Keine Politik im Stadion
Ich habe mir in den letzten Tagen
und Wochen wieder einmal die halblustige Diskussion über Politik im Stadion
durchgelesen und möchte dazu jetzt auch mal etwas – nichts Essentielles aber
doch – loswerden.
Immer wieder wird von vielen
Leuten die ins Stadion und dort in die Fansektoren gehen ein „Politik raus aus
der Kurve“ propagiert, wobei das natürlich per se ein Nonsens ist, weil schon
alleine die Tatsache zu diesem oder jenem Verein zu gehen eine politische ist.
Ja es ist natürlich auch eine Herzensangelegenheit aber vielmehr eine bewusste
Entscheidung und genau deswegen auch in diesem Kontext zu sehen. Und da die
Kurven mit Menschen gefüllt werden hat auch jeder seine ganz eigene
Lebensphilosophie, der eine mag das lieber als das andere, der eine mag alle,
der eine mag gar keinen. Solls geben. Eine (politische) Meinung darf und muss
jedem zugestanden werden. Man kann ja auch durchaus darüber diskutieren und
sich austauschen. Nur muss das verbal passieren.
Eine gute argumentative, manchmal
auch ins Emotionale abdriftende Diskussion gehört zum sozialen Leben eines
jeden Menschen dazu, egal zu welchem Thema. Problematisch wird es dann, wenn
die Argumente ausgehen und die Gewalt Einzug hält. Jemanden mit Gewalt von
seiner Meinung zu überzeugen ist Diktatur – egal aus welcher Ecke. Ob von
Links, von Rechts, aus dem klerikalen Umfeld oder der Mafia – das alles ist
abzulehnen.
Ebenso ist das Einteilen und
Klassifizieren von Menschen aufgrund von Kleidung, Symbolen etc. ein Schwachsinn
sondergleichen, weil ja jeder das anziehen will, kann, darf und soll was ihm
gefällt. Diese Sichtweise kommt jetzt nicht vom Fussball (oder der Politik)
sondern wird immer dann hervorgeholt wenn es darum geht, Argumente gegen
sexuelle Gewalt gegenüber Frauen zu finden. Ein kurzer Rock heisst noch lange
nicht etc…..Man kennt dies ja. Wenn jetzt aber jemand diesen oder jenen Kopf,
diesen oder jenen Stern etc. im Stadion trägt ist er automatisch – unabhängig
davon, ob seine politische Meinung überhaupt bekannt ist – eingeteilt.
Langhaarig und roter
Stern = Links, Glatze und Totenkopf = Rechts. Begründet wird das
immer damit, das sich der Träger als mündiger Bürger gefälligst zu informieren
hat, wie er aus dem Haus geht. Aha. Dies wird oftmals von denjenigen gefordert,
die es nicht schaffen, Mensch und Kleidung/Symbolik auseinanderzuhalten bzw.
die jemanden nur anhand von Kleidung, Haarschnitt und generell äusserer
Erscheinung beurteilen. Oder die von sich selber behaupten, „alle keine
Geschichtsprofessoren“ zu sein.
Wobei man natürlich umgekehrt
auch sagen kann, dass man sich schon überlegen könnte, wie man aus dem Haus
geht, nur sind nicht immer alle Leute so auf ihr äusseres Erscheinungsbild
bedacht bzw. wollen manche Leute ja etwas nach aussen hin darstellen, obwohl
oder weil sie es in ihrem Inneren nicht sind. Und damit spielen ja auch einige
Gruppen und Organisationen: mit der Unsicherheit und der Eindimensionalität der
Menschen. Es ist halt bequemer, anhand von Äusserlichkeiten Menschen
einzuteilen. Wobei – oftmals stimmt es ja auch, aber nicht immer. Und das ist
das Problem, welches man aber leicht lösen könnte. Ein einfaches Nachfragen bei
demjenigen könnte da schon Klarheit bringen. Aber wie das halt so ist mit der
Kommunikation in unseren Tagen. Man bemüht lieber Foren und soziale Netzwerke
als sich miteinander in der realen Welt auseinanderzusetzen.
