Dollfuß-Gedenktafel bei Weitra: "Jedes Volk hat seine Geschichte"
Tafel an Kirche: Diözese will prüfen - Österreichweit rund 20 Dollfuß-Gedenktafeln
Während die Regierung nach 50 Jahren wieder gemeinsam der Opfer der Februarkämpfe des Jahres 1934 gedenkt, sorgt Engelbert Dollfuß weiter für Diskussionen. Immer noch finden sich in Österreich Gedenktafeln, die an den Kanzler und Begründer des Austrofaschismus erinnern – und ihn als "Erneuerer Österreichs" feiern.So auch im niederösterreichischen Heinrichs bei Weitra, nahe der tschechischen Grenze. Seit Kriegsende ist an der Kirche neben dem Eingangstor eine Gedenktafel "dem Erneuerer Österreichs" gewidmet. Laut Pfarrer Tadeusz Miranczuk und seiner Mitarbeiterin Aloisia Leitner ist sie in der Gemeinde "unumstritten". Beide finden es "völlig in Ordnung", dass die Tafel dort hängt, eine Debatte habe es darüber niemals gegeben. Pfarrer Miranczuk meint, er habe die Tafel nicht installiert, aber "jedes Volk hat seine Geschichte".
Österreichweit rund 20 Dollfuß-Gedenktafeln
Dollfuß-Gedenken gibt es auch anderenorts. "Das ist ja nicht die einzige Tafel dieser Art. Es finden sich österreichweit sicher noch rund 20", schätzt der Historiker Florian Wenninger vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Wie viele es tatsächlich sind, sei schwer zu sagen, "es gibt keine zentrales Verzeichnis". Damals habe man "das ganze Land damit überzogen. Die Nationalsozialisten haben dann viele dieser Tafeln wieder weggenommen, aber eben nicht alle. In der Zweiten Republik ist dann praktisch gar nichts mehr passiert." Für Wenninger ist klar: "Es gibt hier einen Handlungsbedarf."Das finden auch die Verantwortlichen in der zuständigen Diözese St. Pölten. "Wir hören davon zum ersten Mal und gehen dem sicher nach", heißt es auf Anfrage von derStandard.at. Erfahrung mit dieser Problematik hat die Diözese. Im Jahr 2007 ließ Bischof Klaus Küng ein Bild von Dollfuß in der St. Pöltner "Prandtauerkirche", das wochenlang für Diskussionen gesorft hatte, in einem ersten Schritt verhängen. Mittlerweile ist das Bild ganz verschwunden.
Dollfuß ließ als Bundeskanzler mit einer umstrittenen Notverordnung im März 1933 das Parlament ausschalten. Nach den Febuarkämpfen des Jahres 1934 zwischen christlich-sozialen Heimwehren und sozialdemokratischem Schutzbund ließ Dollfuß die Sozialdemokratische Arbeiterpartei verbieten. Mit der Mai-Verfassung von 1934 legte er den Grundstein für den austrofaschistischen Ständestaat, im Juli wurde Dollfuß bei einem Putschversuch von Nationalsozialisten ermordet. (mte, pm, derStandard.at, 12.2.2014)