„Kein Beleg für Beteiligung“
„Die Ermittlungen haben bislang keinen Beleg dafür ergeben, dass der Beschuldigte an dem Anschlag beteiligt gewesen ist“, teilte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag zuerst im Fall des 26-Jährigen mit. Allerdings steht der laut Medienberichten in Wuppertal Festgenommene unter dem Verdacht, sich spätestens Ende 2014 im Irak der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen zu haben.
Soll IS-Kommando im Irak geführt haben
Der Beschuldigte soll im Irak das Kommando über eine Einheit von etwa zehn Kämpfern geführt haben. Aufgabe seiner Einheit war es laut Bundesanwaltschaft, Entführungen, Verschleppungen, Erpressungen und auch Tötungen vorzubereiten. Im März 2015 reiste der Mann laut Angaben vom Irak in die Türkei und von dort aus Anfang 2016 weiter nach Deutschland.
Auch von Deutschland aus soll der Beschuldigte weiterhin Kontakte zu IS-Mitgliedern gehalten haben. Der Iraker soll am Freitagvormittag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der über den Erlass eines Haftbefehls und die Anordnung von Untersuchungshaft entscheiden wird. Auch eine zweite Person ist nicht mehr unter Verdacht. „Der Tatverdacht hat sich nicht erhärtet“, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Donnerstag dazu. Es gebe keine Hinweise, dass der Mann in die Tat verwickelt sei. Im Verdacht war neben dem festgenommenen Iraker ein 28-jähriger Deutscher aus Fröndenberg im Kreis Unna.
Wohnungen der Männer durchsucht
Am Dienstagabend waren in Dortmund drei Sprengsätze in der Nähe des Mannschaftsbusses des Bundesligisten Borussia Dortmund explodiert. Dabei wurden der Dortmunder Fußballer Marc Bartra und ein Polizist verletzt. Der Iraker war bei den anschließenden Ermittlungen vorläufig festgenommen worden.
Die Polizei hatte mitgeteilt, dass der Mann und eine weitere Person aus der Islamistenszene „in den Fokus der Strafverfolgung gerückt“ seien. Ihre Wohnungen wurden durchsucht. Der 26-Jährige soll sich auch in der Nähe des Anschlagsortes aufgehalten haben. Der zweite, nicht festgenommene 28-jährige Verdächtige stünde in keiner Verbindung zu ihm.
Bekennerschreiben geben Rätsel auf
Ermittelt werde weiterhin „in alle Richtungen“, teilte die Bundesanwaltschaft zudem am Mittwoch mit. Sowohl ein links- als auch ein rechtsextremer Hintergrund seien möglich, auch die Tat eines gewaltbereiten Fußballfans ließe sich nicht ausschließen.
Rätsel gibt weiterhin das in der Nähe des Anschlagsortes in dreifacher Ausfertigung gefundene Bekennerschreiben auf. Unter anderem würden darin der Abzug von Tornado-Kampfflugzeugen der Bundeswehr aus Syrien und die Schließung des US-Luftwaffenstützpunktes Ramstein gefordert, bestätigten die Behörden. Nach Informationen der dpa wird in dem Schreiben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel namentlich erwähnt.
So heißt es: „Aber anscheinend scherst du dich Merkel nicht um deinen kleinen dreckigen Untertanen. Deine Tornados fliegen immer noch über dem Boden des Kalifats, um Muslime zu Ermorden.“ Dass islamistische Täter Bekennerschreiben zurücklassen, erscheint ungewöhnlich. Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums sagte, bei islamistischen Anschlägen in jüngerer Vergangenheit seien keine solchen Schreiben am Tatort aufgetaucht.
Erhebliche Zweifel bei zweitem Schreiben
Bei einem in der Nacht im Internet auf der Seite Linksunten.indymedia.org veröffentlichten weiteren Bekennerschreiben bestünden nach einer ersten Bewertung erhebliche Zweifel an der Echtheit. In dem Schreiben wird ein linksextremistischer Hintergrund des Anschlags behauptet. Von Behördenseite hieß es weiter, man sei noch sehr vorsichtig mit der Zuordnung. Als denkbar gelte auch, dass der Täter oder die Täterin bewusst eine falsche Spur legen wollte.
Die Sprengsätze waren nach Angaben des Landesinnenministers Ralf Jäger (SPD) jedenfalls hochprofessionell gebaut. „Die Sprengkraft war enorm“, sagte Jäger. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Täter gewaltbereite Fußballfans seien. Die Täter seien nicht gefasst und hätten weitere Anschläge angekündigt, sagte der Minister. „Das nehmen wir sehr ernst.“ Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann sagte: „Wir suchen nach mordbereiten Tätern.“ Es werde auch nach Fingerabdrücken an den Sprengsätzen gesucht.
Hohe Sicherheitsvorkehrungen im Stadion
Das nach dem Anschlag verschobene Champions-League-Spiel zwischen dem BVB und dem AS Monaco am Mittwoch wurde jedenfalls von großen Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Nach dem Abpfiff des Spiels, das mit einer 2:3-Niederlage für den BVB endete, sperrte die Polizei zeitweise Ausgänge, um verdächtige Gegenstände im Stadion zu überprüfen. Spezialisten gaben dann nach kurzer Zeit Entwarnung.
Die Spieler von Borussia Dortmund durften zuvor frei entscheiden, ob sie gegen Monaco spielen wollten. Der verletzte Bartra musste nach einem Bruch der Speiche noch am Abend des Anschlags operiert werden, es ging ihm am Mittwoch laut BVB „den Umständen entsprechend gut“. Der auf einem Begleitmotorrad neben dem Bus fahrende Polizist erlitt ein Knalltrauma und einen Schock.
Merkel: „Widerwärtige Tat“
Die Bundesliga-Spiele von Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen werden nun am Wochenende ebenfalls unter besonderen Schutz gestellt. Nach dem Anschlag erhöht die Polizei in Nordrhein-Westfalen die Sicherheit bei den beiden Spielen. „Wir werden wieder mit starken Kräften vor Ort sein“, sagte Dortmunds Polizeisprecher Gunnar Wortmann zur Partie am Samstagnachmittag gegen Eintracht Frankfurt.
Beim Samstagabend-Spiel Bayer Leverkusen gegen Bayern München werden die Sicherheitsmaßnahmen ebenfalls erhöht. Im Stadionbereich sollen die Beamten mit Schutzausrüstung und Maschinenpistolen ausgerüstet werden. Dazu begleite die Polizei die Anreise der Teams, sagte ein Polizeisprecher. Auch bei anderen Großveranstaltungen sollen die Sicherheitskozepte überprüft werden.