Ich selber werde ja nicht gerade
verdächtigt, ein Rechter zu sein (zurecht) aber ich finde das und das einfach
schick – sei es in der Kleidung oder in jenem bestimmten Totenkopf, der ja für
alles was „nicht rechts“ ist pfui ist. Ja ich rede vom Brigate Rossonere Totenkopf. Ich weiss natürlich um den
Ursprung, welcher bis in das 18. Jahrhundert zurückreicht, mag ihn aber
trotzdem. Wie jene Gründer der legendären und weltweit bekannten Fangruppe des
AC Milan. Auch sie dürften eine eigene Art von Humor gehabt haben, mischten sie
doch Name und Logo wild durcheinander. Jeder der Nanni Ballestrinis „I FURIOSI“ kennt sowie im Internet fähig ist, alte Bilder
aus der Milankurve aufzurufen weiss wie die BRN gegründet wurde bzw. aus welchem
(politischen und gesellschaftlichen) Umfeld sie kommen. Alleine schon die
Namensfindung, an die in den 70er Jahren aktive BRIGATE ROSSE angelehnt würde dies
verraten, wäre da nicht der – PFUI – rechte Totenkopf. Humor a la BRN.
Aber vielleicht wollten sie mit dieser Kombination ja auch nur die Leute auf
die Schippe nehmen die eindimensional denken und gleichzeitig damit ausdrücken,
dass für sie nur der Verein zählt. Ich meine natürlich gibt es Rechte bei der BRN, der
derzeitige Capo, Barone ist dem stramm rechten Lager zuzurechnen aber wer
glaubt denn ernsthaft, dass eine Gruppe, deren Kern einige Hundert und deren
Gesamtmitgliederzahl etwa 5.000 Fans umfasst zur Gänze eine einzige politische
Ausrichtung hat ? – Nur der durchschnittliche KRONE/ ÖSTERREICH/ HEUTE Leser
der eben gerne das glauben will was ihm andere vorkauen. Selber recherchiert
heutzutage ja kein Mensch mehr nach, wozu gibt es Infoblogs, Wikipedia & Co
?
Apropos vorkauen: der andere Fall
ist natürlich der, wenn man im Stadion Botschaften veröffentlicht, die gegen
Politiker gehen. In der Südstadt gab es bei der Austria ein solches, wo der
grüne Justizsprecher Steinhauser (wer ?) zum wiederholten Male attackiert
wurde. Einen Politiker, egal ob er im Verein eine Funktion hat oder nicht
(Steinhauser sitzt im Kuratorium welches keine grosse Entscheidungsfindung im
Verein vornimmt) zu attackieren, IST eine politische Aussage. Zurecht oder
nicht, spielt hier keine Rolle (Ich finde die Aktion von Steinhauser für einen
Justizssprecher übrigens mehr als bedenklich und lehne so etwas generell ab um
das gleich mal klarzustellen.). Genauso
ist es eine politische Aussage, Andersdenkende mit Gewalt von der Tribüne zu
prügeln – no na. Wer das abstreitet ist einfach nur dumm oder heisst es gut. Am
31.3.2013 ist genau dies auf der Osttribüne passiert: dort wurden
Leute/Fanclubs die sich aus der damals vorherrschenden Protestbewegung
rausgehalten bzw nicht mitgemacht haben attackiert und vertrieben. Weil sie
eine andere Meinung haben. Von denjenigen, die immer eine unpolitische Kurve
fordern. Unter stillschweigender Duldung eines Grossteils der Zuseher und des
Vereines. Teilweise sogar von Ordnern des Vereines. Das IST Politik im Stadion.
Da gibt es keine zweite Meinung. Damit ist aber auch ein Karussell in Betrieb
gesetzt worden, welches sich jetzt fröhlich dreht.
Jetzt schwenkt der Verein in
Person von Markus Kraetschmer vollkommen um und versucht eigenes Versagen
insoferne zu kompensieren, indem er wild um sich schlägt. Das soll jetzt keineswegs
heissen, dass nicht die Richtigen dabei sind, die auf der Osttribüne
Selbstjustiz betrieben haben aber es werden viele, viele andere, deren
Verbrechen die Anwesenheit in Lokalitäten und – no na – Freundschaften bzw.
