Nagy war als kuk Soldat in russische Kriegsgefangenschaft geraten und dort zum Bolschewiken avanciert. Der Leiter der Tscheka in Jekaterinburg, Jakow Michailowitsch Jurowski hat ihn und andere nicht russisch sprechende Kommunisten zur Exekution eingeteilt, da er befürchtete, dass Russen nicht auf die Zarenfamilie schießen würden. Es waren dies laut Tschekaprotokoll: Kommandant: Horvat Laons (vmtl. Lajos), Fischer Anselm, Edelstein Isidor, Fekete Emil, Nagy Imre, Grünfeld Viktor, Verházi Andras. Nach der Exekution wurden die Leichen an einem geheimen Ort begraben. Jahrzehntelang hielt sich das Gerücht, dass die jüngste Zarentochter Anastasia die Exekution überlebt hat. 1994 stellte sich zweifelsfrei heraus, das dies nicht stimmt. Die als Anna Anderson bekannte "Anastasia" war nachweislich nicht mit den Romanows verwandt. 2007 wurden dann die Gebeine Anastasias und Alexejs endgültig identifiziert.
Imre Nagy machte danach eine wechselvolle Karriere mit: 1921 Rückkehr nach Kaposvar, 1924 aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen, Emigration nach Moskau 1930, wo er bis 1944 blieb und zeitweise Redakteur des "Kossuth Radio" war, erneute Rückkehr nach Ungarn und Mitglied des Zentralkommitees, verantwortlich für die Landreform, 1948 erneut seiner Ämter enthoben, von Matyas Rakosi zurückgeholt, Kopf des Volksaufstandes, Flucht in die jugsoslawische Botschaft, von dort an die Russen unter nie ganz geklärten Umständen ausgeliefert und am 16. Juni 1958 hingerichtet.
Heute steht anstelle des 1977 auf Befehl Boris Jelzin abgerissenen Hauses die 2003 errichtete "Kathedrale auf dem Blut".