Kontakten zu gewissen Personen sind getroffen. Kurz und gut Kraetschmer
probiert das „Modell Red Bull“ auch bei der Austria umzusetzen – bisher mit
Erfolg. Der
Austausch der Fanszene soll die Zukunft der Austria als Event- und Modeverein
sichern. Zuerst wurden die Hooligans
der Tribüne verwiesen, dann ging es den federführenden Ultras an den Kragen und
jetzt werden die restlichen Fangruppen mit Hausverboten einerseits, und mit
finanziellen Forderungen andererseits konfrontiert.
Die sie natürlich nie und nimmer
zahlen können, von wollen mal ganz abgesehen. Warum auch ? Streitpunkt ist in
einem Fall ein Doppelhalter der bei einem CL Spiel von der UEFA beanstandet
wurde, obwohl die Austria (also der Sicherheitsdienst des Vereines) nichts
regelwidriges feststellen konnte und ihn bei der inzwischen obligaten Kontrolle
gnehmigte. Mithin also der Fehler des Vereines, der seine Mitarbeiter nicht
richtig schulen kann oder will (wer darf schon von 5 EURO Jobbern verlangen
dass sie alles wissen ? – Hallo GPA, machens da was Herr Katzian !) und nicht
der Fangruppe. Aber auch egal dass da die Logik Pause macht, man will im
Nachhinein Stärke zeigen. Gegen wen auch immer. In einer interessanten
Aussendung auf ihrem offiziellen Internetauftritt wird dann noch kundgetan,
dass man – bei allfälligem Schuldeingeständnis derjenigen Person dann über eine
andere Form der Schadensabgeltung (Sozialstunden) reden könnte. Und das nachdem
ein Brief des Anwaltes mit einer befristeten Zahlungsaufforderung bei
Klagsandrohung verschickt wurde. Der dümmste Kartoffelbauer erkennt hier, dass
es sich um ein Manöver handelt, um eine Rechtsgrundlage für eine Klage zu
bekommen. Rechtlich bedenklich wie so vieles anderes auch in dieser Causa.
Die Fans ihrerseits spielen dem
Verein mit ihrem Verhalten dann auch noch in die Karten weil sie genau das tun,
was Markus Kraetschmer und Co erwarten. Medial und auch bei den Spielen selber.
Provokationen und (mediale) Attacken gegen Einzelpersonen des öffentlichen
Lebens, auch wenn sie nur der „siebte Gartenzwerg von links“ sind sowie
provokante Spruchbänder machen es immer leichter, dagegen mit lauteren und
unlauteren („I wü des net“) Mittel vorzugehen. Eine Prolongation der ganzen
Angelegenheit ist solange garantiert, wie das alte Spiel von „Aktion-Reaktion“
weitergespielt wird. Zum Schaden aller.
Hier werden von allen Seiten
Feindbilder geschaffen auf die man seinen Frust und seine Wut prima auslassen
kann, ohne dabei zu bedenken das sich die richtigen Drahtzieher und Netzwerke,
die sich dahinter verbergen ungestört weiter machen können. Wiederum von allen
Seiten. Man wird zum Spielball von Interessensgemeinschaften und politischen
Gruppen ohne das Gefühl zu haben, dazu auch wirklich gefragt zu werden. Ich
glaube den Leuten schon das sie das meinen was sie sagen, wenn sie ihr „Keine
Politik im Stadion“ Sprücherl loslassen nur sind sie in den meisten Fällen
bereits von einer Seite/Gruppe/Partei so geschickt instrumentalisiert worden,
dass sie es erstens nicht erkennen und zweitens nichts mehr dagegen unternehmen
können.
Die einzige Lösung in einer
solchen Situation ist der saubere Schnitt, der „Cut“, also die Entscheidung
nicht mehr mitzumachen und sich selbst zu hinterfragen bzw. sich und seine
Gruppe (so man einer angehört bzw. einer vorsteht) „stillzulegen“ und abzuwarten.
Keine Angriffsfläche mehr geben ist das Patentrezept dafür, wer nicht da ist
kann nicht angegeriffen werden. Bisher haben das leider nur wenige Personen und
Gruppen begriffen. Der Rest macht munter weiter mit der Selbstdemontage. Und
das obwohl man ja „Gegen den modernen Fussball“ sein will. Man hilft
aber genau denjenigen, die für Kommerz stehen.
Markus Kraetschmer und Co wird es
freuen. Sie haben ja eine andere Sichtweise von Fansein. Die Klatschpappen sind
sicherlich schon eingelagert.
Amen !